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Würzburg
Schule daheim: Wie gut und (un)gerecht ist digitaler Unterricht?
Klar ist, auch im nächsten Schuljahr wird es noch keinen normalen Unterrichtsbetrieb geben. Wie  läuft der digitale Unterricht in Bayern? Werden manche Kinder abgehängt?
Videounterricht einer 5. Klasse in den Haßbergen: Lehrerin Katrin Hiernickel und ihre Schüler freuen sich, dass digitaler Unterricht stattfinden kann. In vielen Klassen ist das nicht gelungen.
Foto: Christian Licha | Videounterricht einer 5. Klasse in den Haßbergen: Lehrerin Katrin Hiernickel und ihre Schüler freuen sich, dass digitaler Unterricht stattfinden kann. In vielen Klassen ist das nicht gelungen.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:01 Uhr

Seit mehr als zwölf Wochen wird die Mehrheit der bayerischen Schüler zu Hause unterrichtet. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) rechnet damit, dass die Corona-Beschränkungen an Schulen noch mindestens ein Jahr gelten werden. Bis dahin, so Karliczek, werde es weiter eine Mischform von Präsenzunterricht und digitalem Unterricht geben. Auch in Bayern.

Doch nicht alle Schüler haben zu Hause die gleichen Möglichkeiten. Mit dem "Homeschooling" bestimmt Experten zufolge mehr denn je der familiäre Hintergrund über den schulischen Erfolg und den Werdegang von Kindern und Jugendlichen. Wie kann man gleiche Bedingungen für alle schaffen? Haben bayerische Schulen die Digitalisierung verschlafen? Wie kann der Unterricht verbessert werden? 

Die 14 Jahre alte Lilli hat auf einem Laptop die Lernplattform 'mebis' für bayerische Schulen geöffnet. Seit zwölf Wochen werden Kinder vor allem digital unterrichtet.
Foto: Stefan Puchner, dpa | Die 14 Jahre alte Lilli hat auf einem Laptop die Lernplattform "mebis" für bayerische Schulen geöffnet. Seit zwölf Wochen werden Kinder vor allem digital unterrichtet.

Zunächst gab es für die meisten Schüler nur Arbeitsblätter. "Ab der dritten Woche hat sich so etwas wie digitaler Unterricht entwickelt", berichtete Joshua Grasmüller jetzt bei einer Webkonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung. Grasmüller ist Koordinator im Landesschülerrat Bayern, der 1,7 Millionen Schülerinnen und Schüler vertritt. "Mebis", die zentrale Lernplattform des Kultusministeriums, sei anfangs absolut überlastet gewesen und immer wieder abgestürzt. "Mebis war ein riesiger Reinfall und nicht für einen Massenzugriff ausgerichtet", sagt Grasmüller. "Die große Mehrheit der Schüler hatte gar keinen Zugriff auf digitale Lernplattformen."

"Wir brauchen klare Richtlinien für den digitalen Unterricht!"
Simone Fleischmann, Präsidentin des BLLV

Auch für Lehrer lief nicht alles rund in den Corona-Wochen: "Wir hatten wenig digitalen Unterricht, aber wir hatten digitale Kommunikation", so Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), bei der Webkonferenz. "Wenn wir den Unterricht in dieser Form noch länger fortsetzen, brauchen wir klare Richtlinien für den digitalen Unterricht." Das größte Problem aber sei der Lehrermangel: "Viele Schulen haben einfach nicht genug Personal."

Simone Fleischmann leitet seit fünf Jahren Bayerns größten Lehrerverband, den BLLV.
Foto: Sven Hoppe, dpa | Simone Fleischmann leitet seit fünf Jahren Bayerns größten Lehrerverband, den BLLV.

