Mehr Präsenz wagen: Diese Devise hat Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) für die Hochschulen ausgegeben. Seit vergangener Woche sind wieder Veranstaltungen vor Ort erlaubt. Auch der Aschaffenburger CSU-Fraktionsvize Winfried Bausback, Mitglied im Hochschulausschuss des Landtags, macht sich für eine Rückkehr in die Hörsäle stark. Der Jurist und frühere Justizminister (2013-2018) hat in Würzburg studiert und eine – derzeit ruhende – Professur für Öffentliches Recht an der Uni Wuppertal inne.
Winfried Bausback: Weil Lehre nicht nur von Wissensvermittlung, sondern vom persönlichen Kontakt zwischen Lehrenden und Lernenden lebt. Und weil der direkte Austausch unter Studierenden ein Studium ausmacht. Es gibt tolle digitale Formate. Aber sie können die Präsenzlehre nicht ersetzen.
Bausback: Natürlich. Beide Seiten profitieren, der direkte Kontakt zwischen Forschenden und der Nachwuchsgeneration ist ein besonderer Wert europäischer Hochschul-Tradition.
Bausback: Es geht fachlicher Austausch verloren. Die Studierenden lernen ja nicht nur in den Veranstaltungen, sondern im Kontakt untereinander. Zum anderen sprechen wir über eine besondere Entwicklungsphase im Leben: Die soziale Entfaltung, die auch zum Studium gehört, kann man nicht digital organisieren. Deshalb brauchen wir eine baldige Rückkehr zur Normalität.
Bausback: Man konnte den Zugang zur Hochschule angesichts der Gefahren für Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen beschränken. Aber pädagogisch, wissenschaftlich und rechtlich ist das keine Dauerperspektive. Das Gesundheitssystem hat mittlerweile durch Impffortschritt und Tests andere Schutzmöglichkeiten. Da ist es angemessen, Präsenzveranstaltungen wieder zuzulassen.
Bausback: Die Situation dürfte sich durch die weiter steigende Impfquote entspannen. Man könnte für größere Veranstaltungen mit digitalen Impf- und Testnachweisen arbeiten und sie für einen Besuch verlangen.
Bausback: Das wäre rechtlich nicht vereinbar mit dem freien und gleichen Zugang zum Hochschulstudium. Denken Sie daran: Es gibt chronisch Kranke mit medizinischen Gegenindikationen bei Impfungen. Und generell ist die Freiheit der Person hier geschützt. Man kann aber sehr wohl statt einer Impfung eine regelmäßige Testung verlangen.
Bausback: Ich denke, man sollte die Hochschulen in diesem Sommersemester mit all ihren Aufgaben Richtung Prüfungszeit nicht überfordern. Für ein Wintersemester in weitgehendem Präsenzbetrieb könnte man aber auch über solche Impfkampagnen vor Ort nachdenken.
Bausback: Das war eine wichtige Entscheidung für das Sommersemester. Man muss jetzt schauen, wie der weitere Bedarf ist. Wenn die Mittel nicht ausreichen, halte ich eine Aufstockung für geboten. Eine Normalisierung in Studium und Lehre ist dringend! Da können auch neue technische Lösungen helfen, so wie wir sie aus der Gastronomie kennen.
Bausback: Ja, da ist eine rechtzeitige Planung für das Wintersemester absolut wichtig. So wie es aussieht, wird zumindest im September oder Oktober noch kein Studienbetrieb ohne Vorsichtsmaßnahmen möglich sein.
Bausback: Das Studium ist eine entscheidende Lebensphase für die fachliche und persönliche Entwicklung. Den Studierenden sind in der Pandemie über eineinhalb Jahre die Kontakt- und Austauschmöglichkeiten in gravierendster Weise beschränkt worden – sei es in den Hochschulveranstaltungen selbst oder außerhalb. Nicht wenige haben die Vorlesungssäle kaum von innen gesehen. Andere Einrichtungen der Begegnung waren geschlossen – was besonders hart ist, wenn die eigenen Räumlichkeiten sehr beengt sind. Das war ein wirklich schwerer Eingriff in die Lebenssituation.
Bausback: Wir dürfen die Abschlüsse nicht schlecht reden. Die Absolventen sind nicht schlechter qualifiziert als in den Vorjahren. In manchen Bereichen haben sie durch die digitale Umstellung sogar zusätzliche Qualifikationen erworben.
Bausback: Die Pandemie hat hier einen Wahnsinnsschub gebracht. Die Hochschulen haben ungemein innovativ auf die Situation reagiert. Sie haben sie besser bewältigt als viele andere Bereiche. Was man in der Pandemie gelernt hat, wird auch in der Zukunft dem akademischen Betrieb zu Gute kommen. Digitale Formate bleiben als Errungenschaften aus einer schwierigen Zeit. Aber zum Studium gehört eben auch die Präsenz. Deshalb sollten wir dahin zurückkehren.