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Würzburg
Totenkulte, Digitales, Sanskrit: 5 Studierende der Uni Würzburg erzählen von ihren ungewöhnlichen Studiengängen
Nicht nur Medizin, Jura oder Psychologie - die Universität Würzburg bietet auch Studiengänge abseits der Klassiker. Fünf junge Leute berichten über ihr exotisches Fach.
Jura, BWL oder Medizin? Nicht alle entscheiden sich für ein klassisches Fach im Studium. Fünf Studierende erzählen von ihren außergewöhnlichen Studiengängen.
Foto: Getty Images, Collage: D. Biscan | Jura, BWL oder Medizin? Nicht alle entscheiden sich für ein klassisches Fach im Studium. Fünf Studierende erzählen von ihren außergewöhnlichen Studiengängen.
Christina Bartholome
 |  aktualisiert: 20.10.2023 03:29 Uhr

Zum Semesterstart an den Hochschulen in Bayern strömen wieder zahlreiche Studierende in die Hörsäle. Nicht alle von ihnen haben sich für ein klassisches Fach wie Jura oder Medizin entschieden. Im Angebot der Universität Würzburg finden sich auch einige Nischenfächer.

Hier erzählen fünf Studierende aus Würzburg, weshalb sie sich für ein außergewöhnliches Studienfach entschieden haben und was sie daran begeistert.

1. Veronika Appel (28) studiert Ägyptologie: "Mich interessiert alles, was mit Totenkulten zutun hat"

Veronika Appel studiert Ägyptologie im ersten Mastersemester.
Foto: Veronika Appel | Veronika Appel studiert Ägyptologie im ersten Mastersemester.

"Die Begeisterung für Ägypten hat mich gepackt, als ich als Kind den Film 'Die Mumie' gesehen habe. Mittlerweile studiere ich Ägyptologie. Das Fach hat drei Säulen: Archäologie, Geschichte und Philologie, also Sprachwissenschaft. Wir lernen die einzelnen ägyptischen Sprachstufen, von Hieroglyphen bis zum Koptischen, und die ägyptische Geschichte von etwa 3000 vor bis 600 nach Christus. In der Archäologie können wir auch Praktika in Ägypten machen. Ich habe da schon mitgeholfen, die Inschriften eines Tempels in der Stadt Edfu mit einem 3D-Scanner zu digitalisieren.

Meine Familie und Freunde haben erstmal erstaunt auf meine Studienwahl reagiert. Jetzt sehen sie, was ich in Ägyptologie so mache und sind neidisch auf meine Dienstreisen. Ich interessiere mich besonders für alles, was mit Totenkulten zutun hat: für Mythologie, Religion, Mumifizierung. Nach dem Master möchte ich an der Uni bleiben und in dem Bereich forschen."

2. Lyric Stott (33) studiert Museologie und materielle Kultur: "Wir erzählen eine Geschichte mit Objekten"

Lyric Stott studiert Museologie und materielle Kultur im fünften Bachelorsemester.
Foto: Heike Schulte | Lyric Stott studiert Museologie und materielle Kultur im fünften Bachelorsemester.

"Ich liebe Museen. Die immer wechselnden Themen, die Kreativität, immer etwas Neues lernen zu können - das begeistert mich. Die Museologie ist eine Mischung aus Philosophie und praktischer Arbeit. Wir diskutieren darüber, was, warum und wie wir etwas ausstellen. Mit den Objekten erzählen wir ja immer eine Geschichte. In den Übungen konzipieren wir eigene Ausstellungen, die zum Teil auch schon in Museen stattfinden.

Mir gefällt, dass der Studiengang eher klein und nicht so anonym ist. Wir haben alle eine persönliche Verbindung miteinander und es fällt leicht, die Lehrenden nach Hilfe zu fragen. Nach dem Studium möchte ich in einem Museum arbeiten, am liebsten im Bereich Provenienzforschung und Kolonialismus. Da untersuchen wir, wo ein Objekt ursprünglich herkommt, wem es einmal gehört hat und ob es rechtmäßig gekauft worden ist oder ob es sich um Raubkunst handelt."

3. Selina Mutzbauer (24), studiert Mensch-Computer-Systeme: "Relevant überall dort, wo Menschen und digitale Systeme aufeinandertreffen"

Selina Mutzbauer studiert Mensch-Computer-Systeme im fünften Bachelorsemester.
Foto: Victoria Porcu | Selina Mutzbauer studiert Mensch-Computer-Systeme im fünften Bachelorsemester.

