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Würzburg
Trotz Querelen: Der Landkreis Würzburg schreibt Feuerwehrgeschichte
Reibereien mit den Kreisbrandinspektoren, ein enttäuschter Kreisbrandrat: Bei der Feuerwehr im Landkreis Würzburg ist viel los. Nicht nur auf der zwischenmenschlichen Ebene.
Mehr Lagerflächen werden am Feuerwehrzehntrum in Klingholz benötigt. Der Kreistag stimmte entsprechenden Erweiterungsplänen zu. 
Foto: Gerhard Meißner | Mehr Lagerflächen werden am Feuerwehrzehntrum in Klingholz benötigt. Der Kreistag stimmte entsprechenden Erweiterungsplänen zu. 
Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:08 Uhr

Bayernweite Premiere: Der Landkreis Würzburg ist der erste im Freistaat, in dem nun ein Feuerwehrbedarfsplan gilt. Am Montag haben die Kreisrätinnen und Kreisräte dem Katalog zugestimmt, der eine Entscheidungsgrundlage für eine bedarfsgerechte Ausrichtung der Feuerwehren sein soll und von der ABC-Schutzausrüstung bis hin zum Wechselladerfahrzeug jede Gerätschaft listet, die im Landkreis Würzburg nötig ist.

Vier Jahre Arbeit stecken in der Zusammenstellung, sagte Kreisbrandrat Michael Reitzenstein. Der Plan sei in enger Abstimmung zwischen der Feuerwehrführung im Landkreis und den einzelnen Feuerwehren erfolgt und bilde unterschiedliche Einsatzszenarien ab. 

Im Feuerwehrbedarfsplan werde jetzt geregelt, was der Landkreis sowohl an technischer Ausstattung wie auch personell vorhalten muss. Auch die 52 Gemeinden sind einbezogen, die bereits seit 2016 gesetzlich dazu verpflichtet sind, solche Pläne aufzustellen. Noch im Jahr 2021 sollen Feuerwehrbedarfspläne auch für Landkreise verpflichtend werden. 

Immense Wartungskosten für Drehleiter-Fahrzeuge

Im Detail wurde über die Landkreiskarte ein Raster gelegt, das die Einsätze der vergangenen zehn Jahre auf den Quadratkilometer genau darstellt. Dementsprechend sei die nötige Ausstattung festgelegt worden, um die Anforderung fachlich zu begründen, so Reitzenstein. Konkret heißt das, in welchen Einsatzbereichen werde beispielsweise noch ein Rüstwagen benötigt, wo sind bereits welche vorhanden. So stellte sich heraus, dass neben Ochsenfurt, Sonderhofen, Rottendorf und Hettstadt noch in drei weiteren Orten ein solcher Rüstwagen nötig ist. Auch zwei weitere Fahrzeuge für Einsatzleiter sind erforderlich.

Auch für Gemeinden, die sich ein Hubrettungsfahrzeug (Drehleiter) anschaffen wollen, wurden Anreize geschaffen. Nicht nur der Kauf wird jetzt zusätzlich zum staatlichen Zuschuss vom Landkreis gefördert, auch die immens hohen Wartungskosten sollen mit 5000 Euro im Jahr aus der Kreiskasse bezuschusst werden.  

Was kostet der Feuerwehrbedarfsplan dem Landkreis Würzburg?

Kreisrat Wolfgang Kuhl (FDP) beantragte in diesem Zusammenhang auch eine Förderung für Boote, wie sie etwa bei Ölunfällen auf dem Main oder bei Hochwasser zum Einsatz kommen. Beispielsweise stünde Erlabrunn – Kuhl ist dort im Gemeinderat – vor dem Kauf eines solchen. Und als ehemaliger Oberbrandmeister in Duisburg wisse er, wie teuer der Unterhalt für Boote sein kann. Sein Antrag wurde aber mehrheitlich abgelehnt, der Zuschuss für die Wartung der Drehleiter-Fahrzeuge soll eine Ausnahme bleiben.

Michael Reitzenstein ist vom Amt des Kreisbrandrates zurückgetreten. Am 9. Juni soll der oberste Feuerwehrchef im Landkreis Würzburg neu gewählt werden. Reitzenstein will wieder kandidieren. 
Foto: Thomas Obermeier | Michael Reitzenstein ist vom Amt des Kreisbrandrates zurückgetreten. Am 9. Juni soll der oberste Feuerwehrchef im Landkreis Würzburg neu gewählt werden. Reitzenstein will wieder kandidieren. 

Vor der Abstimmung wollte Kreisrat Stefan Rettner (Bündnis 90/Die Grünen) noch wissen, welche Kosten für den Landkreis Würzburg mit der Umsetzung des Feuerwehrbedarfsplans verbunden sind. Grob rechnet Reitzenstein für die nächsten zehn Jahre mit 500 000 Euro jährlich.  

