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Würzburg
Schwimmende Tankstelle auf dem Main: In Würzburg liegt "die modernste Bunkerstation der Bundesrepublik"
Die MSG hat Millionen in den Umbau eines Schiffs zur neuen Bunkerstation investiert. Dort tanken Binnenschiffer – und können auch mal Spülmittel einkaufen.
Klaus Philipp ist seit 13 Jahren Leiter der Bunkerstation der MSG in Würzburg. Er bekam in diesem Jahr ein vollkommen neues Schiff, von dem er Treibstoff und alles für den Arbeitsalltag für Binnenschiffer verkauft.
Foto: Patty Varasano | Klaus Philipp ist seit 13 Jahren Leiter der Bunkerstation der MSG in Würzburg. Er bekam in diesem Jahr ein vollkommen neues Schiff, von dem er Treibstoff und alles für den Arbeitsalltag für Binnenschiffer verkauft.
Anna Kirschner
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:16 Uhr

Von innen sieht der Laden der Bunkerstation aus wie ein normales Fachgeschäft für Binnenschiffer. Doch dieses Fachgeschäft befindet sich auf dem Wasser, genauer auf dem Schubleichter "Luisa" an Mainkilometer 247 vor der Dürrbachau in Würzburg.

Neue Bunkerstation auf einem neuen Schiff

Dort, in der Nähe des Neuen Hafens, betreibt die Mainschiffahrts-Genossenschaft eGmbH (MSG) schon viele Jahrzehnte eine Bunkerstation – also eine Tankstelle für Binnenschiffe, die dort Treibstoff "bunkern", aber auch alles andere für den Arbeitsalltag an Bord einkaufen können. "Luisa" ist jedoch neu. Erst im März wurde sie, nach 677 Tagen gründlichen Umbaus, von der MSG-Werkstatt in Dorfprozelten nach Würzburg geschleppt. Nach dem Umzug nahm die MSG sie im April in Betrieb. Anfang September wurde sie mit coronabedingter Verspätung feierlich eröffnet.

Links von 'Luisa' liegt das Bunkerboot. Es ermöglicht Binnenschiffen auch während der Fahrt, Treibstoff aufzunehmen, indem es neben ihnen herfährt und Gasöl hinüberpumpt.
Foto: Patty Varasano | Links von "Luisa" liegt das Bunkerboot. Es ermöglicht Binnenschiffen auch während der Fahrt, Treibstoff aufzunehmen, indem es neben ihnen herfährt und Gasöl hinüberpumpt.

Im Laden an Deck finden die Kunden und Kundinnen ein breites Angebot: große Dosen mit Bootslack stehen in den Regalen, Arbeitsschuhe und Rettungswesten liegen dort, Rohrzangen und Schleifpapier, bayerische und deutsche Flaggen, Batterien und Taue. Im klimatisierten Extraraum steht eine Farbmischmaschine, mit der das Team "so gut wie jeden Farbton" mischen kann - sagt der Leiter der Bunkerstation, Klaus Philipp. Im Gefahrengutlager gibt es weitere Lacke und Farben. Unter Deck lagern sogar Schneeschaufeln und Besenstiele sowie große Kanister Spül- und Putzmittel.

Waren für den Arbeitsalltag

Oben, neben den Regalen mit der nautischen Ware und hinter einer Bezahltheke, spielt sich die logistische Arbeit von Philipp und seinem vierköpfigen Team ab. Funkgeräte liegen bereit, auf einem Bildschirm mit Touchfunktion lassen sich die Füllstände und Temperaturen der Tanks überprüfen, in denen Gasöl zum Verkauf gelagert wird. Weiter hinten gibt es einen Aufenthaltsraum und eine Küche. Das Team ist 365 Tage im Jahr im Einsatz, bei Bedarf auch nachts.

"Man muss dafür geboren sein. Das muss Spaß machen, sonst geht man daran kaputt."
Klaus Philipp, Leiter der Bunkerstation

"Man muss dafür geboren sein", sagt der 60-jährige gelernte Binnenschiffer Philipp. Er leitet die Bunkerstation seit etwa 13 Jahren. "Das muss Spaß machen, sonst geht man daran kaputt." Denn Überstunden sind an der Tagesordnung und Feierabend macht man selten pünktlich. Zudem muss das Team sehr flexibel sein. Die meisten Binnenschiffer, die dort "bunkern", also tanken wollen, rufen zwar einen Tag vorher an – doch "planbar ist fast gar nichts. Oftmals wird der Plan nach einer Stunde wieder über den Haufen geworfen. Aber das ist Schifffahrt, das sind wir gewohnt", erzählt Philipp. Manche Schiffe kommen auch mal nachts.

Rund 2000 Artikel umfasst die MSG Service Station für Binnenschiffer in Würzburg bei Mainkilometer 247, die am Dienstag offiziell eröffnet wurde. 
Foto: Patty Varasano | Rund 2000 Artikel umfasst die MSG Service Station für Binnenschiffer in Würzburg bei Mainkilometer 247, die am Dienstag offiziell eröffnet wurde. 

