In diesem Jahr hat es bislang "gefühlt viel geregnet", sagt Unterfrankens Regierungspräsident Eugen Ehmann. Die Trockenheit sei bei vielen Menschen kein Thema mehr. Bei den Bäuerinnen und Bauern sei das anders. Sie müssten sich zwangsläufig mit den langfristigen Entwicklungen in der Region beschäftigen.
Mehr als 70 Vertreterinnen und Vertreter aus Landwirtschaft, Politik, Kommunen und Verbänden taten dies beim Forum "Landwirtschaft im Dialog", organisiert von der Regierung von Unterfranken mit den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in der Region.
Die Veranstaltung fand im Forschungszentrum für Landwirtschaft in Trockenlagen (FLT) am Staatsgut Schwarzenau (Lkr. Kitzingen) statt. 2021 eröffnet, sollen hier neue Wege für eine zukunftsfähige Landwirtschaft entwickelt werden. Das Ziel: Praxistaugliche Lösungen für den Acker- und Pflanzenbau in der Trockenregion Nordbayern zu finden. Dr. Peter Doleschel sprach dort über Klima-resilienten Ackerbau.
Der Ochsenfurter Agrarwissenschaftler leitet seit 20 Jahren das Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising. Im Interview erklärt der 64-Jährige, ob die Erdnuss in Unterfranken die neue Zuckerrübe wird.
Frage: Laut Deutschem Wetterdienst waren die vergangenen zwölf Monate die nasseste zusammenhängende Zeitspanne in Deutschland seit 1881. Ist es nötig, dass sich Unterfrankens Landwirte auf extreme Trockenperioden vorbereiten?
Dr. Peter Doleschel: Selbstverständlich ist das nötig. Auch wenn wir jetzt ein nasses Jahr haben, waren die vergangenen 20 Jahre zu trocken. Die klimatische Wasserbilanz wird immer schlechter. Mit jedem Grad Temperaturanstieg steigt die Verdunstung. Selbst wenn die Niederschlagsmengen gleich bleiben sollten, wird uns durch die immer höheren Temperaturen immer weniger Wasser zur Verfügung stehen. Außerdem ist Unterfranken schon immer eine trockene Region. Im Durchschnitt regnet es gerade mal 550 Millimeter pro Jahr. Wenn südlich von München in Zukunft 100 Millimeter Niederschlag im Jahr fehlen, dann ist das ein Segen. Wenn hier bei uns 100 Millimeter fehlen, ist das dramatisch.
Im Jahr 2021 startete das Forschungszentrum für Landwirtschaft in Trockenlagen in Schwarzenau. Machen Sie Versuche mit Bewässerung?
Doleschel: Daran hatten wir tatsächlich gedacht. Aber das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium haben sich darauf verständigt, dass man Bewässerung vorsichtig einsetzt. Wir drehen deshalb an allen anderen Stellschrauben, die wir haben, um mit der Trockenheit umzugehen: Anbaustrategien, Bodenschutz, Erosionsschutz, Wasserrückhalt in der Fläche und Wetterbeobachtung. Dafür arbeiten wir mit 17 landwirtschaftlichen Betrieben in Unterfranken zusammen. Mit ihnen machen wir Forschungsexperimente. Die sogenannten "On-Farm-Versuche" werden wissenschaftlich begleitet. Zusätzliche Daten erhalten wir aus Drohnenaufnahmen und Satellitenfernerkundung.
Was können Landwirte tun, um mit dem Wassermangel klarzukommen?
Doleschel: Es gibt viele Möglichkeiten: Körnermais bringt mehr Ertrag, wenn man ihn nicht in einer Reihe, sondern im Dreieck pflanzt. Die Pflanzen nutzen so das Wasser besser, weil sich ihre Wurzeln gegenseitig weniger Konkurrenz ums Wasser machen. Pflanzt man Mais mit Stangenbohnen auf einem Feld, trocknet der Boden nicht so schnell aus, weil die Bohnen den Boden besser beschatten. Außerdem erhöht sich die Biodiversität, weil die Bohnen Blütenbesucher anziehen und unterschiedlichen Insekten als Nahrung dienen. Vielleicht gibt es in Unterfranken bald Felder, auf denen man Bohnen statt Erdbeeren pflücken kann.
