zurück
Würzburg
Sechs Schüsse auf den türkischen Wirt: Am Landgericht Würzburg hat der Mordprozess gegen Vater und Sohn begonnen
Dubiose Geschäfte, Geldgier, Verrat? 1999 wurde in Würzburg ein türkischer Kneipenwirt erschossen. Jetzt stehen ein Kreditgeber und der mutmaßliche Schütze vor Gericht.
Der Vorsitzende Richter Thomas Schuster nimmt Platz: Am Montag hat am Landgericht Würzburg der Prozess um die Ermordung eines türkischen Gastwirts im Jahr 1999 begonnen.
Foto: Daniel Karmann, dpa | Der Vorsitzende Richter Thomas Schuster nimmt Platz: Am Montag hat am Landgericht Würzburg der Prozess um die Ermordung eines türkischen Gastwirts im Jahr 1999 begonnen.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 17.01.2025 02:34 Uhr

Gleich zu Beginn dieses Prozesses wird es theatralisch: Als Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach die Anklage verliest, zeigt sich der 49-Jährige auf der Anklagebank voller Verwunderung. Immer wieder schüttelt der Mann aus dem Landkreis Main-Spessart im Würzburger Gerichtssaal den Kopf. Immer wieder greift er sich ungläubig lächelnd an die Stirn, als höre er diese Vorwürfe nach 26 Jahren zum ersten Mal: dass er im Januar 1999 - kaltblütig und vor den Augen vieler - einen Würzburger Gastwirt erschossen haben soll.   

Sein mitangeklagter Vater, der den 49-Jährigen laut Anklage zum Mord angestiftet haben soll, sitzt schweigend daneben. Dafür lassen es die vier Verteidiger an diesem Montag zu Beginn der Verhandlung am Landgericht Würzburg an deutlichen Worten nicht fehlen: Sie seien "sicher, dass am Ende des Prozesses ein Freispruch stehen wird". 

Cold Case aus dem Jahr 1999: Wer erschoss in Würzburg einen türkischen Wirt?

Das Landgericht Würzburg soll einen "Cold Case", einen jahrelang zurückliegenden Fall, klären: Wer hat vor 26 Jahren den 55-jährigen türkischen Wirt Edip Saraç in seiner Kneipe erschossen? Liest man die Anklageschrift, geht es um eine Geschichte von dubiosen Geschäften und Gier, um Betrug und Verrat. Auf der Anklagebank seit Montag: ein Geschäftsfreund des Opfers und sein Sohn. 

Vor den Augen von Gästen hatte ein maskierter Unbekannter mit einem großkalibrigen Revolver sechs Mal auf Edip Saraç geschossen. Tödlich getroffen brach Edip Saraç zusammen, der Täter machte auf dem Absatz kehrt und verschwand.

Vater und Sohn angeklagt: Angestiftet zur Ermordung eines Bürgen?

Der Schütze? Laut Staatsanwaltschaft war es der heute 49 Jahre alte Angeklagte. Sein Vater, heute 67, soll als Darlehensgeber tätig gewesen sein. Ermittlungen zufolge hatte der Würzburger Wirt ab 1996 wiederholt für fünfstellige Schulden eines türkischen Landsmannes gebürgt. Als der Schuldner dem Geldgeber dann mehrere 10.000 D-Mark nicht zurückzahlte, soll dieser - angeblich als "Abschreckung" - seinen Sohn angestiftet haben, den Bürgen zu töten.

Der damals 23-Jährige entsprach der Beschreibung einer Zeugin und war bereits 1999 unter Verdacht gestanden. Er soll zwei Tage vor den Schüssen vom Wirt bei der Polizei wegen Morddrohungen angezeigt worden sein. Doch das Alibi seiner Freundin entlastete ihn. 

Schwierige Beweislage: Keine Tatwaffe gefunden, Zeugen tot

Es hielt über zwei Jahrzehnte. Im vergangenen Jahr wurden der damalige Kreditgeber und sein Sohn dann festgenommen. Das Alibi von einst war infrage gestellt worden: Während Polizeiermittlungen in einem völlig anderen Fall hatte eine Schwester des 49-Jährigen unvermittelt ausgesagt, die Aussage der Freundin sei falsch gewesen. Bei einer groß angesetzten, intensiven Aktion suchte die Polizei auf Grundstücke in der Würzburger Sanderau und am Heuchelhof nach der Tatwaffe - blieb jedoch ergebnislos.

Was die Wahrheitsfindung für das Gericht um den Vorsitzenden Richter Thomas Schuster schwer macht: Wichtige Zeugen - darunter der eigentliche Schuldner - sind inzwischen tot. Der 67 Jahre angeklagte ist offenbar eigens aus Italien zurückgekommen, um sich dem Verfahren zu stellen. Dies habe er "nie gemacht, wenn er mit einer Verurteilung hätte rechnen müssen", sagte einer seiner Verteidiger zum Prozessauftakt.

Vater und Sohn, die beiden Angeklagten, äußerten sich nicht zu den Vorwürfen. 30 Verhandlungstage sind angesetzt. Bereits der Auftakt dauerte bis weit in die Abendstunden. Fortsetzung ist an diesem Dienstag.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Manfred Schweidler
Landgericht Würzburg
Morddrohungen
Mordprozesse
Polizei
Staatsanwaltschaft Würzburg
Söhne
Väter
Zeugen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top