Dass die Reise der kleinen Delegation aus Würzburg in die künftige Partnerstadt Lwiw in der Ukraine keine gewöhnliche Dienstreise sein wird, dafür gibt es am Frühstückstisch im Hotel in Krakau ein unmissverständliches Zeichen und ein unüberhörbares dazu. Obwohl wohl wir noch rund 250 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt sind, meldet sich am Handy von OB Christian Schuchardt plötzlich lautstark die Warn-App "Air Alert". Sie meldet Luftalarme im Gebiet der Ukraine. Was für die Menschen in der Region Lwiw Alltag ist, sorgt auch im sicheren Krakau für einen nachdenklichen Moment.
Seit Kriegsbeginn ist die Anreise von Deutschland in die Ukraine komplizierter geworden, das ist auch der Grund für den Zwischenstopp in Krakau. Auch hier ist unübersehbar, dass in der Ukraine Krieg herrscht. In der Stadt haben viele Menschen aus der Ukraine Aufnahme gefunden. Unserer Gruppe gehört die gebürtige Ukrainerin Julia Spivak an, sie ist schon am Tag zuvor nach Krakau gefahren. Immer wieder hat sie auf der Straße ihre Muttersprache gehört. "In der Stadt gab es gestern auch eine Demonstration von Ukrainern. Sie sind den Polen für die Unterstützung dankbar, haben erst die polnische und dann die ukrainische Hymne gesungen", sagt sie.
Auch im Stadtbild ist die Ukraine präsent. An Häusern der historischen Altstadt prangen die blaugelben Fahnen, in einem der restaurierten Altstadthäuser gibt es jetzt ein ukrainisches Restaurant. Wie nah den Menschen hier das Thema Krieg und Besatzung ist, haben wir auch bei der mitternächtlichen Fahrt vom Krakauer Flughafen ins Hotel erfahren. Der Taxifahrer, der uns in 20 Minuten eine bemerkenswerte Kombi aus Stadtführung und Crashkurs in polnischer Geschichte verabreicht, sagt: "Den Ukrainern geht es jetzt wie uns Polen früher."
Zu Fuß über die Grenze von Polen nach der Ukraine
Von Krakau geht es am Vormittag mit dem Zug weiter in die Grenzstadt Przemyśl. Eigentlich hätte uns bereits dort ein Wagen der Stadtverwaltung Lwiw abholen sollen. Doch an diesem Tag steht in Lwiw kein Fahrer über 60 Jahren zur Verfügung, und Männer unter 60 dürfen das Land nicht verlassen. Also fahren wir mit zwei Taxis zur Kontrollstelle und überqueren zu Fuß die Grenze zur Ukraine und steigen danach ins Großraumtaxi.
Schon wenige Kilometer nach der Grenze sehen wir entlang der 90 Kilometer bis Lwiw immer wieder Männer in der Uniform der ukrainischen Armee. Ein Plakat in einer Ortschaft wirbt für die Mobilisierung, darunter eine Telefonnummer, unter der man sich melden kann. An der großen Einfallstraße am Rand der 700.000-Einwohner-Stadt Lwiw gerät der Krieg abermals ins Bewusstsein: Geschickt schlängelt unser Fahrer den Wagen durch eine Straßensperre.
Am Abend dann die erste Begegnung zwischen den Besuchern aus Würzburg und der Stadtspitze von Lwiw um Bürgermeister Andrij Sadowyi. Die Stadt ist voller Flüchtlinge, die untergebracht werden müssen. Für den 54-Jährigen nicht nur eine dienstliche Aufgabe: "Auch bei mir wohnen Flüchtlinge. Sie kommen aus der Gegend von Saporishja."
Main-Post-Redakteur Torsten Schleicher begleitet die Würzburger Delegation in Lwiw und schildert in den "Ukraine-Notizen" seine Eindrücke.
Oder hat der Würzburger OB einen Güterzug mit Leoparden als Mitbringsel dabei, dann könnte ich das verstehen.