
Die Situation im Erdbebengebiet in der Türkei und in Syrien bleibt weiter angespannt. Mittlerweile wird von insgesamt über 40.000 Toten berichtet, viele Menschen gelten weiterhin als vermisst und sind unter den Trümmern begraben.
Wie der Würzburger Tobias Winkler berichtet, gestalteten sich besonders die Hilfstransporte ins syrische Erdbebengebiet im Nordwesten des Landes schwierig. Mit ein Grund seien der seit 2011 laufende Bürgerkrieg und seine Folgen, beispielsweise seien dort die meisten Landesgrenzen für den Verkehr von außen geschlossen, "sodass nur schwierig Hilfsgüter geliefert werden können". Auch die Angst bei den Helfenden vor Jihadisten sei groß, berichtet Winkler.
Folgen des Krieges und Gefahr vor Jihadisten
Zwar habe der syrische Regierungspräsident Baschar al-Assad zugesagt, dass weitere Grenzen geöffnet werden, damit Hilfstransporte schneller in die Gebiete kommen, "doch muss man vorsichtig sein, denn es kommt oft zu Überfällen, auch an der Grenze kann es zu Problemen kommen". Was den Zoll angeht, herrschten große Auflagen, "wir sind darauf angewiesen, dass der Zoll unsere Waren freigibt".

Die Auswirkungen der Erdbebenkatastrophe hatten Winkler, der in der Region Würzburg durch seine Aktion "Liebe im Karton" längst eine Institution ist, bewegt. Der Zufall spielte dem 38-Jährigen in die Karten, sodass er dieser Tage mithelfen konnte, einen Hilfskonvoi mit wichtigen Gütern für Syrien zu organisieren.
Denn im Januar war Winkler im Nordirak (Kurdistan) unterwegs, um die Love-Boxen des Projekts zu verteilen. Da konnte er Kontakte zum gemeinnützigen Oldenburger Verein "Our Bridge" knüpfen, der überwiegend Hilfsprojekte im Irak betreut. Dass Winkler und sein Team aktive Netzwerkpartner des Netzwerks "Ziviler Krisenstab" sind, sei dabei sehr nützlich gewesen. "Während viele Organisationen deutschlandweit das Netzwerk mit Hilfsgütern unterstützen, konzentrieren wir seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine vergangenes Jahr unsere ganze Kraft auf die Koordination und die Logistik dieser Hilfsgüter", beschreibt Winkler.
Kontakte zur Organisation "Our Bridge" geknüpft
Beispielsweise konnten so seit Kriegsbeginn in der Ukraine über 7500 Paletten dringend benötigte Hilfsgüter wie Krankenhauszubehör, Hygieneartikel, Fahrzeuge, Nahrung, Decken sowie technische Gerätschaften und Tiernahrung transferiert und in den notleidenden Gebieten verteilt werden.
Für den Syrien-Transport, so der 38-Jährige, seien unter anderem Hilfsgüter wie Decken, Presslufthammer und Essenspakete für die Menschen, die ihr Hab und Gut verloren haben, gepackt worden. "So ein Hilfstransport muss von vorne bis hinten bis ins letzte Detail durchgeplant sein", sagt Winkler. Es gehe auch darum, wirklich das zu liefern, was dringend benötigt wird. "Alles andere macht keinen Sinn, denn das löst wiederum ein weiteres Problem aus - das der Entsorgung. Dahingehend muss leider auch hierzulande noch viel aufgeklärt werden."
Acht Sattelzüge unterwegs vom Irak nach Syrien
Winkler berichtet, dass vonseiten seines Vereins sowieso geplant gewesen sei, in den nächsten Wochen einen LKW nach Syrien zu schicken, "da dort ja auch sonst Hilfe benötigt wird". Das Erdbeben sei nun dazugekommen, die Lage angespannter denn je. Gemeinsam mit "Our Bridge", der den Konvoi federführend leitet, konnten insgesamt acht Sattelzüge auf den Weg gebracht werden. Fünf davon konnten durch sein Netzwerk "Ziviler Krisenstab" finanziert werden. "Allerdings ging der Transport aus Sicherheitsgründen über Umwege, nämlich vom Nordirak erst in die Türkei und dann über die türkische Grenze nach Syrien in die Gebiete um Afrin im Gouvernement Aleppo im Nordwesten."
Wie Winkler am Freitag aktuell mitteilte, sei der vom kurdischem Militär begleitete Konvoi gut in der Region Afrin angekommen, nun würden die Verteilungen der Hilfsgüter vorbereitet. "Ich bin erleichtert, dass bis hierhin alles gut funktioniert hat. Schließlich geht es auch darum, die Menschen, die den Konvoi begleiten, zu schützen."

Warum Tobias Winkler helfen will
Was aber bewegt Tobias Winkler, der in einer Teilzeitstelle als "Fachreferent Ukraine" über einen Fördertopf der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) bezahlt wird, dazu, einen Großteil seiner Arbeit ehrenamtlich zu leisten? "Liebe bedeutet auch, Dinge, die nicht gut laufen zu erkennen und zu verbessern", sagt er. Er wolle "etwas bewirken, mitgestalten und verbessern". Dabei gehe es ihm nicht um "irgendwelche Gewinnmaximierung, ich brauche kein Haus und keine großen Güter", so der 38-Jährige.
Aktuell arbeitet er neben dem Transport für Nordsyrien an weiteren Hilfsprojekten mit, für den Libanon, Irak, Kosovo, Griechenland und Rumänien. Es sei schön zu sehen, wie sich die seit Jahren aufgebauten Strukturen bewährten. An der Syrien-Aktion lobt er besonders das "gute Miteinander". Es sei nicht selbstverständlich, dass verschiedene Hilfsorganisationen, Vereine und NGO's einträchtig zusammenarbeiteten. "Da ist noch Luft nach oben."
Dem schließe ich mich an. Da wird Beruf und Ehrenamt verbunden. Das zeigt dann auch die Liebe zum Beruf bzw. zur Berufung!
Der Mann ist die perfekte Schnittstelle zwischen Privatleuten und großen Organisationen.
Es bringt nichts wenn Menschen die sich noch nie mit solchen Dingen beschäftigt haben plötzlich von einem auf dem anderen Tag aus Verzweiflung mit 1000 kg Altkleider und 1000 Liter Wasser und 1000 Euro Spenden sich mittels Kleintransporter unkkordiniert auf eine 3000 Kilometer lange Reise begeben.