"Im Studiengang Mensch-Computer-Systeme untersuchen wir, wie Menschen und Computer miteinander interagieren. Das Fach kombiniert Informatik und Psychologie. Wir schauen uns an, wie Technik so designt werden kann, dass sie für Menschen gut und möglichst fehlerfrei nutzbar ist.

Relevant werden wir überall dort, wo Menschen und digitale Systeme aufeinandertreffen. Da geht es ganz klassisch um das Smartphone und den PC, aber auch um intelligente Kühlschränke, Autos oder Spielekonsolen. Es geht dann um Fragen der Nutzbarkeit, aber auch um Sicherheit: Wie muss ein Flugzeugcockpit aufgebaut sein, damit es möglichst fehlerfrei nutzbar ist? Wie können Computer mitdenken, zum Beispiel indem sie Dokumente im Hintergrund speichern, wenn wir das beim Ausschalten vergessen?

Mir macht das Designen von User Interface und User Experience am meisten Spaß. Da geht es darum, wie Apps gestaltet sein müssen, damit sie visuell ansprechend und zugleich gut nutzbar sind. In dem Bereich möchte ich gerne später arbeiten."

4. Johannes Leitgeb (24), Digital Humanities: "Das Mathematische ist ein guter Ausgleich zur Geisteswissenschaft"

Johannes Leitgeb studiert Digital Humanities im dritten Mastersemester.
Foto: Thomas Ludewig | Johannes Leitgeb studiert Digital Humanities im dritten Mastersemester.

"Die Digital Humanities kombinieren Geisteswissenschaften mit Informatik. Wir überführen analoge Gegenstände aus den Geisteswissenschaften, wie Literatur oder Kunst, ins Digitale und arbeiten dann mit diesen digitalen Objekten.

Beispielsweise entwickeln wir Verfahren, um automatisch zu erkennen, welches Gefühl in einem Text steckt. So können wir untersuchen, ob die Literatur in einem bestimmten Zeitraum positiver oder negativer geworden ist, aber auch Hate Speech in den sozialen Netzwerken analysieren. Mir gefällt die Vielfalt in den Digital Humanities. Alle haben unterschiedliche Schwerpunkte: Manche wie ich in der Literaturwissenschaft, andere in der Politikwissenschaft, Philosophie oder Informatik. Und das Mathematische des Digitalen ist ein guter Ausgleich zur Geisteswissenschaft.

Die Jobchancen in unserem Bereich schätze ich als sehr gut ein. Wir können in allen Bereichen arbeiten, die mit der Verarbeitung von Bildern oder natürlicher Sprache zutun haben, das wird gerade mit ChatGPT besonders relevant. Ich selbst möchte an der Uni bleiben und zur Geschichte des Digitalen forschen."

5. Ralf Englberger (22) studiert Vergleichende indogermanische Sprachwissenschaft: "Die Gemeinsamkeiten in den Sprachen macht mich ehrfürchtig"

Ralf Englberger studiert Vergleichende indogermanische Sprachwissenschaft im zweiten Bachelorsemester.
Foto: Kathrin Leinfelder | Ralf Englberger studiert Vergleichende indogermanische Sprachwissenschaft im zweiten Bachelorsemester.

"In der Indogermanistik wollen wir herausfinden, wie die Leute vor etwa 6000 Jahren gesprochen haben. Die indogermanischen Sprachen reichen von Irland bis nach Westchina. Die Gemeinsamkeiten in den Sprachen, die geographisch so weit auseinander liegen, zu sehen, macht mich ehrfürchtig. Gerade jetzt, wo wir wieder stärker mit nationalistischem Gedankengut konfrontiert sind, hilft die Indogermanistik, nationale Grenzen und den Anspruch daran zu brechen, die ursprüngliche Sprache sein zu wollen.

Das Studium besteht zu einem großen Teil aus Sprachkursen. Latein, Altgriechisch und das altindische Sanskrit sind Pflicht, ebenso indogermanische Grammatik als übergreifendes Fach. Wir sind so wenige Studierende, dass eine Vorlesung auch mal zu einem persönlichen Gespräch mit dem Professor werden kann. Ich finde es angenehm, dass es so familiär ist. Man kann nicht in der Anonymität großer Hörsäle untergehen.

Wo ich einmal arbeiten werde, lasse ich noch auf mich zukommen. Ein eindeutiges Berufsziel hat die Indogermanistik nicht. Am besten bleibt man in der Forschung, es gibt aber auch Stellen in Bibliotheken und Museen oder auch in der Dialektforschung."

 
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