Was könnte man statt Mais in Unterfranken anpflanzen?
Doleschel: Körnerhirse zum Beispiel. Hirse ist sehr trockentolerant und einfach anzubauen. Sie ist als Schweinefutter, aber auch für die Produktion von Mehl geeignet. Und für Bier - aktuell allerdings nicht nach dem Reinheitsgebot.
In dem Projekt "Future Crops" geht es um "zukünftige Kulturen". Sie testen da Schwarzkümmel, Sesam, Erdnuss und Augenbohne. Warum diese vier Feldfrüchte?
Doleschel: Diese Feldfrüchte haben im Versuchsanbau gut funktioniert. Schwarzkümmel ist sehr aromatisch. Das Gewürz wird unter anderem für türkische Fladenbrote benutzt. Als "Wasserschutzkultur" braucht Schwarzkümmel sehr wenig Stickstoffdünger. Die Erdnuss ist sehr wärmeliebend und lässt sich gut vermarkten: Man kann die Snackfrucht ernten, rösten und verkaufen. Augenbohnen schmecken wie eine Mischung aus Kichererbsen und weißen Bohnen. Da unser Saatgut aus Nigeria stammt, ist die Kultur aber sehr kälteempfindlich. Und ob sich der Anbau von Sesam in Unterfranken lohnt, ist noch nicht abzuschätzen.
Wird die Erdnuss die neue Zuckerrübe in Franken?
Doleschel: Nein. Diese exotischen Kulturen bergen viele Risiken, was Pflanzenbau, Saatgut-Qualität und Vermarktung angeht. Landwirte müssen sich bewusst sein: Sie werden maximal so viel Geld für eine Tüte Erdnüsse erzielen, wie eine Tüte Erdnüsse bei Aldi oder Lidl kostet. Erst wenn sich ein Erzeuger als regionaler Pionier einen Namen gemacht hat, kann er für bestimmte Produkte mehr Geld verlangen.
Sind diese Versuche dann überhaupt sinnvoll?
Doleschel: Ja, denn wenn Betriebe in die Direktvermarktung einsteigen, sind sie dankbar, wenn sie außer Kartoffeln beispielsweise noch besondere Kulturen im Angebot haben, die hier wachsen. Sie brauchen mehrere Standbeine, um die Risiken im Klimawandel zu senken. Ansonsten riskieren sie bei Hagel oder Starkregen den Totalausfall ihrer Ernte. Doch leider haben wir bisher keine exotische Kultur gefunden, die der heimischen Zuckerrübe oder der Kartoffel das Wasser reichen kann.
Genau diese Faktoren schützen unsere Äcker doch auch davor, dass bei Starkregen guter Humusboden weggeschwemmt wird. Und dies würde sicher auch die Hochwassergefahr bei Starkregen reduzieren.
Es wäre schön, wenn sich viele Landwirte damit beschäftigen würden. Dann würden vielleicht auch manche Feldfrüchte weiiterhin in Unterfranken wachsen und man. müsste nicht auf Erdnüsse umsteigen.
Kein Politiker, Arbeiter, Angestellter, Journalist arbeitet um am Ende nichts übrig zu haben, nur der Bauer soll nicht viel verdienen.
Das soll jetzt nicht Gejammer sein. Solange in Deutschland die Lebensmittel billig sind, wird sich nichts ändern. Auf das Ausland sollte man sich nicht verlassen, das zeigte Corona oder der Ukrainekrieg...
Aber Deutschland, will die Welt retten. Die Preise für landwirtschaftliche Produkte in Deutschland, werden an den weltweiten Warenterminbörsen gemacht. Wenn Deutschland schlecht erntet interessiert das genausoviel, wie wenn in China ein Sack Reis umfällt.
Wenn bald gewisse Feldfrüchte nicht mehr mit Erfolg angebaut werden können, muss man doch umsteigen. Was wäre denn sonst die Alternative ?
Dass der Bauer höhere Preise für seine Produkte bekommt, da gehe ich voll mit. Aber das kann die Politik doch nur bedingt ändern? Oder hätten Sie Vorschläge?