Seine Kunden, zwischen null und zehn am Tag, kennt der Chef eigentlich alle. Die Binnenschifffahrt, "das ist ein große Familie", sagt Philipp. Momentan kämen vor allem Kabinenschiffe. Übers Jahr verteilt macht die MSG-eigene Flotte rund zwei Drittel der Kunden aus. Die nächsten anderen Bunkerstationen schwimmen in Regensburg und Mainz.

Gasöl lagert in sechs großen Tanks

Den Treibstoff, Gasöl als Vorstufe von Diesel, lagert die MSG in sechs Tanks unter Deck. Enge Gänge führen an den großen, olivgrünen Behältern vorbei. Die kastenförmigen Tanks fassen zusammen 400 Kubikmeter. Doch das Herz von "Luisa" schlägt im Pumpenraum. In komplizierten Verbindungen schlängeln sich die leuchtend gelben und orangefarbenen Leitungen in alle Richtungen. Die  zahlreichen Ventile werden händisch auf- und zugedreht. So sei man "total flexibel", sagt Philipp.

Drei Pumpen können das Gasöl aus allen sechs Tanks in alle anderen Tanks und zu beiden Abgabestellen befördern. Dort schaffen die 30 und 40 Meter langen Schläuche bis zu 370 Liter in der Minute. In Zukunft könnte ein Tank auch für GTL (Gas to Liquid), also synthetischen Kraftstoff, genutzt werden. Allerdings sei das noch Zukunftsmusik, meint Philipp. 

Das Herz der schwimmenden Tankstelle sind die drei Pumpen unter Deck. Die orangefarben lackierte Leitung kann später auf synthetischen Kraftstoff umgestellt und unterschieden werden.
Foto: Anna Kirschner | Das Herz der schwimmenden Tankstelle sind die drei Pumpen unter Deck. Die orangefarben lackierte Leitung kann später auf synthetischen Kraftstoff umgestellt und unterschieden werden.

Die vorherige Bunkerstation fasste nur 100 Kubikmeter. "Luisas" Vorgängerin war kleiner, 50 auf sieben Meter. Das neue Schiff hat die stattlichen Maße von 71 auf 10,4 Meter. "Das sind schon andere Dimensionen", sagt Philipp. "Die Wege sind weiter, die Flächen größer. Allerdings können wir nun mit technischen Hilfsmitteln arbeiten." Unter Deck hilft jetzt ein Hubwagen, die Regale zu bestücken. "Die alte Station war so niedrig, dass wir gebeugt laufen mussten, und alles von Hand bewegen", erzählt Philipp. 

"Schiffe bauen, kein Thema. Aber eine Bunkerstation ist eine ganz andere Geschichte."
Klaus-Martin Meier, beratender Schiffplaner

Einfach war die Planung für den groß angelegten Schiffsumbau nach dem Kauf von "Luisa" nicht. Der beratende Schiffbauer und -planer Klaus-Martin Meier aus Xanten sagt: "Die Vorschriften, die wir als Schiffbauer gewohnt sind, stehen alle in einem Regelwerk. Das prallt dann auf Landvorschriften. Dann fängt man nochmal von vorne an." Denn die Bunkerstation gilt nicht als Schiff, sondern als schwimmende Anlage, und zugleich als Tankstelle. Das Umweltamt Würzburg, der Hafen, das Wasserwirtschaftsamt und nicht zuletzt der TÜV hatten alle mitzureden.

Fotoserie

"Das war schon eine Herausforderung. Schiffe bauen, kein Thema. Aber eine Bunkerstation ist eine ganz andere Geschichte", so Meier. So verlangte der TÜV auch mal drei Zentimeter weniger Abstand zwischen den Aussteifungen der Tanks – und die Planer rechneten von vorne los. Das Ergebnis: "Die modernste Bunkerstation in der Bundesrepublik", so Meier. Einzigartig sei der Bau einer solchen Bunkerstation in Süddeutschland, wie der Leiter der Schiffswerkstatt der MSG in Dorfprozelten, Rainer Bauer, berichtet.

An zwei Abgabestellen auf dem Bunkerschiff können die Binnenschiffer-Kunden tanken. Das Gasöl kann aus jedem Tank zu jedem Schlauch geleitet werden.
Foto: Anna Kirschner | An zwei Abgabestellen auf dem Bunkerschiff können die Binnenschiffer-Kunden tanken. Das Gasöl kann aus jedem Tank zu jedem Schlauch geleitet werden.

Auch die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Ladens ist neu, aber noch nicht in Betrieb. Wie so oft sorgen Lieferschwierigkeiten, hier bei den Wechselrichtern, für eine Verzögerung. Ebenso gab es Lieferschwierigkeiten beim Stahl und der Dämmung für den Umbau von "Luisa". 

Millioneninvestition in das Schiff

Teuer war der auch. In das Schiff, benannt nach der jüngsten Tochter des Vorbesitzers, steckte die MSG eine "substanzielle Investition im höheren einstelligen Millionenbereich", so Vorstandschef Martin Staats. Die muss sich nun über die nächsten Jahre oder Jahrzehnte rechnen. Betriebsleiter Klaus Philipp hat also jede Menge Gasöl zu verkaufen.

In einer früheren Version des Artikels war die Rede davon, dass die neuen Tanks 400.000 Kubikmeter fassen. Wir haben das korrigiert: Es sind 400 Kubikmeter. Die alten Tanks fassten 100 Kubikmeter Kraftstoff.

 
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