Christen glauben daran, dass der Mensch nach Gottes Ebenbild erschaffen wurde. Doch Menschen sind längst nicht alle weiß, männlich und tragen einen Bart. Dennoch wird Gott in der Kunst und in kirchlichen Repräsentationen oft genau so dargestellt. Gerade junge Menschen wollen das vermehrt nicht länger hinnehmen. Denn viele identifizieren sich nicht mehr mit der althergebrachten Vorstellung von Gott. Mit Bezeichnungen wie "Gott*" und "Gott+" wollen kirchliche Jugendverbände das traditionelle Gottesbild aufweichen und jungen Menschen den Zugang zu Kirche und Glauben erleichtern.
Auch die Katholische junge Gemeinde (KjG) in Würzburg wird zukünftig von "Gott+" sprechen. Das hat der Verband auf seiner Bundeskonferenz Anfang April beschlossen. Judith Wünn, Diözesanleiterin der KjG in Würzburg, und Julia Niedermayer, Leiterin des KjG-Bundesverbandes in Düsseldorf, waren bei der Entscheidung dabei und erklären im Interview, warum Gott nicht an Geschlechterrollen gebunden ist und wie "Gott+" dazu beitragen soll, Kirche zu einem diskriminierungsfreien Raum zu machen.
Julia Niedermayer: Wir sind seit ungefähr Herbst 2020 an einem Punkt, an dem wir feststellen, dass die Art und Weise, wie wir in der Kirche von Gott sprechen, nicht mehr so wahnsinnig viele junge Menschen erreicht. Viele empfinden diese einseitig männlich-patriarchalen, weißen Gottesbilder als nicht mehr plausibel und als nicht mehr relevant für ihr Leben. Die so gezeichneten Bilder erschweren den Menschen den Zugang zu Gott und den Zugang dazu, sich selbst als Ebenbild Gottes zu erkennen. Wir als katholischer Kinder- und Jugendverband sehen es als unsere Aufgabe an, eine Möglichkeit zu finden, wie wir Gott zukünftig sprechen, schreiben und ausdrücken können, um möglichst vielen Menschen einen Zugang zu ermöglichen.
Judith Wünn: Wir haben uns ja nicht dazu entschieden, Gott zu gendern. Wir wollen das Gottesbild, aber auch das Menschenbild vielfältiger gestalten. Denn wie wir von Gott sprechen, prägt auch wie wir von Menschen denken. Es geht also um viel mehr als ums Gendern. Wenn man sagt "Gott ist Mensch geworden", dann ist Gott nicht nur dieser alte weiße Mann geworden. Gott kann vieles sein und jeder Mensch hat dieses Göttliche in sich. Und genau das drückt das Plus aus: Gott ist so viel mehr als dieser alte weiße Mann.
Niedermayer: Das Plus soll deutlich machen, dass es nicht nur um Geschlechterebenen geht, die wir in Gott angelegt begreifen, sondern um viel mehr. Das kann beispielsweise die Herkunft betreffen oder auch gar nichts weiter mit menschlichen Kategorien zu tun haben. Es geht uns nicht ums Gendern, sondern darum, die vielfältigen Dimensionen und Vorstellungen Gottes zu transportieren.
Niedermayer: Nein, schlecht ist das natürlich nicht. Uns geht es nicht darum, bestimmte Vorstellungen von Gott zu verbieten - ganz im Gegenteil. Wir wollen zeigen, dass Gott mehr ist und dass wir, egal wie wir Gott schreiben oder sprechen, nie vollumfänglich erfassen können, was Gottes Sein wirklich ausmacht. Wir wünschen uns mit "Gott+" eine Anerkennung vielfältiger Gottesbilder, auch wenn das eigene, persönliche Gottesbild vielleicht weiterhin das des alten weißen Mannes mit Bart bleibt.
Niedermayer: Das ist ein Gegensatz, der uns als Katholische junge Gemeinde sehr intensiv beschäftigt. Junge Menschen empfinden es als lebensfremd, dass beispielsweise jungen Frauen aufgrund ihres Geschlechts die Fähigkeit zur Verkündigung und das Weiheamt abgesprochen werden. Schon in der Vergangenheit haben wir immer wieder gefordert, dass die Institution Kirche sich hier entwickeln muss. Auf der Bundeskonferenz haben wir deshalb jetzt noch einmal einen Antrag beschlossen, der heißt "Kirche ist vielfältig". Darin geht es genau darum. Wir wollen klar machen, dass wir erwarten, dass die Kirche ein diskriminierungsfreier Raum wird. Es geht um die Anerkennung aller Geschlechter, eine Überarbeitung des kirchlichen Arbeitsrechts und um die Öffnung der Ehe für alle. Hierfür kann "Gott+" eine Unterstützungsmöglichkeit sein.
Wünn: Wir hoffen, dass "Gott+" ein Anstoß ist, Vielfältigkeit bewusster zu leben und darüber ins Gespräch zu kommen. Wenn es dazu beiträgt, dass Frauen irgendwann Priesterinnen werden können, wäre das natürlich begrüßenswert - auch wenn das ursprünglich nicht das Ziel der Benennung war.