Die unterschiedlich gute Ausstattung der Schulen mit Hard- und Software sei zu Lasten der Kinder und Jugendlichen gegangen, sagt Jörg Nellen vom Bezirksverband Unterfranken der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): "Da die Digitalisierung in Bayern verschlafen wurde, waren neben den Schulen auch viele Elten nicht auf die Anforderungen digitalen Unterrichts eingestellt", sagt Nellen. Viele Schüler hätten immer noch kein Endgerät, auch Drucker fehlten in vielen Familien. 

Einheitliche Hard- und Software für alle Schüler

Für den Unterricht zu Hause brauche jeder Schüler einen Arbeitsplatz, an dem er in Ruhe arbeiten kann, einen PC oder Laptop sowie eine stabile Internetverbindung. Aber es brauche auch Eltern, die die Kinder beim Homeschooling unterstützen, sagt Professor Rudolf Kammerl. Der Medienpädagoge der Universität Nürnberg-Erlangen verwendet selbst lieber den Begriff "Fernunterricht": "Man kann nicht von Homeschooling sprechen, denn das impliziert, dass Eltern freiwillig ihre Kinder daheim unterrichten." Und digital sei der Unterricht nur bei den wenigsten Kindern gewesen.

Wie aber kann der Fernunterricht verbessert werden? "Ideal wäre ein täglicher Kontakt zum Lehrer und auch der Kontakt der Schüler untereinander. Aber davon sind wir weit entfernt", sagt der Medienpädagoge. Dazu müssten die Lehrpläne an die neuen Anforderungen angepasst werden. Und die Lehrer sollten mehr zusammenarbeiten, so Kammerl: "Wenn landesweit jede digitale kompetente Lehrkraft nur eine gute Unterrichtseinheit entwickelt und mit allen teilt, gäbe es schnell ein umfangreiches Angebot." Dies müsse aber zentral durch die Landesinstitute und Ministerien koordiniert und mit Unterstützung von Fachkräften für Medienproduktion und digitales Lernen professionalisiert werden.

Ein Schüler arbeitet zu Hause am Tablet. Doch nicht alle Schüler in Bayern haben solche Endgeräte zur Verfügung. 
Foto: Carmen Jaspersen, dpa | Ein Schüler arbeitet zu Hause am Tablet. Doch nicht alle Schüler in Bayern haben solche Endgeräte zur Verfügung. 

Die GEW sieht bestimmte Bevölkerungsgruppen grundsätzlich benachteiligt. "Die soziale Spaltung wird durch die digitale Spaltung noch vertieft. Als Konsequenz aus der Krise muss der Staat mit Geld, Know-how und Personal endlich dagegen steuern", sagt Jörg Nellen. Der digitale Unterricht sei in den vergangenen Wochen dort gelungen, wo Schulleitungen bereits Förderungen aus dem Digitalpakt nutzten, wo Lehrkräfte die Aufgaben schon früher in einer Mischung aus digital und analog erledigen ließen, und wo die Schule auf eine zeitgemäße Ausstattung der Schüler zuhause achtete, so Nellen: "Doch bis das für alle Schulen gilt, wird noch ein Jahrzehnt vergehen, wenn wir so weiter wurschteln, wie bisher", so der GEW-Vorsitzende für Unterfranken.

Mit dem Digitalpakt wird seit März 2019 die Digitalisierung in den Schulen mit fünf Milliarden Euro gefördert. Im Januar 2020 waren bundesweit erst 20 Millionen aus dem fünf Milliarden-Paket abgerufen worden. Viele Schulen, so hieß es, hätten ihre Medienkonzepte noch nicht eingereicht - Grundvoraussetzung dafür, überhaupt Mittel beantragen zu dürfen. Zudem seien zahlreiche Schulen noch dabei, erst einmal ihre aktuelle Ausstattung zu prüfen und ihren Bedarf zu ermitteln.

