Eine eigene Immobilie halten die meisten Bundesbürgern für die beste Form der Altersvorsorge. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfragen, die die Deutsche Rentenversicherung in diesem Jahr in Auftrag gegeben hat. Befragt wurden 1012 Bürger ab 16 Jahren im persönlichen Gespräch am Telefon. 79 Prozent der Teilnehmer bezeichneten das selbst genutzte Häuschen oder die selbst genutzte Eigentumswohnung als sinnvollste Investition zur finanziellen Absicherung im Alter. Auf Platz zwei kamen in der Umfrage mit 72 Prozent die gesetzliche Rentenversicherung sowie die betriebliche Altersversorgung.
Private Renten- und Lebensversicherungen folgten auf Platz vier, Miet- oder Pachteinnahmen aus Haus- und Grundbesitz landeten auf Platz fünf, Renten aus berufsständischen Versorgungswerken auf Rang sechs. Dagegen zählen die Befragten Erbschaften oder Bausparverträge nicht zu den bevorzugten Vorsorgemöglichkeiten. Auch die Riesterrente schaffte es bei der Einschätzung nicht unter die Top 10, ebensowenig Aktien oder Aktienfonds. Den Anstieg bei vielen Vorsorgeformen im Vergleich zu der gleichen Umfrage vor vor fünf Jahren erklären sich Experten damit, dass die Bevölkerung stärker für das Thema sensibilisiert ist.
Dass sich die Altersvorsorge seit einigen Jahren im Umbruch befindet, liegt an der anhaltenden Niedrigzinsphase. "Und an dieser wird sich vermutlich so schnell nichts ändern", sagt Fabian Kindermann aus Estenfeld (Lkr. Würzburg), Professor für Volkswirtschaftslehre und Lehrstuhlinhaber für die Ökonomie des öffentlichen Sektors an der Universität in Regensburg. Das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln prognostiziert Zinsen auf Mininiveau sogar bis 2050. Die ältere Generation konnte noch relativ sorgenfrei mit Rente, Pfandbrief und Lebensversicherung in den Ruhestand gehen. Doch diese Anlageformen haben ausgedient.
Wie die Experten Wohneigentum bewerten
Ist ein eigenes Haus, in dem man auch selbst wohnt, tatsächlich die ideale Form der Altersvorsorge? Deutschland gilt als Nation der Mieter, doch die niedrigen Zinsen und die enormen Wertsteigerungen von Immobilien haben in den vergangenen Jahren zu einem Umdenken geführt. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern habe Deutschland allerdings eine sehr niedrige Eigennutzungsquote, sagt Kindermann. In Deutschland werden - einer Auswertung von Zensus-Daten zufolge - lediglich 43 Prozent der Häuser und Wohnungen vom Eigentümer selbst genutzt, in der Stadt Würzburg liege die Quote bei 25,6 Prozent.
"Es gibt derzeit wenig Alternativen auf dem Kapitalmarkt. "Mit einer eigenen Immobilie ist man nicht so anfällig für die Preisentwicklung", sagt Kindermann. Eigentümer, die ihre Immobilie selbst nutzen, müssen weniger Angst vor explodierenden Mietkosten haben. Laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft gibt fast ein Drittel der Mieter zwischen 16 und 50 Jahren in Umfragen an, ein Eigenheim zu erwerben. Doch Volkswirt warnt: Gerade in den Städten müsse man genau prüfen, ob sich der Kauf einer Immobilie noch lohnt. "Es gibt zwar billige Zinsen für die Kredite, doch der günstigste Zeitpunkt für einen Immobilienkauf ist bereits vorbei. Denn die Preise sind in den letzten zehn Jahren gerade in den Städten dramatisch angestiegen."
Merten Larisch, Teamleiter Altersvorsorge- und Geldanlageberatung bei der Verbraucherzentrale Bayern, sieht Wohneigentum zwar als wertvolle Altersvorsorge, aber er warnt auch: "Eine selbstgenutzte Immobilie macht finanziell nur Sinn, wenn man seine geldliche Altersvorsorge so durchgerechnet hat, dass man auch im Rentenalter in dieser – abgezahlten – Immobilie seinen gewohnten Lebensstandard und die Werterhaltung der Immobilie bezahlen kann." Genau das würen viele Verbraucher falsch einschätzen und sich bei Erwerb und Finanzierung einer Immobilie im Verhältnis zu einer ausreichenden Altersvorsorge überschätzen.
