Energiewende, Ukraine-Krieg und Wahlkampf. Es gibt viele Gründe, warum Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wieder häufiger von Windrädern spricht. Zwischen 300 und 340 Anlagen seien in Planung, angefragt oder kurz vor der Genehmigung, rechnete Söder im Dezember vor. Es wehe "tatsächlich ein frischer Wind für den Wind".
Doch wenn der Ministerpräsident über Windräder in Bayern spricht, dann geht es vor allem um Windräder in Franken. Denn hier stehen mit Abstand die meisten Anlagen. Klaus Schenk, Bürgermeister von Donnersdorf (Lkr. Schweinfurt), beklagt das Ungleichgewicht: "Ich weiß, dass wir die Energiewende brauchen. Aber muss alles in Franken passieren?" Seit Jahren gibt es ein Nord-Süd-Gefälle. Je südlicher man im Freistaat kommt, desto seltener sieht man Windräder.
Den subjektiven Eindruck bestätigen Zahlen: Nirgendwo sind so viele Windräder in Betrieb wie in Oberfranken mit 290. In Unterfranken drehen sich aktuell 271 Windräder, in Oberbayern sind es 95. Schlusslicht ist Niederbayern mit 21.
Woher kommt das Ungleichgewicht? Drei Gründe im Überblick.
1. In Unterfranken sind die Windverhältnisse besser als im Süden von Bayern
Guter Wind im Norden, schlechter Wind im Süden. So pauschal stimmt das natürlich nicht, aber es gibt geographische Unterschiede, die den Windkraftausbau begünstigen. Denn Windparks entstehen vor allem dort, wo sie wirtschaftlich rentabel sind. Turbulenzen, Windhäufigkeit und - geschwindigkeit sind bei der Standortwahl entscheidend und im Bayerischen Windatlas erfasst.
Im Spessart und in der Rhön sind demnach die Windbedingungen gut, wie ein Blick auf die Karte zeigt. Auf 180 Meter Höhe beträgt die Windgeschwindigkeit im Mittel bis zu sieben Meter pro Sekunde. Die südwestlichen Winde sind in der Region deutlich stärker als beispielsweise nördlich von Nürnberg.
Eine Windbremse sind die Alpen. Eine Fläche von 20 bis 30 Kilometern davor ist für Windräder ungeeignet, weil die Bergwand die Luft zurückstaut. Auch im Bayrischen Wald und in den Voralpen ist der Effekt zu beobachten.
Doch inzwischen ragen die Windräder immer höher in den Himmel, technische Innovation macht auch Standorte in windschwächeren Gebieten attraktiv. Karsten Schuster, Geschäftsführer von Volta Windkraft in Ochsenfurt, plant und baut seit mehr als 20 Jahren Windparks und sagt: "Ein Windrad im Landkreis München kann genau so viel Energie liefern wie im Landkreis Würzburg. Neben der Windqualität gibt es noch weitere Faktoren, die das Nord-Süd-Gefälle in Bayern erklären."
2. In Unterfranken gibt es nicht so viele Sonderregeln wie in Südbayern
Das Regelwerk mit Landes-, Bundes und EU-Recht ist kompliziert. Überall in Bayern gibt es Zonen, in denen gesetzlich keine Windräder stehen dürfen. Nistende Fledermäuse, tieffliegende Militärflugzeuge, überschwemmte Feuchtwiesen - alles Argumente, die Windräder verhindern. Zwar sind auch in Unterfranken Bereiche wie das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön für die Windradplanung ausgeschlossen. Doch im Süden des Freistaats gibt es deutlich mehr und flächenmäßig größere Tabuzonen.
Der Rotmilan etwa fühlt sich auf der Schwäbischen Alb und im westlichen Alpenvorland besonders heimisch, weshalb dieser Raum bei der Standortsuche weiträumig ausgespart wird. Für den Bayerischen Wald, Deutschlands größten Waldnationalpark, gibt es keine Baugenehmigungen. Gleiches gilt für kilometerweite Gebiete im Biosphärenreservat Berchtesgaden.
