
Von einer ausgestorbenen Innenstadt kann in Würzburg keine Rede sein. Gerade am Wochenende zieht es trotz der Coronakrise wieder viele Menschen in den Stadtkern. Und dennoch: Vor allem in sehr beliebten Einkaufstraßen – wie zum Beispiel in der Kaiserstraße – stehen Läden leer. Mit diesem Problem hat nicht nur Würzburg zu kämpfen. Doch wie kann die Innenstadt attraktiv bleiben? Diese Frage stellt sich auch Wolfgang Weier, Geschäftsführer der Interessengemeinschaft "Würzburg macht Spaß" (WuemS). Ein Gespräch über große Ketten, die Generation "Cappuccino" und warum sich der Experte einen Starbucks wünscht.
Wolfgang Weier: Zum einen glaube ich, dass Würzburg besser durch die Krise kommt als andere Städte. Zum anderen fällt mit Blick auf die Frequenzmessung in der Schönbornstraße auf, dass bisher nur etwa 70 Prozent der Passanten im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum unterwegs sind. Der Handel berichtet, es gab kurz nach dem Lockdown einen Nachholeffekt. Das heißt: Obwohl weniger Menschen unterwegs waren, stieg der Durchschnittsumsatz. Jetzt hat sich das aber gedreht - es sind zwar wieder mehr Menschen unterwegs, aber die Umsätze sind zurück gegangen.
Weier: Das hängt vom Einzelfall ab. Sicher ist, dass sich die Innenstadt verändern wird und dass auch die Leerstände zunehmen werden. Experten der Immobilienbranche machen sich aber relativ wenige Sorgen, dass wir eine dauerhafte Leerstandssituation haben werden. Läden, die uns wegbrechen, werden relativ schnell wieder nachbesetzt werden. Das ist ein gutes Zeichen, denn in anderen Städten – zum Beispiel Schweinfurt – gibt es ja eine Häufung von Leerständen. Nehmen in einer Stadt die Leerstände überhand, wird ein Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gibt. Davon sind wir in Würzburg trotz Krise noch weit entfernt.
Weier: Ich denke, es wird beide Situationen geben. Wir haben in Würzburg viele kleinteilige Immobilien. Sie genügen Filialisten oft wegen der Größenanforderungen nicht. Ich vermute also, die Nachbesetzungen werden vor allem durch junge Unternehmen und Startups erfolgen.
Weier: Würzburg war die vergangenen Jahre schon so aufgestellt, dass wir uns vor anderen Städten wie Berlin, Köln oder Hamburg gar nicht verstecken müssen. Denn Würzburg ist eine Studentenstadt, das sorgt ständig für frischen Wind. Studierende haben tolle Konzepte, die man sonst eher aus Großstädten kennt. Und das gibt mir Hoffnung. Vernachlässigen darf man nicht, dass Würzburg ein Oberzentrum ist und verkehrsgünstig liegt. Deswegen glaube ich, dass wir mit einem relativ blauen Auge aus der Krise kommen - sofern es, beispielsweise durch einen erneuten Lockdown, nicht schlimmer wird.

Weier: Der Würzburger Kaufhof lief immer sehr gut und ich könnte mir die Stadt ohne ihn auch nicht vorstellen. Warenhäuser haben eine Magnetfunktion – auch wenn das Geschäftsmodell nicht mehr das neueste ist. Aber es gibt genügend Leute, die irgendetwas brauchen und alles ausschließlich im Kaufhof besorgen, weil sie dort eben alles finden.
