zurück
Würzburg
Unis und Corona: Warum Minister Sibler das Studieren in Präsenz so wichtig ist
Angesichts der neuen Corona-Wellen läuft das Studium an Bayerns Hochschulen größtenteils wieder digital. Wie sich der Wissenschaftsminister das nächste Semester vorstellt.
Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) plant mit einem Sommersemester im Präsenzbetrieb. Ungeimpfte Studierende sind mit der 2G-Regelung davon ausgeschlossen.
Foto: Thomas Obermeier | Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) plant mit einem Sommersemester im Präsenzbetrieb. Ungeimpfte Studierende sind mit der 2G-Regelung davon ausgeschlossen.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:03 Uhr

In der Pandemie fühlen sich viele Studierende von der Politik vernachlässigt, aktuell läuft auch das vierte Corona-Semester wieder überwiegend digital. Das sorgt für Frust. Dabei macht sich Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) grundsätzlich für Präsenz an den Hochschulen stark. Im Gespräch erklärt er, warum.

Frage: Wie läuft's im vierten Corona-Semester aus Ihrer Sicht als zuständiger Minister?

Bernd Sibler: Ich war im Oktober froh, in strahlende Gesichter der Studierenden schauen zu können, weil Präsenz wieder möglich war. Dann kam die nächste Welle, jetzt Omikron – vieles musste wieder auf digital umgeschaltet werden. Allerdings haben wir in Bayern ein sehr differenziertes Bild. Eine Reihe von Universitäten bietet weiterhin kleinere Veranstaltungen in Präsenz an. Es gibt deutliche Verbesserungen zu den drei Semestern davor, aber es ist ein Semester des Übergangs.

Manche Studierende haben in zwei Jahren ihre Hochschule kaum von innen gesehen. Verstehen Sie den Frust? 

Sibler: Wir bekommen unterschiedliche Rückmeldungen. Etliche Studentinnen und Studenten sagen, dass sie sich gerade vor einer Prüfung keinem Infektionsrisiko aussetzen wollen. Andere wünschen sich mehr Angebote vor Ort, vor allem an den Unis. Unter Einhaltung der Hygienebestimmungen plädiere ich für mehr Präsenz.

So viel Präsenz-Studium wie möglich, so viel Online-Studium wie nötig?

Sibler: So viel Präsenz wie möglich und verantwortbar. In Würzburg zum Beispiel sind die Infektionszahlen zuletzt stark gestiegen, die gesundheitlichen Abwägungen müssen wir im Auge behalten. Klar ist: Praktische Einheiten wie Laborarbeit oder Sport finden weiter in Präsenz statt, auch die Prüfungen mit 3G-plus-Regel.

Warum ist Ihnen die Lehre in Präsenz so wichtig?

Sibler: Man lernt nicht nur kognitiv mit dem Kopf, es geht auch um das soziale und emotionale Lernen, um den direkten Austausch. Akademisches Lernen braucht Diskussion und Dialog. Da geht beim digitalen Format einiges verloren, deshalb kämpfe ich für Präsenz. Nur verantwortbar muss sie eben sein. Deshalb haben wir je nach Format der Lehrveranstaltung und auch regional unterschiedliche Regelungen, jeweils angepasst an die Corona-Situation.

Ist es sinnvoll, die Entscheidung über Präsenz- oder Digitalformat jedem einzelnen Professor, jeder einzelnen Professorin zu überlassen?

Sibler: Wir wollen so viel Präsenz wie möglich und verantwortbar. Aber die Situation ist von Ort zu Ort, von Fach zu Fach unterschiedlich, deswegen macht eine Bewertung vor Ort auch Sinn. Die einzelnen Hochschulen können die Situation gut ausloten, weil die Rückmeldungen der Studierenden sehr unterschiedlich sind.

Präsenz hat für ihn Vorrang, soweit es die Pandemie erlaubt: Wissenschaftsminister Bernd Sibler im Interview. 
Foto: Thomas Obermeier | Präsenz hat für ihn Vorrang, soweit es die Pandemie erlaubt: Wissenschaftsminister Bernd Sibler im Interview. 
Darunter sind Beschwerden, weil Dozierende Lehrvideos vom Vorjahr als "Vorlesung" anbieten. Machen es sich manche da zu leicht?