3. In einigen Regionen fehlt das Konzept, wo Windparks entstehen könnten
Die Debatten über Windräder werden vielerorts geführt, sie sind weder ein unterfränkisches noch ein oberbayrisches Phänomen. In den Regionen Main-Rhön und Würzburg aber sind zumindest annährend so viele Gebiete für Windparks ausgewiesen wie im Wind-an-Land-Gesetz festgelegt. Fünf Planungsregionen in Bayern dagegen haben bisher überhaupt keine Vorrang- oder Vorbehaltsflächen ausgewiesen.
Strom, am besten bezahlbar und nachhaltig, das wollen alle. Aber ein Windrad, so direkt vor der Haustür? Oliver Weidlich kennt die Diskussionen und Emotionen über mögliche Windrad-Standorte, die er als schraffierte Flächen in Karten einzeichnet. Als Leiter des Sachgebietes Landes- und Regionalplanung der Regierung von Unterfranken schlägt Weidlich mit seinem Team Vorrang- und Vorbehaltsgebiete vor, auf denen neue Windräder entstehen könnten. Er macht das nach Kriterienkatalog mit 50 Einzelkriterien wie Flugsicherung, Naturschutz oder Siedlungsabstände: "Wir wollen keine Windrad-Verhinderungspolitik machen, sondern geeignete Flächen finden", sagt Weidlich.
Die Vorrangfläche "WK19" am Fuße des Steigerwalds ist ein Beispiel dafür, wie der Windradausbau zur Hängepartie wird. Zwar ist das Gebiet verbindlich im Regionalplan festgeschrieben, trotzdem dreht sich hier kein einziges Rotorenblatt. Erst verhinderte die 10H-Regelung den Bau, jetzt stemmen sich Bürgermeister und Einwohner dagegen. Sie fürchten, dass die Gemeinden Wonfurt und Theres (Lkr. Haßberge) sowie Donnersdorf und Grettstadt (Lkr. Schweinfurt) von bis zu 250 Meter hohen Anlagen umzingelt werden. Seit mehr als zehn Jahren wird über Windräder gestritten, die weder genehmigt noch gebaut sind.
In Wülfershausen/ Wargolshausen drehen sich zehn Windräder. Ob endlich oder leider, das hängt davon ab, wen man in Rhön-Grabfeld fragt. Während der Bauphase hatten Gegner Nägel in der Zufahrt vergraben und Arbeitsmaschinen sabotiert. Nach mehr als zehn Jahren, einer Prozesslawine und einem Betreiberwechsel sind seit Mitte Januar alle Windräder in Betrieb.
Die beiden Fälle zeigen, wie vielerorts der Windradausbau verschleppt wird. Schnell geht es nur dann, wenn alle Beteiligten sich klar für Windenergie aussprechen. So wie in Üchtelhausen (Lkr. Schweinfurt), wo im Juni 2022 bei einem Bürgerentscheid mehr als 70 Prozent der Teilnehmenden für einen neuen Windpark stimmten.
In Unterfranken werden sich auch in naher Zukunft mehr Windräder drehen als südlich von München. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. 25 Windräder sind aktuell in Unterfranken in konkreter Planung. Zum Vergleich: In Niederbayern ist aktuell die Genehmigung für ein Windrad beantragt, in Schwaben wird zeitnah kein einziges Windrad in Betrieb gehen.
Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Fassung waren Aussiedlerhöfe als Grund aufgeführt, weshalb Windanlagen in näherer Umgebung der einzelnen Höfe nicht realisiert werden können. Der Mindestabstand von 1000 Metern zu Windräder bezieht sich nach Baugesetzbuch auf bebaute Ortsteile und Geltungsbereiche eines Bebauungsplans. Einzelne Aussiedlerhöfe fallen nicht unter diese Regelung. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.
