Aus und vorbei für die B19-Umgehungsstraße bei Giebelstadt, Herchsheim und Euerhausen - die Regierung von Unterfranken hat das Planfeststellungsverfahren in der vergangenen Woche beendet, weil die geplante Trasse erheblich in den Lebensraum der streng geschützten Wiesenweihe eingreift und deshalb nicht genehmigungsfähig ist. Unter den Befürwortern der Ortsumfahrung hat die Entscheidung Entsetzen ausgelöst und viele offene Fragen zurückgelassen. Anfragen der Redaktion an die Regierung von Unterfranken und das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr liefern jetzt Antworten.
Im Falle der Wiesenweihe gilt ein Eingriff als erheblich, wenn dadurch Lebensraum von mehr als zehn Hektar verlorengeht. Das betrifft zum einen Felder mit Wintergetreide, in denen die Vögel ihre Horste bauen, nachdem sie Mitte April aus dem Winterquartier zurückgekehrt sind, zum anderen ihr Jagdgebiet, in dem sie ausreichend Feldmäuse - ihre Hauptnahrung - erbeuten können.
Das Fachgutachten, das Bestandteil der Antragsunterlagen für die Planfeststellung ist, ging von einem Lebensraumverlust von 9,3 Hektar aus, davon 3,7 Hektar Bruthabitat. Zur Berechnung wurde die sogenannte Beeinträchtigungszone der geplanten Trasse von 65,4 Hektar mit der mehrjährigen Anbaustatistik verglichen, wonach in dieser Zone auf durchschnittlich 5,6 Prozent der Fläche Wintergerste und Triticale angebaut werden. Daraus ergibt sich ein Brutplatzverlust von 3,7 Hektar. Der Eingriff wäre demnach kleiner als zehn Hektar und nicht "erheblich" im Sinne der Schutzverordnung.
Wie die Regierung von Unterfranken mitteilt, wurde bei der Berechnung des Brutplatzverlusts der Winterweizen zunächst nicht berücksichtigt. Das entspricht der früheren Praxis, weil der Winterweizen im April noch nicht hoch genug gewachsen war, um den Nester Deckung zu bieten und deshalb gemieden wurde. Tatsächlich seien inzwischen rund 40 Prozent der Wiesenweihen-Horste im Winterweizen zu finden, argumentiert der Landesbund für Vogelschutz. Ursache dafür sind zunehmend milde Winter, die den Weizen früher wachsen lassen. Durch die Folgen des Klimawandels vergrößert sich also das potenzielle Brutgebiet der Wiesenweihen. Gleichzeitig steigt dadurch der rechnerische Verlust von Lebensraum.
Nach der Anbaustatistik des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wird in dem Untersuchungsgebiet tatsächlich auf 43,3 Prozent der Flächen Winterweizen angebaut. Die höhere Naturschutzbehörde an der Regierung von Unterfranken beziffert den Verlust an potenzieller Brutfläche deshalb auf rund 30 Hektar, also weit über der Erheblichkeitsschwelle von zehn Hektar.
Ausnahmen sind nach der europäischen Schutzverordnung und nach dem Bundesnaturschutzgesetz möglich wenn "zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses" vorliegen. Das setzt aber voraus, dass verschiedene Varianten untersucht und letztlich diejenige gewählt wird, die den mildesten Eingriff in den Lebensraum der geschützten Art bedeutet.
Ja, in der Umweltvertraglichkeitsprüfung wurden zehn Varianten verglichen. Für alle zehn wurde ein Habitatverlust von weniger als zehn Hektar ermittelt und der Eingriff deshalb als "nicht erheblich" bewertet. Die Wahl des Staatlichen Bauamts fiel schließlich auf die Variante drei, für die der Bund bereits Eigentümer der erforderlichen Flächen ist. Tatsächlich wurde für weitere Varianten ein geringerer Verlust von Lebensraum ermittelt.
Nein, wie die Regierung von Unterfranken mitteilt, konnte die Planfeststellungsbehörde nur aufgrund der eingereichten Unterlagen entscheiden. Eine Ortsumgehung sei auf der bereits erworbenen Trasse nicht möglich. Die Regierung beruft sich dabei unter anderem auf eine höchstrichterliche Entscheidung des Europäischen Gerichtshof aus dem Jahr 2004 (Az: EuGH EuZW 2004, 730)
Ja, das hätte aber nach Auskunft des Staatlichen Bauamts erneut umfangreiche Planungen zur Folge und berge weiterhin ein hohes naturschutzfachliches Konfliktpotenzial. Die Umgehungsstraße ist nach wie vor im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplan 2030 enthalten und mit den entsprechenden Finanzmitteln unterlegt. Um die nötigen Flächen zu erwerben, wäre vermutlich zusätzlich ein zeitaufwändiges Flurbereinigungsverfahren erforderlich. Wie das weitere Vorgehen aussehen soll, ist offen. Dazu will sich das Staatlichen Bauamt demnächst mit dem dem Bayerischen Bauministerium und dem Bund als Bauherrn abstimmen.
Dass ein Planfeststellungsverfahren vorzeitig gestoppt wird, kommt nicht häufig vor, teilt das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr mit. Genaue Zahlen darüber liegen allerdings nicht vor. Die Regierung von Unterfranken teilt mit, dass die Beendigung eines Verfahren aus Gründen der Verwaltungsökonomie gängige Praxis sei, wenn ein positiver Planfeststellungsbeschluss ausgeschlossen werden kann. Zu dieser Einschätzung sei es erst im Laufe des Verfahrens gekommen.
Und ja, Ungarn agiert in vielen Sachen cleverer und lässt sich nicht so von der EU auf der Nase herumtanzen.
Es wird auf die Pendler geschimpft. Arbeitsplätze, Behörden u. Ärzte aufs Land und dann gibt es keine Pendler und die Würzburger haben ihre Ruhe.
RECHNERISCH!
Praktisch haben sich durch die Einrechnung des Winterweizens die Brutgelegenheiten der Vögel enorm vermehrt. WW wird ja nicht nur auf der Trasse angebaut, sondern überwiegend außerhalb dieser.
"sind zunehmend milde Winter, die den Weizen früher wachsen lassen"
Wieso sind wir dann gegen eine Erwärmung des Klimas? Aus Gründen des Vogelschutzes wäre diese doch wünschenswert. Verzicht auf Vogelschredder inclusive.