
Seit Jahren stehen Rehakliniken, die auf die Bedürfnisse älterer Menschen spezialisiert sind, bayernweit unter finanziellem Druck. Erst heuer musste die geriatrische Reha im Klinikum Main-Spessart vorerst geschlossen werden, weil der wirtschaftliche Betrieb nicht mehr möglich war. Nachdem im vergangenen Jahr das Bürgerspital seine ambulante und mobile geriatrische Reha aufgrund fehlender Gelder stilllegen musste, kann nun auch die geriatrische Rehabilitationsklinik der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Unterfranken die finanziellen Verluste nicht mehr ausgleichen.
Um die speziell auf ältere Menschen ausgerichtete medizinische Versorgung in der Region weiterhin sichern zu können, wird die Uniklinik Würzburg (UKW) im Gebäude der Rehabilitationsklinik eine neue „Fachabteilung für Akutgeriatrie und geriatrische Frührehabilitation“ aufbauen, wie es in einer gemeinsamen Pressemitteilung heißt. Die Übernahme ist laut dem Vorsitzenden der AWO Unterfranken Stefan Wolfshörndl das Ergebnis dessen, "dass die Krankenkassen seit Jahrzehnten nicht bereit sind, kostendeckende Pflegesätze zu finanzieren".
Die neue UKW-Fachabteilung soll ihren Betrieb zum 1. Januar 2025 am Standort der jetzigen Rehaklinik in der Kantstraße aufnehmen. Dazu erwirbt die UKW das Klinikgebäude, samt der Ausstattung und das dazugehörige Gelände. Auch die 193 Mitarbeitenden werden übernommen. Dies schließt die ärztliche und kaufmännische Leitung der Klinik ein. "Die Transaktion wird zwischen AWO und dem UKW gemeinsam und partnerschaftlich durchgeführt", betont Susanne Just von der Pressestelle der Uniklinik.
Frührehabilitation in der Klinik statt Reha-Aufenthalt nach Behandlung
Nach einer Übergangsphase zum Jahresende soll aus der Rehabilitationsklinik eine Akutklinik werden. Anders als in einer Rehaklinik, in der Patienten nach einem Krankenhausaufenthalt wieder fit gemacht werden, sollen in der Akutklinik zukünftig Behandlungen für dringliche Alterskrankheiten und frühzeitige Rehabilitation für ältere Menschen angeboten werden.
Grundsätzlich werden in der Akutgeriatrie Krankheiten und die dadurch verursachten funktionellen Beeinträchtigungen behandelt, die häufig bei älteren Menschen auftreten. Das können zum Beispiel Gebrechlichkeit, Gedächtnisprobleme oder chronische Erkrankungen wie Diabetes sein. Die Frührehabilitation, eine spezielle Art der Therapie, beginnt schon im Krankenhaus, erläutert Dirk Baumann, Pressesprecher der AWO Unterfranken.
Insgesamt soll so laut Just die Qualität der Patientenversorgung durch eine möglichst zeitnahe Einleitung von stationären Frührehabilitationsmaßnahmen, anstelle der bisher üblichen Versorgungskette – akutstationäre Behandlung, Kurzzeitpflege und Rehabilitation –, weiter erhöht werden. Das helfe älteren Menschen, sich nach einer Krankheit, Operation oder Verletzung gut zu erholen und so Pflegebedürftigkeit und den Verlust von Selbständigkeit zu vermeiden.
Höherer Personalschlüssel verspricht bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte
Just zufolge wird der Personalstellenplan ab der Übernahme sukzessive erhöht: "Eine Akutklinik hat einen höheren Pflegeschlüssel im Vergleich zu einer Rehaklinik. Daher kann man mehr Personal einstellen." Zunächst werde der Betrieb deshalb mit weniger Betten begonnen. Mit zusätzlicher Belegschaft können dann nach und nach mehr Patienten aufgenommen werden.
Die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte werden sich aufgrund des höheren Personalschlüssels deutlich verbessern, sagt Just. Für die Patientinnen und Patienten wiederum verspräche das neue Konzept eine höhere Behandlungsintensität: "Die Patienten werden zukünftig weniger Gruppentherapien und mehr Einzelbehandlungen erhalten. Dadurch verringert sich bei den Therapeutinnen und Therapeuten die Arbeitsbelastung".
Auch in der Akutklinik wird es rehabilitative Elemente geben
Zwar würde "ein Loch in der geriatrischen Versorgung der Region entstehen, da es nun keine Rehaklinik mehr gibt, die auf ältere Menschen ausgerichtet ist", sagt Baumann. Aber dafür werde sich eine andere Lücke schließen: Weil das Personal übernommen wird, bleibt auch das Fachwissen in der Akutklinik, was den Patientinnen und Patienten, die dort künftig behandelt werden, zugutekomme. Es wird außerdem weiterhin rehabilitative Elemente in der Klinik geben: "Auch die bisherige ambulante Geriatrie wird in Form der teilstationären geriatrischen Komplexbehandlung weiter angeboten werden."
Die Akutgeriatrie am UKW könne die Altersmedizin außerdem besser als bisher in die Aus- und Weiterbildung von Ärzten und Pflegefachkräften integrieren. Das, so Just, "ist nötig, um sich auf den demografischen Wandel vorzubereiten, da die Zahl der hochbetagten Menschen in den kommenden Jahren um 50 bis 60 Prozent steigen wird."