Benutzen Sie doch bitte in den Graphiken, hier der Lageplan der Windräder, unterscheidbare Farben ! Gerade in der Print-Ausgabe sind die beiden Blautöne nicht zu unterscheiden. Was spricht bei einer solchen Darstellung gegen z.B. rot-grün-blau ?
Die Verwendung von sehr ähnlichen Farben fällt übrigens nicht nur in diesem Artikel unangenehm auf, es scheint eine eher eine grundsätzliche Vorgehensweise bei der Darstellung von Graphiken in der MP zu sein
Brasilien belehren aber zuhause den durch die Klimaerwärmung, inbesondere in Ufr., stark gefährdeten Wald zerstören. Die riesigen Windrad-Fundamente sind schädlich für das Grundwasser.
Zudem ist die Schweinfurter Rhön (Wildpark, Golfplatz, Ellertshäuser See, Stadtrand-Erholungsheime, dichtes Wanderwegenetz) ein wunderbares Ausflugsgebiet, das bis an den Stadtrand reicht. Andere beneiden uns darum. So was sollte man nicht schädigen!
Woher haben Sie die Information?
https://www.br.de/nachrichten/wissen/nein-windraedersind-keine-besonderegefahr-fuer-dasgrundwasser-faktenfuchs,TAz0liL
"stark gefährdeten Wald zerstören"
Die Gefährdung/Zerstörung das Waldes kommt durch den Klimawandel und durch die große Verbrennung von fossilen Ressourcen und freisetzen von CO2. Durch Erneuerbare Energien wird der Ausstoß von CO2 verringert.
Im Jahr 2021 vermieden erneuerbare Energien 217 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente.
https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/erneuerbare-energien-vermiedene-treibhausgase
https://www.aarsleff-grundbau.de/fileadmin/media-aarsleff-grundbau/pdf/tiefgruendung-windenergieanlage-deep-foundation-wind-energy-converters-kompr.pdf
Und da gibt es in der Tiefe Beeinträchtigungen des Grundwassers.
Windräder sind Fluch und Segen zugleich.
Eine Energiepolitik die schon länger veraltet ist, lässt sich nicht so schnell wieder aufräumen.
https://www.bundestag.de/resource/blob/877586/4e4dce913c3d883a81adcf2697313c7d/WD-5-090-21-pdf-data.pdf
Dort steht:
„In den Jahren 2007 bis 2019 betrugen die gesamtgesellschaftlichen Kosten der Stromerzeugung aus Atomenergie durchschnittlich zwischen 25 Ct/kWh und 39 Ct/kWh. Davon sind 21 bis 34 Ct/kWh bisher noch nicht im Strompreis enthalten und daher ‚versteckte Kosten‘ der Atomenergie. Insgesamt summieren sich die gesamtgesellschaftlichen Kosten allein in diesem relativ kurzen Zeitraum auf 348 bis 533 Mrd. EUR (real). Davon entfallen rund 25 Mrd. EUR auf staatliche Förderungen, die direkt den Staatshaushalt belasten.“
Ich schau lieber auf Windräder als AKW Kühltürme.
Sie meinen Ihren Kommentar wirklich ernst?
Alle Welt baut AKWs?
Listen Sie doch mal die Länder auf, die aktuell erfolgreich und schnell AKWs bauen, deren Stromerzeugung auch noch marktfähig ist.
Ich bin gespannt auf Ihre Aufstellung.
Von China, Russland und USA reden wir nicht!
Und ist dieser Strom aus den genannten Atomkraftwerken bzw. Atomkraftwerkprojekten denn marktfähig oder müssen die Staaten die Abnahme zu einem Preis weit über dem Marktpreis garantieren und damit die Betreiber dieser AKWs massiv subventionieren?
Ich weiß, dass die Bauphase in Flamanville jetzt schon dreimal so lange dauert wie ursprünglich geplant und dass ein Projekt in GB schon eingestellt wäre, wenn der Staat nicht massive Subventionen durch garantierte Abnahme zu überhöhten Preisen garantieren würde.