Die Geschichte des Windparks Wülfershausen/Wargolshausen ist vor allem geprägt durch eine Aneinanderreihung gerichtlicher Auseinandersetzungen, die den Bau ein ums andere Mal hinauszögerten. Nach vielen Rückschlägen ist es aber nun doch so weit: Die ersten Windräder stehen und am Freitag, 24. Juni, wird im Beisein von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger Richtfest gefeiert. Hier eine Chronologie der Ereignisse.
Phase 1: Windkraftgegner formieren sich
Anfang des vergangenen Jahrzehnts werden in ganz Bayern Sonderflächen für Windkraft ausgewiesen. Im Jahr 2012 werden die ersten Pläne zum Bau eines Windparks rund um Wargolshausen bekannt. Als Initiator tritt die Regio E2 aus Wülfershausen auf, eine Gesellschaft von Bürgern aus der unmittelbaren Umgebung, Investor ist das norddeutsche Enercon-Unternehmen. Ursprünglich ist von 15 Windrädern die Rede.
Zunächst löst das Vorhaben zumindest in Wargolshausen Goldgräberstimmung aus, die aber bald ins Gegenteil umschlägt. Neben den Befürwortern formiert sich in dem Dorf massiver Widerstand. Über die Region hinaus werden Bündnisse von Windkraftgegnern geschlossen.
Phase 2: Prozesse nach der Genehmigung
Im Sommer 2014 genehmigt das Landratsamt Rhön-Grabfeld 13 Windkraftanlagen und löst damit eine Prozesslawine aus. Im Laufe der zahlreichen Verfahren klagen Projektgegner gegen die Initiatoren, die ihrerseits gegen das Landratsamt vorgehen und auch Schadenersatz geltend machen.
Phase 3: Dann kam die 10 H-Regel
Die Windkraftgegner haben mit ihren Protesten zunächst Erfolg. Im Herbst 2014 erhält die 10-H-Regel in Bayern Gesetzeskraft. Damit müssen Windräder künftig mindestens den zehnfachen Abstand ihrer eigenen Höhe zur nächsten Bebauung einhalten. Das Projekt gerät ins Wanken, doch die Initiatoren halten an der Baugenehmigung für die Windräder fest.
Phase 4: Landtag verweigert Ausnahmegenehmigung
Enercon beginnt im März 2017 mit den Vorarbeiten für die ersten Fundamente, muss die Arbeiten nach Klagen der Windkraftgegner aber bald wieder einstellen. November 2018 werden die Arbeiten nun für zehn Windräder fortgesetzt und die meisten Fundamente bis zu einem erneuten Baustopp fertiggestellt: Das oberste Verwaltungsgericht beanstandete im April 2019 einen zwischenzeitlichen Typenwechsel, den das Landratsamt durchgewunken hatte. Die Richter weisen darauf hin, dass die Genehmigung nicht für den neuen Typ gilt und ein neuer Bauantrag eingereicht werden muss. In diesem Augenblick kommt aber die 10-H-Regel ins Spiel. Da die meisten Windräder einen geringeren Abstand zur nächsten Bebauung haben, ist der Windpark – zumindest für den neuen Typ - damit gestorben. Durch eine Ausnahmegenehmigung für bereits im Bau befindliche Anlagen könnte der Landtag das Projekt retten, doch die Mehrheit von CSU und Freie Wähler lehnt August 2020 eine solche Vorgehensweise ab.
Phase 5: Betreiberwechsel und ein neues Fundament
Im April 2021 verabschieden sich die Firma Enercon und die Regio E2 aus dem Projekt, in das auch vorübergehend das Überlandwerk eingestiegen war. An ihre Stelle treten die Oberpfälzer Firma "Wust – Wind & Sonne" – die auch den Streu-Saale-Windpark bei Unsleben betreut - und ihr Partner, das Bauunternehmen Max Bögl. Sofort wird mit der Beseitigung der vorhandenen Fundamente begonnen und die Errichtung von Windrädern des ursprünglichen, jedoch leistungsschwächeren Typs aufgenommen, für den noch die Baugenehmigung besteht. Anfang Juni 2022 werden die Flügel für das erste Windrad montiert.