Sibler: Das ist sicher nicht die Regel. Wo es im Einzelfall Probleme gibt, schauen wir uns das an. Wir haben mit den für die Lehre zuständigen Vize-Präsidenten der Hochschulen vereinbart, dass bei einer Abkehr von der Präsenz ordentliche digitale Angebote sichergestellt sein müssen. Und über die letzten Semester hat die digitale Lehre nochmals an Qualität gewonnen. Grundsätzlich haben wir den Hochschulleitungen klar gemacht: Wo es geht, sollte Präsenz durchgeführt werden.

Unter Ausschluss ungeimpfter Studierender. Mit der 2G-Regelung hilft kein negativer Test mehr. Haben Sie Sorge, dass sich Betroffene einklagen?

Sibler: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat am 8. und am 27. Dezember die 2G-Regelung auch für die Hochschulen bestätigt. Es gab also bereits Klagen, wir bewegen uns rechtlich auf sicherem Boden. Die Entscheidungen waren vorläufig, wir sind aber optimistisch, dass sie Bestand behalten.

In Telegram-Gruppen formieren sich auch Studierende als Gegner der Corona-Maßnahmen und der Impfung. Wie gehen Sie damit um?

Sibler: Wir stehen im Austausch mit den Studierendenvertretungen und ich spreche vor Ort mit Studentinnen und Studenten. Wir können insgesamt sehr stolz auf sie sein, die Impfquote ist mit rund 90 Prozent höher als in anderen Bevölkerungsgruppen. Von daher ist das Problem überschaubar. Aber ja, man muss die Gruppe der ungeimpften Studierenden im Auge behalten und digitale Angebote sicherstellen. Über die Jahreswende haben wir in vielen gesellschaftlichen Bereichen mehr Widerstand gegen 2G wahrgenommen, aber an den Hochschulen ist das ist keine große Gruppe.

Wie sehr leidet die Qualität des Studiums unter der Pandemie?

Sibler: Mir ist wichtig, dass auch dieses Semester gut studiert werden kann und keine Zeit verloren geht. Als erstes Bundesland haben wir auf meine Initiative neben Terminen und Fristen auch die Regelstudienzeit mit Blick auf das BAföG erneut verlängert. Und an den Hochschulen strengen sich Verwaltung und Lehrpersonal wirklich an, um das Beste aus der Situation zu machen. Natürlich: Studieren vor der flachen Scheibe bzw. nur am Computer ist nicht das Ideal eines studentischen Lebens.

Wann ist ein normales Studieren wieder möglich? Schon zum Sommersemester?

Sibler: Die Infektionszahlen im Sommer sind normalerweise rückläufig, darauf hoffe ich. Wir planen ein Sommersemester in Präsenz. Wir sind dazu mit den Hochschulen im Austausch. Die Präsenz muss die Regelform sein, auch wenn wir den Innovationsschub in der digitalen Lehre aus den Online-Semestern langfristig nutzen wollen. Digitale Angebote können die Präsenzlehre klug ergänzen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Andreas Jungbauer
Bernd Sibler
CSU
Coronavirus
Digitaltechnik
Sommersemester
Vorlesungen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • T. G.
    Welche Präsenz? Unser Sohn studiert seit 2 Jahren bis auf 8 Wochen Ausnahme letzten Herbst zu Hause am PC. Obwohl der 3x geimpft ist. An der FH.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. P.
    Digitalisierung in Deutschland: „Wir wollen Präsenz“, weil „da lernt man besser“, „der Sportunterricht“ und „viele lächelnde Gesichter“, obwohl es nur „Probleme sind Einzelfälle“ gibt und „Digitalangebote verbessert“. Es gibt auch Wege, wie man Präsenz dauerhaft auf ein Minimum reduziert, ohne dass irgendwer oder irgendwas darunter leidet. Grüße aus der freien Wirtschaft.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • F. H.
    „Wann ist ein normales Studieren wieder möglich? Schon zum Sommersemester?“, fragt Andreas Jungbauer.
    Zwei Fragen habe ich vermisst:
    Wie wird die Weinernte in diesem Jahr?
    Welche Virusvariante wird im kommenden Herbst die sechste Welle bestimmen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten