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Würzburg
Ulrike Scharf antwortet auf Samstagsbrief: "Die Menschen sollen nicht mehr arbeiten, sondern nur flexibler"
"Sollen wir wirklich arbeiten bis zum Umfallen, Frau Scharf?", hat Redakteurin Gisela Rauch Bayerns Sozialministerin gefragt. Das antwortet Ulrike Scharf.
Ulrike Scharf (CSU), Sozialministerin von Bayern, hat auf den Samstagsbrief vom 17. Dezember geantwortet.
Foto: Sven Hoppe, dpa | Ulrike Scharf (CSU), Sozialministerin von Bayern, hat auf den Samstagsbrief vom 17. Dezember geantwortet.
Bearbeitet von Gisela Rauch
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:23 Uhr

Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf hat vor Kurzem vorgeschlagen, die täglichen Arbeitszeiten in der Pflege auf bis zu zwölf Stunden zu verlängern und über eine Wochenarbeitszeit von 48 Stunden zu diskutieren. "Verständigen sich Politiker aus Bund und Ländern parteiübergreifend gerade darauf, "Arbeiten bis zum Umfallen" zum Allheilmittel gegen die Personalnot zu machen?" fragte Redakteurin Gisela Rauch in ihrem Samstagsbrief. Das ist die Antwort von Ulrike Scharf:

Sehr geehrte Frau Rauch,

Ihnen geht es sicher wie mir: Der Beruf, die Arbeit ist mehr als Broterwerb. Arbeit bedeutet auch soziale Teilhabe, die Möglichkeit, das eigene Leben gestalten zu können: Arbeit bringt nicht nur Geld, sie ist auch sinnstiftend. Aus meiner Erfahrung und den vielen Gesprächen mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und auch der Arbeitgeberseite, weiß ich: Wir brauchen mehr Flexibilität. Die aktuellen Regeln stammen größtenteils aus den 90er Jahren.

"Mehr Flexibilität würde für viele Menschen mehr Entlastung bedeuten!"

Die Menschen sollen nicht mehr arbeiten, sondern nur flexibler einteilen können, wann sie arbeiten – innerhalb der geregelten Wochenarbeitszeit. Viele wünschen sich das, ich bekomme viele positive Rückmeldungen. Natürlich wird nicht jeder in jeder Branche sagen, dass das für sie oder ihn ein passendes Modell ist. Deswegen wollen wir auch die Möglichkeit für mehr Flexibilität schaffen.

Wenn jemand heutzutage in Teilzeit arbeitet, zum Beispiel 24 Stunden, dann wäre es flexibel möglich, diese Stunden an zwei Tagen abzuarbeiten – und die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer hätte mehr Freizeit am Stück. Diese kann man zum Beispiel für Familie und Kinder oder für die Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen nutzen. Das größte Pflegeheim ist ja nicht die Einrichtung, sondern das Zuhause – in Bayern werden rund 80 Prozent der Menschen, die pflegebedürftig sind, daheim betreut. Mehr Flexibilität würde für viele Menschen hier mehr Entlastung bedeuten!

"Wir brauchen in einer modernen Berufswelt eine Reform beim Arbeitszeitgesetz"

Diese Flexibilität und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind wichtige Instrumente gegen den Fachkräftemangel. Wir müssen die Arbeitszeitgesetze endlich den Lebensrealitäten der Menschen anpassen. Ich bin mir sicher: Ein moderneres Arbeitszeitgesetz wird auch eine große Chance für eine höhere Beschäftigungsquote bei Frauen sein! Und das sollte doch auch unser gemeinsames Ziel sein, oder?