Kultusministerium stellt Endgeräte zur Verfügung

"In den letzten Jahren wurden an den Schulen tausende mobile Endgeräte beschafft", sagt indes Zoran Gojic, Sprecher am Kultusministerium. Diese Geräte können sich Schüler jetzt über die Schulen beim Schulaufwandsträger ausleihen. "Wenn die Geräte nicht ausreichen, können die Schulen mit Fördermitteln auch ohne vorherigen Förderantrag weitere beschaffen", so Gojic. Alle weiterführenden Schulen würden mit dem digitalen Kommunikationswerkzeug "Microsoft Teams für Education" unterstützt. "Damit können die Schüler mittels Chat, Telefon- oder Videokonferenz mit den Lehrkräften kommunizieren, in Kursräumen arbeiten und Feedback erhalten."

 
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  • uwe.luz@t-online.de
    Ob uns das gefällt oder nicht: Die Pandemie wird uns zu Außergewöhnlichem zwingen, bis es einen Impfstoff gibt. Auch im Herbst und Winter.
    Deswegen: Sommerferien auf 3 Wochen verkürzen und dann intensiv den digitalen Unterricht vorbereiten.
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  • tinawue@gmail.com
    "Mit dem Digitalpakt wird seit März 2019... Zudem seien zahlreiche Schulen noch dabei, erst einmal ihre aktuelle Ausstattung zu prüfen und ihren Bedarf zu ermitteln."

    Seit März 2019?! Aha...
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  • jhuller@gmx.de
    Ist leider so.

    Die Welt um uns hat sich radikal verändert, nur Schule in Deutschland lief bisher immer noch wie seit hunderten Jahren. Die größte Innovation war, dass man Griffel und Schiefertafel durch Papier und Stift ersetzt hat. Ach ja, und dass die Schüler im Winter kein Holzscheit zum Heizen des Klassenzimmers mehr mitbringen müssen.

    Das ganze Dilemma kommt nun dank Corona zum Vorschein. Und das liegt nicht nur an der mangelnden Ausstattung der Schüler. Manche Lehrer sind genauso ahnungslos und überfordert wie die Schüler. Da herrscht Unkenntnis wie man in der offiziellen Lernplattform Mebis Aufgaben verteilt, dann fehlt mal der Upload-Link, Chat- und Forenfunktionen werden nicht genutzt. Stattdessen wir alles doppelt und dreifach per eMail hin und her geschickt. Videokonferenzen werden durch Fremde gestört, weil man nicht weiß, wie man so eine Sitzung absichert, etc.

    Ich erlebe das tagtäglich mit meinen eigenen Kindern. Ein Armutszeugnis
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  • info@softrie.de
    Das Problem sind doch die Gemeinden. Wenn die Uni (von Bayern finanziert) mal eben die marode Mensa saniert, sind schnell 25 Millionen Euro ausgegeben. Schon seit 20 Jahren muss man sich fragen, warum eigentlich jeder Lehrer seine Zeit mit der Erstellung von Arbeitsmaterialen gibt und kein Landesportal, wo diese sich das Zeug ziehen können. Wieso müssen Lehrer mit ihrem privaten Sachen arbeiten? Das würde keine Firma machen, noch ist das datenschutztechnisch erlaubt. Genauso sollte es auch Hiwis geben, die das Benoten und Standardaufgaben der Lehrer abnehmen, damit diese sich auf ihre Kompetenzen konzentrieren können: Das Lehren!

    Leider ist aber Schule eine kommunale Angelegenheit. Wir kennen ja auch die Geschichten, dass Lehrer mal gerne im August zum Arbeitsamt gehen müssen.
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  • nkestler@aol.com
    Wie bitte? Noch ein Jahr?Unter den aktuellen Gegebenheiten unverantwortlich den Schülern und Eltern gegenüber. So funktiniert das nicht
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  • jebusara@web.de
    Man kann sich alles selbst beibringen, Wissen erarbeiten. Gerade heutzutage, im Zeitalter des Internets, sind dafür die besten Möglichkeiten gegeben. Jedes Dorf hat inzwischen DSL, jedes Kind hat zumindest ein Smartphone. Man muss das Gerät nur richtig nutzen und nicht nur damit angeben denn mit dieser Kombi kann man sich alles beschaffen was man wissen will. Was man sich selbst erarbeitet weiss man, vergisst man nicht mehr. Das sitzt! Im Gegensatz zu Schulstunden die man nur über sich ergehen lässt weil es sein muss. Für unzählige Kinder ist das Homeschooling das beste was passieren konnte denn sie können ohne Langeweile lernen - und ohne Mitschüler und Lehrer die sie mobben.

