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LENGFURT
Wenn dem Tanker der Sprit ausgeht
Liegt ohne Sprit am Zementwerkkai: Die „Dobra“ blieb auf einer Überführungsfahrt nach Rumänien ohne Treibstoff bei Lengfurt liegen.
Foto: Joachim Schwamberger | Liegt ohne Sprit am Zementwerkkai: Die „Dobra“ blieb auf einer Überführungsfahrt nach Rumänien ohne Treibstoff bei Lengfurt liegen.
Von unserem Mitarbeiter Joachim Schwamberger
 |  aktualisiert: 16.12.2015 11:02 Uhr

Wenn Ihnen mit dem Auto unterwegs das Benzin ausgeht, genügt meist ein Fünfliterkanister oder gar noch weniger für die Weiterfahrt. Bei einem Tankschiff muss dafür schon ein ganzer Tanklastwagen anrücken. Am Donnerstagabend setzte der Schiffsdieselmotor der „Dobra“ bei Lengfurt aus: kein Sprit mehr.

„Der Kapitän tat in diesem Fall genau das Richtige: Er warf den Anker“, berichtete Polizeisprecher Karl-Heinz Schmitt. Falsch habe er hingegen gelegen, als er sich nicht vom Tankinhalt überzeugte. Ihn erwartet deshalb ein Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeiten- und dem Binnenschifffahrtsrecht. Schmitt: „Der Tanker lag nach dem Anker werfen in der Fahrrinne des Mains fest, so dass das sichere Passieren der vorbeifahrenden Schiffe nicht möglich war.“ Die Schifffahrt musste daraufhin eingestellt werden, ist aber wieder frei.

Unterstützung kam glücklicherweise von einem Güterschiff: mit dessen Hilfe konnte die „Dobra“ sicher an der Kaimauer des in der Nähe befindlichen Zementwerks in Lengfurt anlegen. Dort lag es auch noch am Freitag und wartete auf eine Ladung Gasöl, wie der Dieselkraftstoff in der Schifffahrt und in der Landwirtschaft bezeichnet wird. 10.000 Liter sollten eingefüllt werden.

Dass einem Schiff der Sprit ausgeht, ist ebenso kurios wie selten, meint Christian Hochbein, Binnenschifffahrtsexperte aus Marktheidenfeld und Geschäftsführer der Binnenschifffahrts-Verwaltungsgesellschaft BVG-THG am Mainkai. „Das Betanken der Schiffe heißt im Fachjargon bunkern, die ,Tankstellen‘ Bunkerstationen“, erklärt Hochbein. Eine solche ist auch das Tanklager Zügel auf der gegenüber von Marktheidenfeld liegenden Mainseite. Weitere Bunkerstationen sind in Würzburg, Nürnberg oder Regensburg. „Auf dem Rhein werden Frachtschiffe sogar während der Fahrt betankt: von einem Bunkerboot“, informiert der Marktheidenfelder Experte. In Unterfranken hat seines Wissens nur die Motorschifffahrtsgesellschaft MSG Würzburg ein solches. Tankfahrten seien aber eher selten.

Damit ein Schiff von einem Tanklaster betankt werden kann, bedarf es einer Ausnahmegenehmigung. Auch wenn ein Tankschiff selbst Diesel transportiert, ist eine Sprit-Entnahme aus der Ladung verboten. Die Fracht ist verplombt, weil sie Zollware ist und deshalb besonderen Steuerkriterien unterliegt.

In aller Regel verfügen Tankschiffe wie die 110 Meter lange „Dobra“ über zwei Tanks mit jeweils 20 bis 30 Kubikmetern Inhalt. Bei neuen Schiffen zeigt eine Radarmessung den Tankinhalt an, bei älteren tut dies ein durchsichtiges Röhrchen an der Außenseite. Im Falle der „Dobra“ habe sich der Kapitän über den Spritvorrat keine Gewissheit verschafft, berichtet Polizeisprecher Schmitt. Das renovierte Tankschiff sollte leer von Frankfurt am Main nach Rumänien überführt werden.

„Mainaufwärts, ohne Ladung, da benötigt ein solches Schiff rund 120 Liter Treibstoff pro Stunde. Mit den 10.000 Litern kann der Kapitän also rund 80 Stunden fahren“, rechnet Hochbein vor. Nach Würzburg braucht die „Dobra“ nach Hochbeins Schätzung rund 20 Stunden.

Verzögern kann eine Weiterfahrt auch, wenn es dem Schiffer an Bargeld fehlt. Bei Unbekannten liefern die Tanklager nur gegen solches ihren Kraftstoff. In diesem Fall müssen die Besatzungen warten, bis von der Heimatreederei die Scheine oder beglaubigte Zahlungsmittel eintreffen. Aber für manchen ist ein kurzer Aufenthalt im Frankenland mit seinen gastlichen Schönheiten auch nicht zu verachten...

 
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