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Würzburg
Sie will nicht von ihrer Tochter getrennt werden: Sabrina wohnt in einer Würzburger Eltern-Kind-Einrichtung
Die 21-jährige Sabrina wohnt mit ihrer Tochter in einer Mutter/Vater-Kind-Einrichtung in Würzburg. Wie ihr Alltag aussieht und vor welchen Hürden sie steht.
Sabrina (links) wohnt in der Würzburger Vater/Mutter-Kind-Einrichtung. In ihrer Wohnung spricht sie mit Einrichtungsleiterin Ulrike Hermann (rechts).
Foto: René Ruprecht | Sabrina (links) wohnt in der Würzburger Vater/Mutter-Kind-Einrichtung. In ihrer Wohnung spricht sie mit Einrichtungsleiterin Ulrike Hermann (rechts).
Paula Rahnfeld
 |  aktualisiert: 06.10.2024 02:33 Uhr

Mit 17 Jahren ist Sabrina schwanger geworden. Heute lebt die inzwischen 21-Jährige seit 1,5 Jahren in der Mutter/Vater-Kind-Einrichtung in Würzburg. Ihre Tochter ist inzwischen drei Jahre alt. Weil sie anonym bleiben möchte, nennt sie weder ihren Nachnamen noch den Namen ihrer Tochter. Die beiden leben innerhalb der Einrichtung in einem Apartment mit Küchenzeile und zwei Zimmern: eines für die Mutter und eines für die Tochter.

"Ich habe mich über die Schwangerschaft gefreut, aber auch schnell gemerkt, dass ich Hilfe brauche", erklärt sie der Redaktion. Schon in ihrer eigenen Kindheit habe sie mit dem Jugendamt zu tun gehabt. Deswegen habe sie sich aktiv dort gemeldet, als sie schwanger wurde. 

Die Mutter/Vater-Kind Einrichtung des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF)

Die Mutter/Vater-Kind-Einrichtung in der Würzburger Zellerau gehört zum Sozialdienst katholischer Frauen (SkF). Ein Träger, unter dessen Dach zahlreiche soziale Einrichtungen organisiert sind. "Derzeit betreuen wir einen alleinerziehenden Vater und sieben alleinerziehende Mütter", erklärt Einrichtungsleiterin Ulrike Hartmann. Zudem können auch werdende Mütter bis sechs Wochen vor der Geburt in die Einrichtung aufgenommen werden. Die Einrichtung würde Vater und Mutter auch gerne gemeinsam aufnehmen. Dies könne jedoch aufgrund der fehlenden Finanzierung für den zweiten Elternteil nach § 19 SGB VIII (Sozialgesetzbuch) nicht realisiert werden.
Quelle: Einrichtungsleiterin Ulrike Hartmann

"Ich habe mir mit Unterstützung vom Jugendamt eine Hebamme gesucht", sagt Sabrina. Schon während der Schwangerschaft habe ihr das Amt geraten, in eine Eltern-Kind-Einrichtung zu ziehen. Sie habe damals aber viel Negatives über die Einrichtungen gehört und wäre erstmal abgeschreckt gewesen und blieb bei ihrer Mutter wohnen. Irgendwann hätten sich aber für Sabrina die Probleme zu Hause gehäuft: "Die Struktur fehlte einfach", erinnert sie sich. Der Schritt in die Einrichtung sei schließlich unvermeidbar gewesen, um weiterhin mit ihrer Tochter zusammen bleiben zu können.

Wie sieht ein Tag in der Eltern-Kind-Einrichtung in Würzburg aus?

Für die Leiterin Ulrike Hartmann hat die Einrichtung ein klares Ziel: "Mutter und Kind bleiben zusammen". Von früh bis spät würden die Eltern von Mitarbeitern der Einrichtung betreut werden, sagt sie.  Bereits beim gemeinsamen Frühstück werde der anstehende Tag besprochen: "Gibt es einen Termin? Ist vielleicht ein Kind krank? Muss man vielleicht irgendwo anrufen?"

Auch beim weiteren Tagesablauf würden die Eltern nicht alleine gelassen werden. Es gibt Unterstützungsangebote bei der Haushaltsführung oder auch psychologische Beratung und Einzeltherapie.

