
Die Giebelstadter B 19-Ortsumgehung ist tot. Seit Mitte Februar steht das fest. Das mutmaßlich letzte Requiem hielt ihr jetzt Giebelstadts Gemeinderat, zelebriert von Rüdiger Köhler, Bereichsleiter am Staatlichen Bauamt. Dieser machte den Gemeinderäten und den zwei Dutzend Zuhörerinnen und Zuhörern dabei klar, dass er nicht an eine Auferstehung glaubt. "Wir haben alles versucht, um noch einen Ausweg zu finden, aber die Hoffnung hat sich zerschlagen", so Köhler. In einem sensiblen Schutzgebiet, das neben Wiesenweihe und Feldhamster viele weitere geschützte Arten beheimatet, sei der Bau der Umgehungsstraße auf der geplanten Trasse nicht möglich.
Am Ratstisch herrscht Unverständnis über den Schlussstrich nach rund 40 Jahren, in denen die Umgehungsstraße ein Thema war. Die vielen Planungs- und Personalkosten, die während dieser Zeit verbraucht wurden, wirft Armin Kolb (UWG) vergeblich in die Waagschale, und den Grunderwerb für die überplante Trasse, die sich der Bund schon in den 1980er Jahren im Rahmen der Flurbereinigung gesichert hatte.
Die Umgehungsstraße scheiterte an der Festlegung auf eine alte Trasse
Indirekt ist es aber gerade dieser Grunderwerb, der die Planung letztlich scheitern ließ. Von Anfang an hatte sich das Staatliche Bauamt auf diese Trasse festgelegt, obwohl die Probleme bekannt waren, mahnte etwa der Landesbund für Vogelschutz. In dem Variantenvergleich, der gesetzlich vorgeschrieben ist, habe man die Trasse schöngerechnet, um den Eingriff in die Natur möglichst klein erscheinen zu lassen.
Tatsächlich bestätigte sich diese Einschätzung im späteren Planfeststellungsverfahren bei der Regierung von Unterfranken - und hier liegt die Krux. Ein Eingriff in das europäische Vogelschutzgebiet sei nur in Ausnahmen möglich, und nur dann, wenn dafür die am wenigsten schädliche Variante gewählt wird, urteilte die Behörde. So will es das europäische Recht. Weil die gewählte Trasse nicht die günstigste ist, stoppte die Regierung das Verfahren.
Nach mehreren Sitzungen am Bauministerium gab das Staatliche Bauamt schließlich in letzter Hoffnung auf ein günstigeres Ergebnis ein weiteres Gutachten zum Variantenvergleich in Auftrag. Doch das Fachbüro in Marburg kam zu dem gleichen Schluss wie andere zuvor: Die gewählte Trasse ist nicht die günstigste. Deshalb hätte ein Planfeststellungsbeschluss vor Gericht sicher keinen Bestand, so Rüdiger Köhler.
Vor Gericht wäre die Planfeststellung sicher gescheitert
Dieses Argument wiegt deshalb so schwer, weil sich der Bund Naturschutz von Anfang an gegen die Umgehungsstraße ausgesprochen und mit Klage gedroht hatte. "An der Regierung wird man nicht mit einer Variante ins Verfahren gehen, von der man weiß, dass sie vor Gericht runterfällt", verdeutlicht Bürgermeister Helmut Krämer das Dilemma. "Man muss das akzeptieren, auch wenn es schwerfällt."
Doch welchen Anteil hat die Wiesenweihe an dieser Entscheidung? Die Regierung hat den Stopp des Verfahrens vor allem mit dem Schutz des sehr seltenen Greifvogels begründet, der rund um Giebelstadt sein größtes Brutgebiet in Deutschland hat. Maßgeblich hat dazu ein Artenschutzprojekt unter Beteiligung der örtlichen Landwirte beigetragen. Manch einer von ihnen sieht sich nun nachträglich bestraft für sein freiwilliges Engagement.
