Martin Bielecki aus Bad Brückenau (Lkr. Bad Kissingen) ist bereit für die Prüfung. "Wir haben gelernt, wir können den Stoff", sagt der 36-Jährige, der in Würzburg Lehramt studiert. "Wir haben uns alle über ein halbes Jahr darauf vorbereitet." Am 19. März hätten viele Lehramtsstudenten in Bayern ihr erstes Staatsexamen schreiben sollen. Einen Tag vorher gab das Kultusministerium in einer Mitteilung bekannt, dass die Prüfungen auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Sechs Wochen lang harrten die Studenten daraufhin ohne weitere Informationen aus. Ende April gab das Ministerium bekannt, dass die Prüfungen am 18. Mai ohne Weiteres fortgesetzt werden. Die Studenten sehen dadurch ihre Chancengleichheit bedroht und fordern faire Prüfungsbedingungen – in einem offenen Brief wenden sie sich jetzt an das Kultusministerium.
Ungewissheit ist psychische Belastung
Auf Grund der Ausnahmesituation in den letzten Wochen fordern die Betroffenen angepasste Bedingungen für das erste Staatsexamen. In einem offenen Brief, der mittlerweile schon mehr als 530 Unterschriften trägt, schlagen die Studenten mehrere Lösungsmöglichkeiten vor. Unter anderem bringen sie einen zusätzlichen Freiversuch ins Spiel. Eine andere Möglichkeit, die die Studenten in Betracht ziehen: Das Examensergebnis soll als die Durchschnittsnote aus bereits erbrachten Prüfungen berechnet werden. Zusätzlich wäre für die Lehramtsanwärter die Kulanz bei der Notenkorrektur eine Option, quasi in Form eines Notenbonus.
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Bereits Ende April haben sich betroffene Lehramtsanwärter aus ganz Bayern zusammen geschlossen und eine Facebook-Gruppe gegründet. Die Gruppe namens "Erstes Staatsexamen Frühjahr 2020" hat mittlerweile rund 1400 Mitglieder. Anfragen und Lösungsvorschläge von Seiten der Studierenden seien vom Ministerium ignoriert und nicht beantwortet worden und ein neuer Prüfungstermin sei wochenlang nicht bekannt gegeben worden, heißt es in einer Mitteilung der Facebook-Gruppe. Die Ungewissheit hätten viele als starke psychische Belastung empfunden. "Es kann und darf nicht sein, dass wir in der momentanen Ausnahmesituation genauso behandelt werden, als gäbe es keine Pandemie", lautet die Meinung der Gruppenmitglieder.
Dass das Ministerium den neuen Termin ohne Berücksichtigung der Ausnahmesituation bekannt gegeben hat, führt zu Unmut unter den Studenten. Sie kritisieren die fehlende Kommunikation und Transparenz. "Plötzlich bekommen Sie die Information, dass der Wettkampf in zwei Wochen stattfinden soll", so heißt es in der Mitteilung der Gruppe weiter. "Werden Sie an diesem Tag Ihre Bestzeit laufen? Sicher nicht. Kommen Sie ins Ziel? Vielleicht."
Studenten kritisieren fehlende Kommunikation
Auch Bielecki hätte im März sein Staatsexamen abgelegt. Im Herbst sollte er regulär sein Referendariat beginnen, um Mathematik und Physik an einem bayerischen Gymnasium zu unterrichten. Auf Grund der kurzfristigen Absage konnte der 36-Jährige nur eine seiner Prüfungen ablegen. Die Zwangspause, die er in den letzten sechs Wochen einlegen musste, hat ihn einiges an Energie gekostet. Denn wenn man nicht wisse, wie es weiter geht, sei es schwer, sich zu fokussieren, erklärt er. "Man bringt nicht mehr die Spitzenleistung, sondern hat den Zenit überschritten."
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Wenn Hr. Bielecki auf dem 2. Bildungsweg studiert hat, mein Kompliment. Wenn er aber mit 36 erst jetzt Examen macht, was hat er dann jahrelang verbummelt?