Die Einhaltung des Arbeitnehmer- und Gesundheitsschutzes hat für mich dabei oberste Priorität. Fest steht für mich aber auch: Wir brauchen in einer modernen Berufswelt eine Reform beim Arbeitszeitgesetz, auf freiwilliger Basis der Beschäftigten. Lassen Sie uns zusammen diskutieren – damit auch in Zukunft gilt: Bayern. Gemeinsam. Stark.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrike Scharf, Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales

 
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Kommentare
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  • Bürgerlehrling
    Ich arbeite in der medizinischen Reha. Was häufig Thema ist, warum bei vielen Menschen soziale Teilhabe nicht klappt, sind oft die flexiblen Arbeitszeiten, die dafür sorgen, dass Menschen nicht mehr so häufig zusammentreffen. Stark belastet sind auch Menschen die über ihre tägliche Regelarbeitszeit hinaus mehrere Tage hintereinander über ihr Limit gehen, dann oft keine zeitl. Kompensation haben und Menschen in zunehmenden Alter in Mehrschichtsystemen. Meiner Erfahrung nach können das jüngere Menschen leichter kompensieren und für sich als mehr Lebensqualität verbuchen. Ältere Menschen hingegen benötigen eher annähernd gleiche Arbeitszeiten, da die Umstellungsfähigkeit abnimmt. Ulrike Scharf sollte sich als bayerische Sozialministerin (ihre Antwort stellt eher eine Disqualifikation für diesen Posten dar) zweimal überlegen, was sie öffentlichkeitswirksam zum besten gibt. Gesundheitswissenschaftlich neuester Stand ist medizinisch und nicht volkswirtschaftlich fundiert Frau Scharf.
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  • kempf-margit@t-online.de
    Werte Frau Scharf,ihrem Vorschlag entnehmend die tägliche Arbeitszeit in der Pflege auf bis zu 12 Stunden zu verlängern ist schon enorm!Ein kleiner Tipp an Sie und ihre Kabinettsmitglieder vollzähliges Erscheinen bei all ihren Sitzungen, ansonsten Diätenabzug! Ihren Brief wenn man liest, fragt man sich wirklich ist diese Dame wirklich Sozialministerin?Sie schreiben Arbeit muss mehr als Broterwerb sein, was meinen Sie, warum Menschen arbeiten gehen, um soziale Teilhabe zu geniessen oder um ihren Lebensunsterhalt zu bestreiten? Ein modernes Arbeitszeitgesetz würde dazu beitragen , dass mehr Frauen in Arbeit kommen!Wir haben in Bayern bereits 80% erwerbstätige Mütter mit zwei und mehr Kindern , die wohlweislich arbeiten! Die täglich Leistungen vollbringen, die manche Leute sich gar nicht vorstellen können! Die dazu beitragen, dass unser Steuersäckel gefüllt wird und das ein gewisses Klientel anständige Bezüge hat. Und dass nennt man dann sozial verträglich!Sitzen Sie am richtigen Platz?
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  • susanne_orf@web.de
    Gerade im Pflegebereich zu glauben, dass man durch eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit mehr Flexibilität erreichen könne, zeugt davon, dass Frau Scharf (und vielen anderen) nicht bewusst ist, wie flexibel Pflegepersonal heute schon ist: immer wieder unangekündigt auf anderen Stationen/ Bereichen arbeiten, bei schlechter Belegung wird man "gebeten" kurzfristig daheim zu bleiben, noch kurzfristiger soll man aus seinem Frei einspringen.

    Dass man flexibel sein muss, was den eigenen Anspruch, den man an die Arbeit, die man leistet, hat, betrifft, darf man auch nicht vergessen: schon seit Jahren ist die Arbeitsverdichtung in der Pflege so hoch, dass man ständig Abstriche in der Versorgung der Pflegebedürftigen machen muss, um einigermaßen mit der Zeit, die einem zur Verfügung steht, hinzukommen.