Weier: Da sind wir in Würzburg auf einer Insel der Glückseligen. Um uns herum gibt es wenige vergleichbare Möglichkeiten zum Shoppen. Nach 45 Kilometern ist man in Schweinfurt, wegen der vielen Leerstände ist dort die Attraktivität aber längst nicht so hoch wie in Würzburg. Dann gibt es natürlich schöne Städtchen wie Lohr am Main (Lkr. Main-Spessart) mit einer wunderschönen Fußgängerzone. Doch es fahren nur wenige Würzburger nach Lohr zum Einkaufen. Und dann ist man schon in Bamberg, Aschaffenburg, Erlangen oder Heilbronn. Leute müssen also mindestens 80 Kilometer weit fahren, um die nächsten brauchbaren Einkaufsmöglichkeiten zu finden. Um eine Einkaufsstadt zu finden, die Würzburg vielleicht übertrifft, müsste man dann schon nach Nürnberg, Stuttgart oder Frankfurt. Diese Inselposition macht Würzburg relativ einzigartig.
Weier: Ich hätte gerne einen Starbucks hier. Nicht, weil ich die überteuerten Getränke täglich trinken würde, aber das hat etwas von einer Großstadt.
Weier: Es wäre ein i-Tüpfelchen für das Metropolenflair. Mir würde zudem ein innerstädtischer Ikea wie in Hamburg gefallen – aber da sind wir weit von entfernt. Auch die zum Inditex-Konzern gehörende Modekette Bershka wäre interessant. In Frankfurt standen neulich junge Leute nach dem Lockdown zwei bis drei Stunden an, um dort Kleidung zu kaufen.
Weier: Wir haben in Würzburg einen hohen Anteil von inhabergeführten Läden. Da kann ich mir natürlich nur schwer etwas wünschen, weil man neue Konzepte nicht vorhersagen kann. Wie gesagt, unsere Studierenden und Gründer haben viele Ideen. Da wird man sich überraschen lassen müssen, was in der Hinsicht kommt. Ich mache mir da keine Sorgen.
Weier: Es gibt einen Strukturwandel in den Innenstädten. Ehemalige Handelsflächen, gerade in Nebenlagen, werden eher zu Büros, Wohnungen oder eben zu Restaurants und Cafés. Das ist auch in Würzburg nicht anders.
Weier: Der Trend geht zur "Generation Cappuccino". Anstatt nachts durchzufeiern, wird sich eher tagsüber in hippen Cafés getroffen. Das erklärt auch, warum sie derzeit aus dem Boden sprießen. In den 90-ern waren Clubnächte beliebt, heute verschiebt es sich eben alles auf den Nachmittag. Die aktuelle Generation macht eben, wie auch jede vor ihr, genau das Gegenteil dessen, was vorher angesagt war.
Zu Pauschal! Was die Leerstände betrifft JA. Was die Aufenthaltsqualität betrifft NEIN. Die ist in SW höher, mit erhaltenen Altstadtquartieren statt trostloser Nachkriegsbauten und vielen Plätzen, mit Kunsthalle & Museum Georg Schäfer als integraler Bestandteil der City und mit einer 300 m langen Shopping Mall, die bei schlechten Wetter und im Winter angenehmes Shoppen ermöglicht. Das alles hat WÜ nicht.
Dazu kommt ein attraktiverer, zeitlos moderner Kaufhof und keine Zufahrts- und Parkprobleme zur Innenstadt und preiswertere Parkgebühren. Ganz zu Schweigen von der unerträglichen Sommerhitze im WÜer Talkessel, die keinen Spaß macht.
Schon mal was von Stadt als politisches Forum oder Kulisse für soziale Experimente oder Nische für Subkulturen gehört? Aber nein, das geht ja mal gar nicht, das pure Leben ist unheimlich und womöglich gefährlich, gell!? Die Ausgrenzung des früheren AKW!s sagt darüber einiges.
Vielleicht ist das in der steifen und operettenhaften Atmosphäre Würzburgs auch zu gewagt.
Da haben die Berliner irgendwo schon Recht, Berlin scheint doch, vielleicht noch neben Hamburg der einzige weltstädtische und kosmopolitische Ort in Deutschland zu sein, wo das Leben unkontrolliert und impulsiv vor sich geht... trauriges Deutschland, oh armes Deutschland, so gefangen in seiner Angst!
Home Office die Zukunft ist, somit werden auch immer mehr Verwaltung und Firmenbüros nicht mehr im jetzigen umfang gebraucht.