Bayernweite Premiere: Der Landkreis Würzburg ist der erste im Freistaat, in dem nun ein Feuerwehrbedarfsplan gilt. Am Montag haben die Kreisrätinnen und Kreisräte dem Katalog zugestimmt, der eine Entscheidungsgrundlage für eine bedarfsgerechte Ausrichtung der Feuerwehren sein soll und von der ABC-Schutzausrüstung bis hin zum Wechselladerfahrzeug jede Gerätschaft listet, die im Landkreis Würzburg nötig ist.
Vier Jahre Arbeit stecken in der Zusammenstellung, sagte Kreisbrandrat Michael Reitzenstein. Der Plan sei in enger Abstimmung zwischen der Feuerwehrführung im Landkreis und den einzelnen Feuerwehren erfolgt und bilde unterschiedliche Einsatzszenarien ab.
Im Feuerwehrbedarfsplan werde jetzt geregelt, was der Landkreis sowohl an technischer Ausstattung wie auch personell vorhalten muss. Auch die 52 Gemeinden sind einbezogen, die bereits seit 2016 gesetzlich dazu verpflichtet sind, solche Pläne aufzustellen. Noch im Jahr 2021 sollen Feuerwehrbedarfspläne auch für Landkreise verpflichtend werden.
Immense Wartungskosten für Drehleiter-Fahrzeuge
Im Detail wurde über die Landkreiskarte ein Raster gelegt, das die Einsätze der vergangenen zehn Jahre auf den Quadratkilometer genau darstellt. Dementsprechend sei die nötige Ausstattung festgelegt worden, um die Anforderung fachlich zu begründen, so Reitzenstein. Konkret heißt das, in welchen Einsatzbereichen werde beispielsweise noch ein Rüstwagen benötigt, wo sind bereits welche vorhanden. So stellte sich heraus, dass neben Ochsenfurt, Sonderhofen, Rottendorf und Hettstadt noch in drei weiteren Orten ein solcher Rüstwagen nötig ist. Auch zwei weitere Fahrzeuge für Einsatzleiter sind erforderlich.
Auch für Gemeinden, die sich ein Hubrettungsfahrzeug (Drehleiter) anschaffen wollen, wurden Anreize geschaffen. Nicht nur der Kauf wird jetzt zusätzlich zum staatlichen Zuschuss vom Landkreis gefördert, auch die immens hohen Wartungskosten sollen mit 5000 Euro im Jahr aus der Kreiskasse bezuschusst werden.
Was kostet der Feuerwehrbedarfsplan dem Landkreis Würzburg?
Kreisrat Wolfgang Kuhl (FDP) beantragte in diesem Zusammenhang auch eine Förderung für Boote, wie sie etwa bei Ölunfällen auf dem Main oder bei Hochwasser zum Einsatz kommen. Beispielsweise stünde Erlabrunn – Kuhl ist dort im Gemeinderat – vor dem Kauf eines solchen. Und als ehemaliger Oberbrandmeister in Duisburg wisse er, wie teuer der Unterhalt für Boote sein kann. Sein Antrag wurde aber mehrheitlich abgelehnt, der Zuschuss für die Wartung der Drehleiter-Fahrzeuge soll eine Ausnahme bleiben.
Vor der Abstimmung wollte Kreisrat Stefan Rettner (Bündnis 90/Die Grünen) noch wissen, welche Kosten für den Landkreis Würzburg mit der Umsetzung des Feuerwehrbedarfsplans verbunden sind. Grob rechnet Reitzenstein für die nächsten zehn Jahre mit 500 000 Euro jährlich.
Atemschutzpool soll Einsatzbereitschaft der Feuerwehren sicher stellen
Die Kreisrätinnen und Kreisräte stimmten aber nicht nur dem Feuewehrbedarfsplan zu, auch andere Vorhaben fanden Zustimmung. So wird nun ein Atemschutzpool eingerichtet. Die Kreisverwaltung will als Partner der Gemeinden zentral die Atemschutzgeräte beschaffen und einen Pool vorhalten, um sicher zu stellen, dass die örtlichen Feuerwehren unabhängig von turnusgemäßen Überprüfungen immer über einsatzbereite Atemschutzgeräte verfügen können.
Zuletzt habe es vor wenigen Tagen bei einem Einsatz in Winterhausen Probleme gegeben, berichtete Reitzenstein. Noch gut könne er sich an den Funkspruch der Feuerwehr aus Winterhausen erinnern, die dringend 20 Geräte gebraucht hätte, weil ein Teil ihrer Ausrüstung nach Einsätzen in Kleinochsenfurt, Gaubüttelbrunn und Giebelstadt noch zur Wartung war.