Atemschutzpool soll Einsatzbereitschaft der Feuerwehren sicher stellen

Die Kreisrätinnen und Kreisräte stimmten aber nicht nur dem Feuewehrbedarfsplan zu, auch andere Vorhaben fanden Zustimmung. So wird nun ein Atemschutzpool eingerichtet. Die Kreisverwaltung will als Partner der Gemeinden zentral die Atemschutzgeräte beschaffen und einen Pool vorhalten, um sicher zu stellen, dass die örtlichen Feuerwehren unabhängig von turnusgemäßen Überprüfungen immer über einsatzbereite Atemschutzgeräte verfügen können. 

Zuletzt habe es vor wenigen Tagen bei einem Einsatz in Winterhausen Probleme gegeben, berichtete Reitzenstein. Noch gut könne er sich an den Funkspruch der Feuerwehr aus Winterhausen erinnern, die dringend 20 Geräte gebraucht hätte, weil ein Teil ihrer Ausrüstung nach Einsätzen in Kleinochsenfurt, Gaubüttelbrunn und Giebelstadt noch zur Wartung war. 

Bei rund 250 Euro pro Jahr und Gerät würden die Kosten für die jeweiligen Gemeinden liegen. Zur Zeit hätten die 112 Feuerwehren im Landkreis und die Werksfeuerwehr der Firma Südzucker in Ochsenfurt insgesamt 684 Geräte unterschiedlicher Hersteller. Gut 700 gleiche Atemschutzgeräte sollen nun zentral beschafft werden. Der Auftrag werde europaweit ausgeschrieben. Auch ein für den Atemschutzpool erforderlicher Anbau ans Feuerwehrzentrum Klingholz fand die Zustimmung des Kreistags.

"Ich brauche Vertrauen in der eigenen Führungsmannschaft und das Vertrauen der Politik."
Michael Reitzenstein, Kreisbrandrat

Weil es bei der Feuerwehr gerade die "eine oder andere Reiberei gibt" (Landrat Thomas Eberth, CSU) ging Reitzenstein auch auf seinen Rücktritt als Kreisbrandrat ein. Vor allem erläuterte er, wie es unter seiner Ägide weitergehen soll. Er will nämlich wieder kandidieren, wenn die Kommandantinnen und Kommandanten der Feuerwehren am 9. Juni einen neuen Kreisbrandrat wählen. 

Reitzenstein denkt darüber nach, die Organisationsstruktur der Kreisbrandinspektion Würzburg zu verändern. Weil seine Gedanken dazu, die er als Diskussionsgrundlage verstanden wissen will,  bereits als Entscheidungen "verkauft" worden seien und  sich Kommunalpolitiker und -politikerinnen eingemischt haben, sehe er einen Vertrauensverlust. 

Konkreter wird Reitzenstein aber nicht. Er möchte die Organisation der Kreisbrandinspektion verschlanken, weil "die Feuerwehren in diesem Jahrzehnt vor großen Herausforderungen stehen". Zentrale Aufgaben, wie beispielsweise Ausbildung und Digitalisierung, könnten in die Hand einer Führungskraft gelegt werden. In der Fachwelt werde auch empfohlen, die Feuerwehr-Inspektionsbereiche denen der Polizei anzupassen. Das wären dann künftig zwei, statt vier Abschnitte, in die sich der Landkreis Würzburg gliedern würde. "Das macht aber keinen Sinn", sagt Reitzenstein. Er lässt aber offen, welche Vorstellungen er hat. Eventuell könnte der Bereich Mitte aufgelöst werden, wird in Feuerwehrkreisen spekuliert.

Wird sich nach der Wahl des Kreisbrandrats das Personalkarussell drehen?

"Ich brauche Vertrauen in der eigenen Führungsmannschaft und das Vertrauen der Politik", sagte Reitzenstein und betonte, dass er mit einer entsprechenden Mannschaft in eine weitere Amtszeit gehen würde. Denn als neu gewählter Kreisbrandrat kann er die Kreisbrandmeister und -inspektoren in Abstimmung mit dem Landratsamt neu bestimmen. Da Reitzensten zuletzt Querelen mit seinen vier Stellvertretern austragen musste, könnte sich das Personalkarussell in der Landkreis-Feuerwehr im Falle seiner Wiederwahl kräftig drehen.   

 
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  • ba.stark@web.de
    Es bleibt zu hoffen, dass KBR ( der jetzige und der zukünftige), Landrat und auch die Bürgermeister standhaft bleiben und die Linie so durchziehen.

    Allerdings befürchte ich bereits jetzt, dass die Verantwortungsträger, je näher es wieder auf irgendwelche Wahlen zugeht, bei örtlichen "Spezialbeschaffungswünschen" umfallen. Frei nach dem Motto: "Unser Feuerwehrhaus hat zwei Tore, wir brauchen auch zwei, der Torgröße angemessene Autos".

