Der Zeitpunkt hätte symbolträchtiger kaum sein können: Einen Tag, bevor sich der Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine zum ersten Mal jährt, hat die Stadt Würzburg mit der westukrainischen Stadt Lwiw eine Städtepartnerschaft begründet. Im Rathaus der 725.000-Einwohner-Stadt unterzeichneten Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt und Lwiws Bürgermeister Andrij Sadovyj an diesem Donnerstag die Partnerschaftsurkunden.
Die Gastgeberinnen und Gastgeber in Lwiw ließen im prächtigen klassizistischen Rathaus keinen Zweifel daran, dass sie der neuen Partnerschaft mit Würzburg große Bedeutung beimessen: An der Zeremonie im Sitzungssaal nahm neben der Stadtspitze auch der Stadtrat teil. Die Delegation aus Würzburg - neben Schuchardt und seinem Mitarbeiter Jacek Braminski auch die gebürtige Ukrainerin Julia Spivak und Tobias Winkler vom Verein "Liebe im Karton" - war am Mittwoch in Lwiw angekommen und hatte sich unter anderem über ein Herzensanliegen des Bürgermeisters informiert: das Nationale Rehabilitationszentrum "Unbroken", dessen Schwerpunkt derzeit die Versorgung von Verletzten des Krieges ist.
In das Rehabilitationszentrum "Unbroken" sind schon 200.000 Euro aus Würzburg geflossen
In den Ausbau des Zentrums, in dem – vom Kind bis zum Greis – kriegsverstümmelte Menschen ebenso versorgt werden wie Menschen mit anderen Körperschäden oder psychischen Beeinträchtigungen infolge des Krieges, sind bereits 200.000 Euro aus Würzburg geflossen, konkret in die Finanzierung eines Erweiterungsbaus. OB Schuchardt sagte in Lwiw nun weitere Unterstützung zu.
Lwiw liegt rund 90 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt, aktuell sind dort 150.000 Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten untergekommen. Bürgermeister Andrij Sadovyj hält die Unterstützung von Kommune zu Kommune für ausgesprochen wichtig und sagt: "Die Kooperation mit europäischen Städten ist für uns eine einzigartige Chance zum Überleben." Für Christian Schuchardt ist die neue Verbindung zwischen den beiden Städten "eine Partnerschaft für den Frieden, einen Frieden in Freiheit". Die gelte insbesondere für die nächste Generation.
Vertreterinnen und Vertreter genau dieser Generation hatte die Stadt Lwiw zur Vertragsunterzeichnung ins Rathaus eingeladen: Schülerinnen und Schüler aus dem Deutschunterricht zweier Kiewer Lyzeen. "Es ist eine große Ehre, dass Sie zu uns kommen und uns unterstützen", sagte die 16-jährige Domenica auf deutsch zu Schuchardt und wollte wissen: "War es schwierig, die Entscheidung zu treffen, in Kriegszeiten in die Ukraine zu kommen?" Es sei ihm "und vielen Menschen in Würzburg ein Bedürfnis, unsere Solidarität auszudrücken", antwortete Schuchardt und nannte als Beispiel den mitgereisten Tobias Winkler, der mit "Liebe im Karton" bereits Hunderte Hilfstransporte in die Ukraine organisiert hat.
Beim Austausch von Urkunden und Städtefahnen soll es nun nicht bleiben, zumal die jetzt vereinbarte Partnerschaft bereits eine mehrjährige Vorgeschichte hat. Die Universität Würzburg pflegt bereits seit 2014 Partnerschaften mit Hochschulen in Lwiw, die Zusammenarbeit soll jetzt als ein Standbein der neuen Städtepartnerschaft weiter ausgebaut werden.
Die Zusammenarbeit zwischen Würzburg und Lwiw war bereits kurz nach dem Beginn des Ukraine-Krieges angebahnt worden. Nach Videokonferenzen mit beiden Stadtoberhäuptern war man sich im Frühjahr 2022 über die Begründung einer Städtepartnerschaft schnell einig geworden.
Neben der Städtepartnerschaft mit Lwiw soll es auch eine Beziehung zur 200.000-Einwohner-Stadt Luzk geben, die rund 150 Kilometer nordöstlich von Lwiw in der Oblast Wolhynien liegt. Hier ist eine Städtefreundschaft geplant: keine formale Städtepartnerschaft, sondern ein Zusammenschluss der Bürgerinnen und Bürger. Eine Städtepartnerschaft plant Luzk unterdessen auch - mit Schweinfurt. Eine entsprechende Absichtserklärung gibt es bereits, der Schweinfurter Stadtrat hat dem Vorhaben zugestimmt.
Mannmann, irgendeiner hat immer was zu meckern....