    Wenn man den Kindern natürlich immer wieder erklärt wie schwierig das alles ist und wie schlimm sie doch dran sind - dann ist es für die Kinder irgendwann tatsächlich ein belastender Zustand. Man muss ihnen vermitteln, dass dies die ganz grosse Chance auf Individualität und Selbstständigkeit ist!
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  • vfhb
    Na, wenn Sie meinen, dass sich ein Erstklässler schreiben und lesen per Internet selbst beibringen kann, dann sind Sie etwas naiv. Außerdem hat in der Altersklasse der Grundschüler wohl kaum alle ein digitales Endgerät zum Angeben.
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  • juergenmagic@t-online.de
    Das ist bei weitem noch nicht so, dass es in jedem Dorf richtig gutes Internet gibt. Da hinken manche Gemeinden sehr hinterher, auch deshalb, weil sich das für die Anbieter nicht gelohnt hat. Jedes Kind ein Smartphone? Da leben Sie wahrscheinlich in einer verkehrten Welt. Es gibt genug Eltern, die ein Smartphone ihren Kindern erst ab einem gewissen Alter geben. Zumal empfohlen wird, dass Kinder erst ab der fünften Klasse eines haben sollen, damit diese nicht ewig am Bildschirm hängen. Es ist auch ein gewaltiger Unterschied zwischen stationärem Unterricht und Online-Plattformen bzw. verteilten Arbeitsblättern zum Selbstlernen ist. Ein Lehrer kann noch was erklären, wenn das Kind nachhakt. Ist ein Kind eh schon schwächer, nützen ihm diese Selbstlernvarianten gar nichts.
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  • stefan.behringer@web.de
    An unserer Grundschule ist eine wöchentliche Email das einzige Digitale. Ansonsten gibt es lediglich
    "Unterricht" via Aufgaben im Schulbuch oder wöchentlich verteilten Arbeitsblättern.
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  • juergenmagic@t-online.de
    Problem ist hier, dass es keine Vereinheitlichung unter den Schulen gibt, sondern jede Schule das so macht, wie sie will. Grund ist auch, dass wir in einer digitalen Wüstenlandschaft leben und auch manche Lehrer mit dem Medium "Internet" nur sehr eingeschränkt umgehen. Schuld ist natürlich auch, dass in den letzten Jahren diesbezüglich viel zu wenig aus Geldmangel getan wurde. Leidtragende sind die Kinder, die im europäischen Vergleich hinterher hinken. Logisch gibt es auch ein Gefälle zwischen Arm und Reich. Es liegt auf der Hand, dass Eltern mit etwas mehr Diri-Dari auch mehr für ihre Kinder tun können.
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  • BLLV
    Die Schulen machen nicht, was sie wollen, sondern was sie können: Es gibt Grundschulen, da gehören bis auf die Rektorin alle zur Risikogruppe, jetzt soll sie als Einzelperson Live-Unterricht für 4 geteilte KLassen, also 8 machen, Notbetreuung in den Ferien und eben Lernen für zuhause mit digitalen Tools. Na das ist nicht ganz realistisch. Dann gibt es Schulen mit jungem Kollegiun im Speckgürtel der Großstädte, die vorher schon dank Spenden top digital aufgestellt waren. Natürlich läufts da unterschiedlich. Das liegt aber an einem dezentral organisierten System und nicht daran, ob vor Ort jemand "will" oder nicht.
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