    Es gibt leider mittlerweile genug Dörfer, die bis unter die Zähne aufgerüstet, jedoch während der Woche tagsüber nur wenig einsatzfähig sind. Aber Hauptsache, das neue Auto wird beim Maibaumaufstellen vorgezeigt.

    Es stellt sich beim Bedarfsplan für mich die Frage, wenn dieser ehrlich gemeint ist, ob man dann auch völlig überdimensionierte Fahrzeuge in einigen Orten abzieht und damit Wehren, die 24/7 einsatzfähig sind, stärkt. Also eine Neuverteilung des vorhandenen und auf Kreisebene eigentlich ausreichenden Materials. Ich glaube nicht dran....
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  • gaugruzi@web.de
    Was bringt ein Feuerwehrbedarfsplan, wenn sich keiner dran hält ? Der wird vermutlich bis jedes Jahr auf den letzten Euro ausgeschöpft und dann wenn Material bzw. Fahrzeuge kaputt gehen, wir dennoch Ersatz angeschafft (werden müssen). Ist meiner Meinung nach nicht sinnvoll. Sicherlich muss die Einsatzsicherheit sicher gestellt werden, leider ist die Materialbeschaffung ist total überteuert ! Nur weil Material für die Feuerwehr gedacht ist, ist es dreimal zu teurer ! Im privaten wäre es günstiger aber es muss ja über Spezialhändler angeschafft werden ! Mach teilweise sinn aber nicht bei baugleichen Handschuhen, Schuhe oder Taschenlampen.....
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  • Bolde112
    Naja, wenn man sich ein wenig mit den gelten Feuerwehrdienstvorschriften, für die Feuerwehren technischen Regeln, Vorgaben der gesetzlichen Unfallversicherern usw auskennt, macht ein Feuerwehrbedarfsplan schon durchaus Sinn. Wenn ein notwendiger Dekonplatz Stufe 2 in einem möglichen ABC-Einsatz spätestens 15 Minuten nach Anschluss des ersten Atemluftflasche an die Atemschutzmaske betriebsbereit sein muss, das Jeweilige Fahrzeug aber 45 Minuten quer durch den Landkreis fahren muss, funktioniert das nicht!
    Weiterhin wird ja genau hierdurch ein Fahrplan festgelegt, was wird benötigt und was wären Investitionen, die hinten angestellt werden können.
    Dass der Landkreis hier im Ganzen denkt ist doch prima, um das Gemeindesäckchen zu entlasten. So kocht nicht jede Kommune ihre eigene Suppe. Und ganz nebenbei stehen sich Sonderfahrzeuge nicht die Reifen eckig, da sie vll doch den einen oder anderen Einsatz mehr fahren.
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  • georg-ries@web.de
    Ein geschickter Schachzug des KBR. Rücktritt und erneut kandidieren. Missliebige Vertreter sortiert er aus..... Inwieweit sind die erfoederlichen Beschaffungen mit den einzelnen Wehren und Gemeinden besprochen oder ist das mehr eine Onemanshow??
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  • letsgo101
    Wenn Sie den Artikel richtig gelesen haben dann sollten Sie erkannt haben "Der Plan sei in enger Abstimmung zwischen der Feuerwehrführung im Landkreis und den einzelnen Feuerwehren erfolgt und bilde unterschiedliche Einsatzszenarien ab". Sollten Sie dann noch etwas mit dem Thema Feuerwehr vertraut sein dann würden Sie erkennen das der KBR den Gemeinden die Aufgaben erleichtern möchte, siehe z.B. Atemschutzpool, Flächendeckende Beschaffung von Fahrzeugen, usw. Weiter ist es an der Zeit die Feuerwehren aus ihrem Trott heraus zu holen und der heutigen Zeit anzupassen. Wenn natürlich die Führungskräfte hier nicht teilhaben möchten dann muß der KBR handeln. Jetzt ist Er zurückgetreten, was aber nicht heißt das Er nicht mehr kandidieren darf. Mit jeder Neuwahl des KBR werden dann auch die KBI`s und KBM`s ernannt.
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  • Arcus
    Das sehe ich ähnlich. Da gibts Feuerwehrleute, die schauen in die Zukunft und andere, die möchten am liebsten im alten Trott weitermachen. Letztere wagen den Aufstand und blockieren. Meist aus Trotz.
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  • georg-ries@web.de
    "sei in enger Abstimmung erfolgt", sehen das die einzelnen Feuerwehren auch so? Anscheinend ist diese Behauptung mit Vorsicht zu genießen. Sonst stünde da "ist in enger Abstimmung erfolgt"!
    Wenn man die Berichterstattung so verfolgt hat, sind einem gewisse Zweifel an der Führungskompetenz erlaubt. Es gibt nur eine Meinung, die des Chefs und die falsche.... Alter Führungsgrundsatz. grinsen
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