Trotz der Einschränkungen durch das Coronavirus sollen Vorlesungen und Seminare an der Uni Würzburg für die 28 000 Studenten regulär am Montag, 20. April, starten. Wie das Studieren von Zuhause aus funktionieren soll, stellte Universitätspräsident Professor Alfred Forchel am Montag bei einem Besuch des bayerischen Wissenschaftsministers Bernd Sibler (CSU) vor. Professoren und Studenten waren - quasi zur Demonstration - per Video zugeschaltet.
Videokonferenzen und aufgezeichnete Vorlesungen
"Viele Lehrveranstaltungen können sehr gut digital angeboten werden", sagt Forchel. Daher könne der überwiegende Teil stattfinden. Seminare könnten Dozenten zum Beispiel in Form von Videokonferenzen halten. Für Vorlesungen könnten sie ihre Präsentationen mit Bild und Ton vorab aufzeichnen und die Videos den Studenten dann digital zur Verfügung stellen.
Wie die Dozenten den Stoff aufbereiten, ist ihnen überlassen. Die Professoren seien verpflichtet zur digitalen Lehre, so der Universitätspräsident. Lehrveranstaltungen wie Praktika, die die physische Anwesenheit voraussetzen, können vorerst nicht stattfinden: "Da müssen wir warten, wie die gesundheitliche Entwicklung weitergeht." Gegebenenfalls sollen die Praktika später im Semester starten, so Forchel. Damit die verlorenen Zeit dann noch aufgeholt werden kann, dauert die Vorlesungszeit in Bayern zwei Wochen länger als üblich, nämlich bis 7. August.
Prüfungen sollen stattfinden
Für die Prüfungen stellte Wissenschaftsminister Sibler in Aussicht, dass es für die Universitäten "verschiedene Möglichkeiten und Angebote" geben wird, diese digital abzuhalten. Auch dass Studierende bei Prüfungen schummeln, soll verhindert werden können. An der Uni Würzburg soll laut Forchel eine Regelung in Kraft treten, die Online-Prüfungen in allen Veranstaltungen zulässt.
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Parallel suche man nach Programmen, die auch Prüfungen mit großen Teilnehmerzahlen ermöglichen. "Wir werden gerüstet sein", so Forchel. Er hofft, dass sich die Lage bis zur Prüfungszeit wieder beruhigt. Was die Prüfungen betrifft, die bereits verschoben werden mussten, suche man derzeit nach Lösungen: "Wir wollen keinen Berg vor uns herschieben, der immer größer wird."
Sommeremester zählt nicht als Regelstudienzeit
Das Semester solle nicht auf die Regelstudienzeit und BAföG angerechnet werden, teilte Wissenschaftsminister Bernd Sibler beim Besuch in Würzburg mit. Es gehe um "Entspannung" für die Studenten, so Sibler. "Natürlich brauchen wir so viel Verbindlichkeit wie möglich. Aber wenn es aufgrund der besonderen Lage Schwierigkeiten gibt, geht die Welt nicht unter."
Während die Bibliotheken der Universität für Studenten geschlossen bleiben, soll zumindest das Ausleihen von Büchern und Zeitschriften zeitnah wieder möglich sein. Um "die dringende Bedarfslage" zu entspannen, plant die Universität laut Forchel, Bücher an die Studenten zu verschicken. Außerdem soll der Umfang der digitalisierten Angebote erhöht werden. "Es wird nicht ideal sein. Aber wir arbeiten sehr intensiv daran."
Was Lehrende und Studenten aus der Praxis berichten
Von den Vorbereitungen auf das Semester berichtete am Montag unter anderem Professorin Sarah König, Leiterin des Instituts für Medizinische Lehre und Ausbildungsforschung: "Wir befinden uns vor einem gewaltigen Realexperiment. Und wir haben keine Kontrollgruppe." Nach dem Semester könne man sehen, was funktioniert habe und was besser klappen könnte. Die Corona-Krise sieht König auch als Chance für die universitäre Lehre. In der Medizin gebe es gerade "einen großen Kulturwandel". Die reine Wissensvermittlung könne künftig zum Beispiel im Onlinemodus bleiben.
Über ein Seminar, das bereits seit fünf Jahren großteils digital stattfindet, berichtete Professor Frédéric Thiesse, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik und Systementwicklung. Kern dieser Veranstaltung sind kurze, zehn- bis 25-minütige Videos. Das Feedback der Studierenden sei sehr positiv, so Thiesse. Der Aufwand so ein Seminar vorzubereiten, sei aber nicht zu unterschätzen. Und noch ein Problem sieht der Wirtschaftsinformatiker: "Die Studenten tendieren dazu, sich die Videos verspätet und dann alle auf einmal reinzuziehen."
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Die Erfahrung von Studentin Sandra Staudigel, die am Seminar bereits teilnahm: "Ein Vorteil zu normalen Vorlesungen war es, dass man das Video bei Verständnisschwierigkeiten anhalten kann." Sonst sei man in Vorlesungen oft nur mit Mitschreiben beschäftigt, berichtete Staudigel beim Pressegespräch am Montag.
Minister lässt sich von technischen Problemen nicht erschüttern
Wissenschaftsminister Bernd Sibler zeigte sich nach dem Besuch der Uni Würzburg zufrieden mit dem Stand der Online-Lehrangebote: "Es wird deutlich, dass wir längst nicht bei Null beginnen." Zwar gebe es Fächer, die schon weiter seien – auf den Weg gemacht, hätten sich immerhin aber alle. Auch kleinere, technische Probleme bei der Videokonferenz mit den Mitarbeitern der Universität am Montag konnten den Minister nicht pessimistisch stimmen: "Ich bin froh, dass nicht alles funktioniert hat. Das gibt es eine sehr realistische Vorstellung davon, was passieren kann." Solche Kleinigkeiten ließen sich schnell lösen. "Ich bin fest überzeugt, dass wir gut vorbereitet sind."