Ohne Arbeit ist ein Kita-Platz nicht leicht zu bekommen – und andersrum

"Die Eltern hier haben keine Arbeitsstelle", sagt Hartmann. Den Grund dafür beschreibt sie als eine Art Teufelskreis: Ohne verlässliche Betreuung und ein soziales Netz – zum Beispiel, im Fall dass ein Kind früher abgeholt werden muss – würden sie keine Arbeit oder Ausbildung finden. Ohne Arbeit sei es aber auch schwierig, überhaupt einen Betreuungsplatz zu erhalten.

Für die optimale Förderung der Kinder sei die Betreuung aber von hoher Wichtigkeit, sagt Hartmann. Deswegen werde Sabrinas Tochter tagsüber zumindest von einer Tagesmutter betreut. Eigentlich betreue diese nur Kinder bis zum Alter von drei Jahren. Aufgrund des Mangels an Kindergartenplätzen würde sie Sabrinas Tochter jedoch noch ein weiteres Jahr betreuen.

Problemfälle Kindergartenplatz und Wohnungssuche in Würzburg

Für Ulrike Hartmann sei es nicht ungewöhnlich, dass ein vierjähriges Kind keinen Kindergartenplatz erhält. "Es ist wirklich eine extreme Situation in Würzburg. Das habe ich so noch nie erlebt und sehe dafür aktuell keine Lösungsmöglichkeiten", beschreibt sie die Situation. 

Die Leiterin Ulrike Hartmann (links) unterhält sich mit Sabrina (rechts). Für die Bewohner der Einrichtung ist die Suche nach eine Wohnung und einem Kita-Platz in Würzburg besonders schwer.
Foto: René Ruprecht | Die Leiterin Ulrike Hartmann (links) unterhält sich mit Sabrina (rechts). Für die Bewohner der Einrichtung ist die Suche nach eine Wohnung und einem Kita-Platz in Würzburg besonders schwer.

Aus der Arbeitslosigkeit ergeben sich weitere Probleme: Ohne Job und abhängig vom Bürgergeld sei es nahezu unmöglich, eine Wohnung zu finden, sagt Hartmann. "Gefühlt, gibt es keine Privatperson, die eine Wohnung an jemanden mit Bürgergeldbezug vermietet".

Einrichtung bietet auch Urlaubsreisen an – mit finanzieller Unterstützung

Kürzlich habe die Einrichtung den Eltern und Kindern die Möglichkeit geboten, gemeinsamen in den Urlaub zu fahren – eine Teilnahme, die stets freiwillig sei. Die finanziellen Mittel der Eltern in der Einrichtung seien grundsätzlich beschränkt. "Es ist tatsächlich eine Hürde, schöne Dinge zu machen, wenn ich kein Auto besitze, wenn ich kein Geld habe oder niemand mich mitnimmt", sagt Hartmann. Daher seien auch beliebte Ausflugsziele wie ein Besuch in den Tierpark schwer umzusetzen.

"So etwas muss einfach wenig kosten. Das ist eigentlich immer die Devise hier", sagt Hartmann. Die Kosten für solche Reisen tragen die Eltern teilweise selbst und teilweise die Einrichtung. Der jüngste Urlaub wurde finanziell auch von einer Spendenaktion des Würzburger Cafés "Das Casa" unterstützt.

Ausblick über das Wohnen in der Einrichtung in Würzburg hinaus: Wie geht es für Sabrina weiter?

Sabrina habe in den anderthalb Jahren in der Einrichtung einiges für sich mitnehmen können. "Man lernt einfach sehr viel Struktur. Ich habe auch gelernt, wie man den Kindern klare Regeln setzt – etwas, was ich vorher vielleicht nicht so gut konnte", erklärt sie.

Sabrina würde gerne kommenden April ausziehen. Ihr Wunsch für die Zeit danach: Ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Sie wolle sich eigene Regeln setzen und die Struktur der Einrichtung übernehmen. Außerdem würde sie gerne gemeinsam mit ihrer Tochter zurück in ihre Heimatstadt nach Schweinfurt ziehen und wieder in die Nähe ihrer Familie wohnen.

 
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