Bei rund 250 Euro pro Jahr und Gerät würden die Kosten für die jeweiligen Gemeinden liegen. Zur Zeit hätten die 112 Feuerwehren im Landkreis und die Werksfeuerwehr der Firma Südzucker in Ochsenfurt insgesamt 684 Geräte unterschiedlicher Hersteller. Gut 700 gleiche Atemschutzgeräte sollen nun zentral beschafft werden. Der Auftrag werde europaweit ausgeschrieben. Auch ein für den Atemschutzpool erforderlicher Anbau ans Feuerwehrzentrum Klingholz fand die Zustimmung des Kreistags.
Weil es bei der Feuerwehr gerade die "eine oder andere Reiberei gibt" (Landrat Thomas Eberth, CSU) ging Reitzenstein auch auf seinen Rücktritt als Kreisbrandrat ein. Vor allem erläuterte er, wie es unter seiner Ägide weitergehen soll. Er will nämlich wieder kandidieren, wenn die Kommandantinnen und Kommandanten der Feuerwehren am 9. Juni einen neuen Kreisbrandrat wählen.
Reitzenstein denkt darüber nach, die Organisationsstruktur der Kreisbrandinspektion Würzburg zu verändern. Weil seine Gedanken dazu, die er als Diskussionsgrundlage verstanden wissen will, bereits als Entscheidungen "verkauft" worden seien und sich Kommunalpolitiker und -politikerinnen eingemischt haben, sehe er einen Vertrauensverlust.
Konkreter wird Reitzenstein aber nicht. Er möchte die Organisation der Kreisbrandinspektion verschlanken, weil "die Feuerwehren in diesem Jahrzehnt vor großen Herausforderungen stehen". Zentrale Aufgaben, wie beispielsweise Ausbildung und Digitalisierung, könnten in die Hand einer Führungskraft gelegt werden. In der Fachwelt werde auch empfohlen, die Feuerwehr-Inspektionsbereiche denen der Polizei anzupassen. Das wären dann künftig zwei, statt vier Abschnitte, in die sich der Landkreis Würzburg gliedern würde. "Das macht aber keinen Sinn", sagt Reitzenstein. Er lässt aber offen, welche Vorstellungen er hat. Eventuell könnte der Bereich Mitte aufgelöst werden, wird in Feuerwehrkreisen spekuliert.
Wird sich nach der Wahl des Kreisbrandrats das Personalkarussell drehen?
"Ich brauche Vertrauen in der eigenen Führungsmannschaft und das Vertrauen der Politik", sagte Reitzenstein und betonte, dass er mit einer entsprechenden Mannschaft in eine weitere Amtszeit gehen würde. Denn als neu gewählter Kreisbrandrat kann er die Kreisbrandmeister und -inspektoren in Abstimmung mit dem Landratsamt neu bestimmen. Da Reitzensten zuletzt Querelen mit seinen vier Stellvertretern austragen musste, könnte sich das Personalkarussell in der Landkreis-Feuerwehr im Falle seiner Wiederwahl kräftig drehen.
Allerdings befürchte ich bereits jetzt, dass die Verantwortungsträger, je näher es wieder auf irgendwelche Wahlen zugeht, bei örtlichen "Spezialbeschaffungswünschen" umfallen. Frei nach dem Motto: "Unser Feuerwehrhaus hat zwei Tore, wir brauchen auch zwei, der Torgröße angemessene Autos".
Es gibt leider mittlerweile genug Dörfer, die bis unter die Zähne aufgerüstet, jedoch während der Woche tagsüber nur wenig einsatzfähig sind. Aber Hauptsache, das neue Auto wird beim Maibaumaufstellen vorgezeigt.
Es stellt sich beim Bedarfsplan für mich die Frage, wenn dieser ehrlich gemeint ist, ob man dann auch völlig überdimensionierte Fahrzeuge in einigen Orten abzieht und damit Wehren, die 24/7 einsatzfähig sind, stärkt. Also eine Neuverteilung des vorhandenen und auf Kreisebene eigentlich ausreichenden Materials. Ich glaube nicht dran....
Weiterhin wird ja genau hierdurch ein Fahrplan festgelegt, was wird benötigt und was wären Investitionen, die hinten angestellt werden können.
Dass der Landkreis hier im Ganzen denkt ist doch prima, um das Gemeindesäckchen zu entlasten. So kocht nicht jede Kommune ihre eigene Suppe. Und ganz nebenbei stehen sich Sonderfahrzeuge nicht die Reifen eckig, da sie vll doch den einen oder anderen Einsatz mehr fahren.
Wenn man die Berichterstattung so verfolgt hat, sind einem gewisse Zweifel an der Führungskompetenz erlaubt. Es gibt nur eine Meinung, die des Chefs und die falsche.... Alter Führungsgrundsatz.