    Ein bisschen mehr Nachdenken bevor man solche Vorschläge macht, kann man von einer Ministerin schon erwarten - auch wenn Sie, wie eben solche Vorschläge beweisen, von der Materie kaum Ahnung hat.
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  • al-holler@t-online.de
    Zitat: "Die Menschen sollen nicht mehr arbeiten, sondern nur flexibler einteilen können, wann sie arbeiten – innerhalb der geregelten Wochenarbeitszeit":
    "Können" und nicht "müssen" steht da und nichts von Zwang - und das war auch von Anfang an Grundlage ihres Vorschlags.
    Wer das aus welchen Gründen auch immer nicht verstehen WILL - wie m.E. übrigens auch Frau auch seinerzeit - wird sich natürlich auch jetzt durch diese Antwort nicht überzeugen lassen; man müßte ja spätestens jetzt zugeben, dass man - vielleicht sogar in vorauseilendem Gehorsam - nur auf Stimmungsmache und bashing aus war......
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  • susanne_orf@web.de
    @glaubt-nicht-alles: Eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden würde von manchen Arbeitgebern aber missbraucht werden, um Personal noch häufiger dazu zu bewegen, eben auch 48 Stunden (und darüber hinaus) zu arbeiten. Gerade in der Pflege arbeiten viele viel zu gutmütige Menschen, bei denen manch Arbeitgeber genau weiß, an welchen Stellschrauben er drehen muss - häufig wird da geradezu emotional erpresst und aus einem man "kann" bis zu 48 Stunden schnell ein "du musst".

    Und seien wir mal ehrlich: es ist schon seit Jahren Usus, dass im sozialen Bereich das Arbeitszeitgesetz sehr großzügig ausgelegt wird - natürlich von Arbeitgeberseite.
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  • MedDeeg@web.de
    Politische Worthülsen.

    Dieses kosmetische Hin- und Hergeschiebe des vorhandenen Personals führt weder zu mehr Personal noch zu mehr „Flexibilität“.

    Fakt ist: in der Behindertenhilfe bspw. werden die noch vorhandenen Mitarbeiter „flexibel“ von einer Wohngruppe auf die andere geschoben, weil überall Personal fehlt. Es gilt: wo brennt es am meisten.

    Die Fachkraftabdeckung wird vielfach nur noch auf dem Papier erfüllt, „Arbeitszeitregelungen“ sind irrelevant dort, wo 24/7 Betreuung besteht. Es arbeitet der, der gerade nicht krank, nicht im Urlaub ist, nicht gekündigt hat oder durch „Zeitarbeiter“ oder FSJler ersetzt wurde…..
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  • Albatros
    Sehr geehrte Frau Scharf, Sie schreiben, "aus meiner Erfahrung und den vielen Gesprächen mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern", nun, hier konnte ich mir ein Lachen wirklich nicht verkneifen. Spielen Sie bitte nicht die Ministerin, die ganz nah am Bürger dran ist, das glaubt Ihnen eh` kein Mensch. Sie haben mehr oder weniger nach Ihrem Studium sich aussschließlich Ihrer politischen Karriere gewidmet, von einer Nähe zum Bürger sind Sie Lichtjahre entfernt. Anstatt sich verbal auf Bühnen zu bewegen von denen Sie ohnehin nichts verstehen, sollten Sie sich den eigentlichen Problemen Ihres Ressorts widmen. Unser Krankenhaus- und Pflegesystem steht kurz vor dem Kollaps und was tun Sie dagegen? Nichts, außer sprachloses Geschwätz. In der freien Wirtschaft würden Sie keine 2 Jahre überleben, weil Leute wie Sie nach kürzester Zeit wegen Misserfolg ausgewechselt würden. In Ihrer Partei werden Sie bestenfalls nach oben gelobt, der dämliche Steuerzahler finanziert dies alles.
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  • Petsch06120702
    , "aus meiner Erfahrung und den vielen Gesprächen mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern", nun, hier konnte ich mir ein Lachen wirklich nicht verkneifen.

    Genau das gleiche habe ich mir auch gedacht als ich es gelesen habe.
    Nie im Leben sind die nah am Bürger. Und jedes mal muss die Floskel herhalten; "Ich habe viele positive Rückmeldungen erhalten".
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