Die Immobilie sollte abbezahlt sein
Ähnliches gilt für eine Immobilie, die nicht selbst bewohnt, sondern vermietet wird. Feste monatliche Mieteinkünfte sind eine gute Möglichkeit, um die Rente aufzubessern. Doch das lohne sich nur unter derr Voraussetzung, dass das Mietshaus oder die Mietswohnung bereits (zum größten Teil) abbezahlt ist. Hier gilt: Bis zum Renteneintritt sollten mindestens 90 Prozent der Kreditschulden getilgt sein. Außerdem dürfe man nicht außer Acht lassen, dass man als Vermieter neben Geld auch Zeit investieren muss.
Wie fürs Alter vorsorgen?
Doch welche Art der Altersvorsorge ist stattdessen empfehlenswert? Effizient sei "ein gesunder Mix – je nach eigenem Anlegerprofil – aus einem globalen, börsengehandelten Aktienfonds und relativ gut verzinstem Banksparplan oder Festgeld kann effizient für die Altersvorsorge angelegt werden", sagt Larisch. Je nach individueller Situation, wenn der Eigenbeitrag sehr niedrig ist, könnte für manche Verbraucher als Ergänzung ein Riester-Vertrag oder die betriebliche Entgeltumwandlung interessant sein.
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Das Vertrauen der Deutschen in die Rentenversicherung sei derzeit noch groß, das zeige auch die aktuelle Umfrage, sagt Volkswirt Kindermann. Doch es sei vorauszusehen, "dass die Rente in Zukunft nicht mehr alleine für die Sicherung eines adäquaten Lebensstandards im Alter ausreichen wird. daher wird die private Altersvorsorge immer wichtiger". Den meisten Bürgern sei dies klar, doch nur die wenigsten wüssten, wie groß die Versorgungslücke wirklich ist. Der Volkswirt hält auch gute Mischung verschiedener Anlagen für das Richtige: "Früher oder später wird sich jeder mit Aktienfonds und Fonds-Sparplänen auseinandersetzen müssen."
Wie interessant sind private Lebens- und Rentenversicherungen?
Lebensversicherungen kämpften mit den gleichen Problemen wie alle anderen Versicherungen, so Kindermann: "Niedrige Zinsen gepaart mit hohen Provisionen machen diese Art der Altersvorsorge unattraktiv." Auch bei Bausparverträgen sollte man genau das Kleingedruckte lesen, warnt Kindermann, sonst bekomme man vor lauter Gebühren kaum die Abschlusskosten für den Vertrag wieder heraus.
"Kapitallebensversicherungen waren noch nie die geeignete Wahl für die Altersvorsorge, weil benötigter Todesfallschutz stets separat mit einer Risikolebensversicherung abgesichert werden sollte", sagt Geldanlageberater Larisch. Und private Rentenversicherungen wiesen bei den meisten Versicherungsgesellschaften "zu hohe Provisions- und Verwaltungskosten auf, als dass sie rentabel sein könnten", so der Finanzexperte der Verbraucherzentrale. Aber Ausnahmen bestätigten diese Kostenregel. Die klassischen Policen lassen laut Larisch bei Neuabschlüssen von dem sowieso schon geringen Höchstrechnungszins ("Garantiezins") von 0,9 Prozent pro Jahr nach Abzug der Kosten lediglich eine Garantierendite um Null oder gar Minus übrig.
Und was ist mit der sogenannten Überschussbeteiligung? "Auf die kann vom Kunden nicht gebaut werden", sagt Larisch. Dass sich die laufende Überschussbeteiligung "klassischer" Policen von etwa 7,5 Prozent pro Jahr um die Jahrtausendwende auf jetzt durchschnittlich 2,4 Prozent verringert hat, habe auch etwas mit der steten Absenkung des Marktzinsniveaus zu tun. Der könnten sich auch die Versicherungsgesellschaften aufgrund ihrer vorgeschriebenen Anlagepolitik nur schwer entziehen. "Insofern wird sich die Aussicht auf bessere Zeiten aufgrund der Anleihenproblematik noch weit nach hinten verschieben."