Volle Hörsääle, in der Mensa ist kein Platz mehr frei, auch in der Bibliothek wimmelt es von Studenten - was in den letzten Jahre der Normalzustand an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt war, ist seit Beginn des aktuellen Sommersemesters passé.
Anstelle von gut besuchten Vorlesungen herrscht dort gähnende Leere. Wegen der Corona-Pandemie fällt der Präsenzunterricht für die rund 26 500 Studierenden flach. Die Dozenten müssen ihre Studenten jetzt anders unterrichten - beispielsweise in"Zoom"-Meetings. Dabei können Dozenten und Studenten Lehrinhalte, Projektfortschritte oder offene Fragen per Videokonferenz austauschen.
Einer, der momentan häufiger an solchen digitalen Treffen teilnimmt, ist Lehramtsstudent Jonas Riedmann aus Würzburg. Zusätzlich zu den Konferenzen erhält der 21-Jährige seine Vorlesungen derzeit als PowerPoint-Präsentation in Videoform von seinen Dozenten. "Es nervt natürlich ein bisschen, da man sich wieder komplett umstellen muss", berichtet der Student mit Bezug auf die digitalen Vorlesungen. Trotzdem findet er es gut, "dass jetzt alles digital ist, alles andere wäre einfach zu riskant."
Die Umstellung auf digitale Lehrformate hätte in der Informatik weniger Probleme bereitet als in anderen Fachbereichen, berichtet Jonathan Krebs, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Informatik der Uni Würzburg. Auch nach der Corona-Krise könne man daraus Vorteile ziehen, erklärt der Informatiker: "Es wäre für viele Studenten oft einfacher, eine kurze Videokonferenz abzuhalten, anstatt für eine Besprechung von 20 Minuten extra zur Uni fahren zu müssen."
Dass der Start ins neue Semester gut geklappt hat, davon ist Ralf Brinktrine, Dozent für Rechtswissenschaften an der Universität Würzburg, überzeugt. Auch er unterrichtet seine Studenten über die Online-Plattform "Zoom". Trotzdem gibt er zu: "Dieses Semester stellt eine wirkliche Herausforderung dar. Viele neue Dinge sind zu bewältigen und außergewöhnliche Umstände zu meistern." Denn eine Atmosphäre wie im Hörsaal, sei mit einer Live-Vorlesung nicht zu erreichen.
Andreas Göbel, der im Institut für Politikwissenschaften und Soziologie arbeitet, ist anderer Meinung. Den Start ins neue Semester fand er "absurd, chaotisch und völlig fremd". Im Gegensatz zu Brinktrine ist Göbel kein Freund der Online-Lehre. "Ich verzichte nach den ersten schlechten Erfahrungen mit Gesprächen unter videophonen Bedingungen auf alle Formen von Videokonferenzen und Chats." Stattdessen setzte er auf das Selbststudium sowie intensiven E-Mail-Kontakt. Sorgen macht er sich um die jüngeren Semester. Er vermutet, dass es dort auch wegen des fehlenden Kontakts zu Kommilitonen eine "große Unsicherheit" gibt.
Masterarbeit in Gefahr
Während andere Studenten mit Home Office und digitalen Vorlesungen zufrieden sind, läuft Kendra Tiltmann die Zeit davon. Die Studentin schreibt momentan ihre Masterarbeit im Studiengang Biowissenschaften, dafür forscht sie mit Gewebezellen. Wegen der Corona-Krise stagniert der Forschungsfortschritt allerdings – und damit auch die Masterarbeit. Seit sechs Wochen ist die Studentin wegen des Coronavirus im Home Office anstatt im Labor. Zeit, die Tiltmann eigentlich für ihre Zellversuche benötigt, denn: Der Versuch, an dem die 25-Jährige für ihre Abschlussarbeit forscht, dauert genau sechs Wochen. "Ich versuche so viel wie geht zu schreiben, am Ende muss ich ja eine schriftliche Arbeit einreichen. Aber ohne Ergebnisse ist es eben schwer, die Ergebnisse zu diskutieren", sagt sie.
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"Wir sind uns darüber bewusst, dass die dynamischen Entwicklungen des Coronavirus für die gesamte Universität enorme Anstrengungen bedeutet", erklärt der Präsident der Universität Würzburg, Alfred Forchel, in einer Pressemitteilung. Deswegen laute das Motto für das aktuelle Semester "so digital und flexibel wie möglich." Bereits bestehende Online-Angebote sollen ausgebaut und alternative Lehrkonzepte weiter entwickelt werden. "Oberste Zielsetzung muss sein, dass in diesem Semester für Studierende und Mitarbeitende keine Nachteile entstehen. Zudem stehen die gesundheitliche Fürsorge und die Belange aller Angehörigen und Gruppen unserer Universität im Fokus", so der Präsident.
Menschliche Nähe fehlt
Ein Punkt, in dem sich sowohl Studenten als auch Dozenten einig sind: Die menschliche Nähe fehlt. "Anfangs fand ich das noch toll, dass ich jetzt alles von zuhause aus der Hängematte machen kann", sagt Jonathan Ziegler, der an der Fachhochschule Kommunikationsdesign studiert. "Aber mir fehlt dann doch die direkte Kommunikation zu den Dozenten und Kommilitonen." Dozent Ralf Brinktrine wünscht sich, dass es bald wieder möglich ist, sich persönlich im Hörsaal treffen zu können. "Nichts geht über den persönlichen Austausch und die aktive Begegnung zwischen Studierenden und Lehrenden." Sein Kollege Andreas Göbel stimmt dem zu: "Wir alle bemerken gerade,was wir an der Selbstverständlichkeit menschlich-leibhaftiger Begegnungen haben."
Seine Aussagen sind ein klarer Beweis dafür, dass er in der Lehre komplett versagt.