"Ich kann diesen Frust vollkommen nachvollziehen", sagt Abgeordneter Björn Jungbauer (CSU), der sich gemeinsam mit seinen Landtagskollegen Volkmar Halbleib (SPD) und Felix von Zobel (FW) für die Umgehung eingesetzt hat. Er gibt aber zu bedenken, dass es auch um weitere geschützte Arten ging, in deren Lebensraum die Umgehung erheblich eingegriffen hätte.
Die Wiesenweihe ist nicht alleine schuld am Aus für die Umgehungsstraße
Diese Einschätzung teilt Giebelstadts Bürgermeister Helmut Krämer. "Die Wiesenweihe war nur ein Thema", sagt Krämer vor dem Gemeinderat. "Wenn wir diese Hürde hätten überspringen können, wären die nächsten auf uns zugekommen." Das hatte die Regierung öffentlich bislang weniger deutlich formuliert. "Es wurde von der Regierung etwas vage kommuniziert, dass es nicht nur um die Wiesenweihe geht", sagt Felix von Zobel dazu.
Doch wie soll es für die verkehrsgeplagten Anwohner in Giebelstadt, Herchsheim und Euerhausen nun weitergehen? "Wir müssen uns jetzt um andere Maßnahmen für die Entlastung der Anwohner kümmern, auch wenn sie das Grundsatzproblem des Durchgangsverkehrs nicht lösen", meint Abgeordneter Volkmar Halbleib.
Im Giebelstadter Gemeinderat hat Jan Voll vom Staatlichen Bauamt ein ganzes Bündel solcher Maßnahmen vorgestellt, die derzeit geprüft werden. Dazu zählen beispielsweise Fahrbahnteiler mit einer Fußgängerfurt und verschwenkten Fahrbahnen an den Ortseingängen oder die Sanierung der Fahrbahndecke mit sogenanntem Flüsterasphalt. Derzeit würden detaillierte Vorschläge erarbeitet und später dem Gemeinderat vorgestellt, so Voll weiter. Eines steht indes auch für ihn fest: "Wir können den Verkehr dadurch vielleicht etwas sicherer machen, aber wir kriegen ihn nicht raus."
Gruß Gerhard Meißner, Redakteur
dann kann bzw. muss man wohl anfangen, Maßnahmen wie eine Tempo-30-Zone und entsprechende Straßengestaltung vorzusehen/ umzusetzen. Wenn wie Sie schreiben sich ca. 5000 von 10000 Fz. täglich als Zielverkehr "auf die Nebenstrecken verlieren", gibt es auch ein Potenzial von bis zu ca. 5000, die nicht unbedingt diesen Weg nehmen müssten. Sollte es sich dabei schwerpunktmäßig um LKW handeln, die sich einen anderen Weg "suchen" statt "Maut zu sparen", wäre die Entlastung sicher schon spürbar (fragen Sie mal die von einer ähnlichen Problematik betroffenen Leute in Gaibach, die übrigens diese Probleme von Schwarzach/ Gerlachshausen "geerbt" haben, als die dortige Umgehung gebaut wurde und sich ein Mehrverkehr einstellte, weil die neue Strecke kürzer war/ ist als über die B 286...).
Viele Grüße Gerhard Meißner, Redakteur
Der Schutz des Menschen wäre aber auch zu beachten.
Vor 20 Jahren sind die Amerikaner abgezogen. Wissen Sie da etwas Neues wer da kommen soll?
Gruß Gerhard Meißner, Redakteur
ich will ja nicht sagen, dass eine militärische Nutzung ausgeschlossen ist. Schon jetzt startet ein A 400 M der Bundeswehr regelmäßig von Giebelstadt im Rahmen der Fallschirmsjäger-Ausbildung. Aber dass dort wieder ein fester Stützpunkt errichtet wird, mit Kaserne etc., wage ich schon auszuschließen. Zumal die zivile Nutzung im bisherigen Umfang dann nicht mehr möglich wäre.