Wer hat an der Schraube gedreht? "Ich habe damit nichts zu tun", sagte der 36 Jahre alte Angeklagte aus dem Landkreis Würzburg am ersten Verhandlungstag vor gut einer Woche. Beim zweiten Termin im Würzburger Amtsgericht am Donnerstag wirkt der Mann eher teilnahmslos. Zur Anklage, dass er in der Nacht auf den 15. Februar 2022 die dreifach gesicherten Gärbehälter auf dem Gelände der Biogasanlage in Fuchsstadt im Landkreis Würzburg geöffnet haben soll und deshalb rund 1100 Kubikmeter Gülle über Felder und Wiesen in einen Bach flossen, äußert er sich nicht mehr.
Dass es sein Mandant war, der damals an den Schrauben und Schiebern der Silos drehte, streitet der Pflichtverteidiger ab. "Er hat sich bei seiner Festnahme ruhig, freundlich und kooperativ verhalten", führt er als Beleg für die Unschuld des 36-jährigen Familienvaters an. Und: "Wie bescheuert muss man sein, das Tatwerkzeug hinter dem Fahrersitz zu verstecken. In der Regel wirft man das doch in den Main."
DNA-Spuren und GPS-Daten überführen den Angeklagten
Der Angeklagte hatte von April 2019 bis 2021 für die Biogasanlagen GbR in Fuchsstadt gearbeitet. Nach dem Vorfall im Februar 2022 hatte die Polizei bei ihm noch am gleichen Tag bei der vorläufigen Festnahme eine Rohrzange gefunden. Ein Gutachter des Landeskriminalamtes (LKA) gab am ersten Prozesstag am Amtsgericht an, genau mit diesem Werkzeug seien die Sicherungsschrauben an den Gärbehältern aufgedreht worden.
Ein erstes Indiz, das gegen den 36-Jährigen spricht. In seinem Plädoyer führt der Staatsanwalt an diesem Donnerstag drei weitere an: Frische DNA-Spuren des Angeklagten an Stellrad und Schlagschieber, mit denen die Gärrestebehälter verschlossen waren. Zwei eindeutige Geodaten, die im Mobiltelefon des Mannes als "wichtige Orte" gespeichert waren und die ihn in der Tatnacht um 2.33 Uhr auf dem Geländer der Biogasanlage verorten.
Staatsanwalt sieht klares Motiv: Vom früheren Arbeitgeber gekündigt
Hinzu kommt laut Staatsanwalt ein mögliches Motiv: Weil die Betreiber der Biogasanlage ihrem ehemaligen Mitarbeiter viele Sabotageakte im Betrieb zuschrieben, hatten sie ihm im März 2021 gekündigt und Hausverbot erteilt. Danach sei zumindest im Betrieb Ruhe gewesen, sagen die damaligen Chefs vor Gericht aus. Außerhalb der Biogasanlage aber seien die Manipulationen weitergegangen: Mal habe Baustahl im Acker gelegen, mal seien Reifen zerstochen gewesen.
Wenn er alles zusammen nehme, gebe es "keinen Zweifel", dass der Angeklagte der Täter sei, sagt der Staatsanwalt. Er fordert eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten.
"Es gab keine Animositäten", erwidert der Verteidiger. Von Anfang an sei einseitig ermittelt worden, weil die Betreiber der Biogasanlage gegenüber der Polizei sofort seinen Mandanten als den Schuldigen ausgemacht hätten. Und eine Gewässer- oder Bodenverunreinigung will der Anwalt des Angeklagten auch nicht erkennen. Weder sei durch die Gülle Grundwasser verschmutzt, noch Boden verunreinigt worden. Der Vorwurf der Anklage treffe deshalb nicht zu, sagt der Verteidiger und forderte einen Freispruch.
Feuerwehren konnten verheerende Umweltkatastrophe verhindern
"Wir sind knapp an einer Umweltkatastrophe vorbeigeschlittert", sagt die Vorsitzende Richterin. Dass es dazu nicht kam, sei einem Nachbarn und dem schnellen Einsatz der Feuerwehren zu verdanken. Durch einen Damm im Bach hätten die Einsatzkräfte verhindern können, dass die schwarze Brühe in den Main läuft und womöglich ein Fischsterben verursacht hätte. Der Nachbar hatte noch in der Nacht die auslaufende Gülle entdeckt und den Betreiber der Anlage geweckt.
Vorsätzlich gehandelt: Angeklagter verurteilt zu zweieinhalb Jahren Haft
Angesichts der Beweise ist auch das Gericht überzeugt, dass der Angeklagte "im Frust" über die Kündigung die Schrauben an den Gärbehälter mit der Rohrzange geöffnet hat. Es verurteilt den 36-Jährigen wegen vorsätzlicher Boden- und Gewässerverunreinigung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.