Seit einem Vierteljahrhundert suchen Ermittler den Mörder, der 1999 in Würzburg den türkischen Gastwirt Edip Saraç erschossen hat. Nun sind Kripo und Staatsanwaltschaft überzeugt, zwei Männer für den Mord ins Gefängnis bringen zu können.
Am Abend des 5. Januars 1999 hatte laut Zeugen ein mit Sturmhaube Maskierter das Lokal in der Würzburger Weißenburgstraße betreten. Ein Dutzend Gäste sah, wie er mit einer Schusswaffe auf Edip Saraç zielte und fünfmal abdrückte. Dann verschwand der Schütze.
Mordmotiv laut Anklage sind Heimtücke und niedrige Beweggründe
Der Mord sorgte zeitweise international für Schlagzeilen: Er wurde spekuliert, dass der türkische Gastwirt in Würzburg das erste Opfer der rechtsterroristischen Gruppe NSU sein könnte. Doch Vorgehensweise und Täterbeschreibung passten nicht dazu, wie Würzburger Ermittler stets betonten.
Nun hat die Würzburger Staatsanwaltschaft Anklage gegen zwei türkischstämmige Männer erhoben, die seit März in Untersuchungshaft sitzen. Das bestätigte Pressesprecher Tobias Kostuch auf Anfrage dieser Redaktion. Laut Anklage sind Heimtücke und niedrige Beweggründe das Mordmotiv.
Wenige Tage vor dem Mord wurde der Gastwirt massiv bedroht
Ermittler waren bereits 1999 Hinweisen nachgegangen, die einer der Söhne des Opfers öffentlich machte: Sein Vater sei Bürge für eine Schuld von 350.000 Mark geworden. Als der Freund das Geld nicht zurückgezahlt habe, "befand sich mein Vater in einer schwierigen Situation".
Verängstigt sei Edip Saraç zwei Tage vor den Schüssen zur Polizei gekommen, um Anzeige zu erstatten, sagten Ermittler 2015 gegenüber dieser Redaktion bei Recherchen zur Serie "Ungeklärte Kriminalfälle". Der Gastwirt soll kurz vor Mitternacht einen Anruf erhalten haben, bei dem er und seine Familie massiv bedroht worden waren. "Der muss sehr Angst gehabt haben", sagte der Ermittler 16 Jahre nach der Tat. "Sonst wäre der nie zur deutschen Polizei gegangen."
Freundin gab dem Verdächtigen ein Alibi
Wenige Stunden nach dem Mord wurde der Mann festgenommen, den Saraç in seiner Anzeige benannt hatte. "Es besteht lediglich ein Anfangsverdacht", hieß es damals bei der Polizei. Tatsächlich wurde der damals 23-Jährige wenig später wieder freigelassen, da der Verdacht "nicht aufrechterhalten" werden konnte. "Seine Freundin gab ihm ein Alibi, das nicht widerlegt werden konnte", erinnert sich ein Polizist.
Dieses Alibi soll jetzt eher zufällig geplatzt sein. Bei Ermittlungen zu einem ganz anderen Fall soll eine Zeugin es als falsch bezeichnet haben. Der heute 49-Jährige und sein 66-jähriger Vater wurden Anfang März festgenommen und sitzen in Untersuchungshaft.
Tatwaffe wurde bisher nicht gefunden
Es folgten intensive Suchaktionen nach der Tatwaffe in der Nähe der Raststätte Würzburg und auf Grundstücken im Stadtteil Sanderau. Gefunden wurde die Schusswaffe bisher nicht, wie Oberstaatsanwalt Tobias Kostuch auf Nachfrage bestätigte.
Einer der beiden jetzt Angeklagten soll der Mann sein, den der Wirt vor seiner Ermordung bei der Polizei angezeigt hatte. Dessen damalige Freundin, die ihm ein Alibi gegeben hatte, ist nach Information dieser Redaktion nicht identisch mit der jetzigen Tippgeberin.
Die Verteidiger Norman Jacob, Martin Reitmaier, Roj Khalaf und Markus Haselier sagen: "Die Verhandlung wird ergeben, dass unsere Mandanten unschuldig sind." Wird die Anklage zugelassen, dürfte im Frühjahr 2025 mit einem Prozess zu rechnen sein.