Wünn: Natürlich habe ich auch Reaktionen von Menschen mitbekommen, die die Entscheidung nicht verstehen oder anderer Meinung sind. Ich finde es wichtig, dass wir darüber ins Gespräch kommen. Ich finde aber auch, dass wir die absolut richtige Entscheidung getroffen haben. Vielfalt nimmt ja niemandem etwas weg. Wer das Gottesbild eines alten weißen Mannes haben möchte, darf das auch weiterhin. Genauso müssen andere Menschen aber auch andere Gottesbilder haben dürfen.
Niedermayer: Ich empfinde das Wort "Ideologisierung" hier als sehr unpassend. Wir sind viel mit jungen Menschen im Gespräch über ihren Glauben. Wir haben nicht erst seit "Gott+" das Anliegen, aus unserem Glauben heraus ein positives Menschenbild zu vertreten und alle Menschen als das anzunehmen, was sie sind: Kinder Gottes. Hier von Ideologisierung zu sprechen, kann ich nicht verstehen.
Wünn: Wir passen den Gottesbegriff in all unseren Texten, Gebeten und Impulsen an, indem wir das Plus hinzufügen und Pronomen abwechseln. Wir sprechen von Gott dann nicht mehr nur als "er" sondern auch einmal von "sie" oder Gott als "die Schöpferin". Wir haben aber nicht vor, die Bibel umzuschreiben. Das große Ziel wäre vielmehr, dass wir das Plus irgendwann nicht mehr brauchen, weil sich in den Köpfen der Menschen festgesetzt hat, dass, wenn wir von Gott sprechen, viel mehr gemeint ist als ein alter weißer Mann.
Niedermayer: Jetzt geht es darum, den Schreibweisen-Beschluss mit Leben zu füllen. Wir werden eine Kurz-Info verfassen, die wir unseren Texten als Erklärung beifügen und darauf achten, in unseren Gottesdiensten und Impulsen zukünftig vielfältigere Gottesbilder zu verwenden. Wir hoffen, dass wir die Irritationen über unsere Entscheidung jetzt nutzen können, um die Debatte um Vielfältigkeit in der Kirche voranzutreiben. Das ist ein Prozess, der uns noch ein ganzes Stück begleiten wird.
Ich hoffe auf weitere Vorschläge!!
Und diese Unfugschreibweise Gott+ bedeutet folgerichtig: Gott ist tot.
Aber eigentlich egal; glaubt doch was ihr wollt.
Eine Essenz, für die (unsere Begriffe von) Raum und Zeit nicht gelten, in diese Dimensionen hineinbannen zu wollen, erinnert mich stark an den Versuch, Licht in der Hand zu fangen und einzuschließen.
Gott antwortete: ich bin der Ich bin. Darum sag den Israeliten, "Ich bin" hat mich zu euch gesandt. (2. Mose 3, 14)
"Ich bin" wird auch noch "sein", wenn dieses Kontinuum nicht mehr ist, und damit alle darin, die versucht haben, die Essenz zu fangen. Man stelle sich mal vor, so etwas wie eine Staubwolke wollte die Sonne in Begriffen einer Staubwolke erklären... wie gut dass diese Staubwolke überhaupt keinen Hochmut an den Tag legt, wie schon am Anfang aller Dinge (1. Mose 3,1 - 24)...
Bei Leuten, die keinen Respekt vor irgendwem und/ oder irgendwas haben, führt auch das plakativste Gottesbild nicht zu mehr Respekt vor dem "Ich bin" (und da liegt mMn "unser" Hauptproblem, nicht in den Begrifflichkeiten).
Es hat sowieso jeder ein anderes Gottesbild, sofern man überhaupt eines hat.
Wir Kommentar-Schrei(b)er hier sind tendenziell die gehende Generation...die kommende Generation hat eben wieder andere Erfahrungen.
"Gott" ist nicht verfügbar - alles was zur Verfügung steht sind individuelle (Gottes-)BILDER. Auch wenn die 'Monopolisten' aus Eigeninteresse etwas anderes behaupten. Diesen Monopolisten sollte man, nach meiner Meinung, mit größter Skepsis begegnen.
Aber mal ehrlich denken die wirklich dadurch kommen mehr Leute in die Kirche?
Vielleicht wäre es wichtiger zu schauen, was die Leute momentan beschäftigt - was dran ist.
In Zeiten von Ungewissheit , Angst vor einem dritten Weltkrieg, eventueller Wirtschaftskriese helfen solche Tehmen eher wenig.
Greift das Thema jetzt hier um sich?
Als ob das "+" irgendetwas am System Kirche ändern würde.
Man hätte natürlich auch damit anfangen können, endlich die vielen Missbrauchsfälle anständig (im Wortsinn gemeint, also mit Anstand) aufzuarbeiten, Betroffene richtig zu unterstützen und Täter nicht einfach nur woanders hin zu versetzen.
Aber hey, was weiß ich denn...
tl, dr: so'n Quatsch.