
Die Kirche befinde sich im Umbruch, sagte Franz Jung vor seiner Weihe zum Würzburger Bischof im Juni 2018. Jüngst veröffentlichte Studien und Zahlenwerke zur Situation der katholischen und auch zur evangelischen Kirche in Deutschland zeigen, wie dieser Umbruch aussieht: leere Gotteshäuser, viele Gläubige kehren der Kirche den Rücken. "Es geht ganz offensichtlich um die Glaubwürdigkeit der Kirche. Kirchliches Tun steht zusehends unter dem Zustimmungsvorbehalt des Einzelnen", sagte Bischof Jung, nachdem die Höhe der Kirchenaustritte veröffentlicht worden waren. Und: "Das ist die Herausforderung, mit der die Kirche heute umgehen muss."
Das Washingtoner Pew Research Center befragte 2017 rund 25.000 Personen aus 15 europäischen Ländern, in denen Kirchensteuer erhoben wird. Demnach gaben in Dänemark 80 Prozent der Befragten an, Kirchensteuern zu zahlen, gefolgt von Österreich (76), der Schweiz (74), Deutschland (71), Finnland (71) und Schweden (68).
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Die Zahl derer, die angeben, aus der Kirche ausgetreten zu sein und somit nicht mehr zu zahlen, ist mit 20 Prozent in Finnland am höchsten, in der Schweiz mit 8 Prozent am niedrigsten. Nie Kirchensteuern gezahlt haben der Studie zufolge in Deutschland 18 Prozent der Befragten, in Finnland 8 Prozent. In der Schweiz überlegen rund 26 Prozent der Befragten, die Zahlung einzustellen, in Deutschland 21 Prozent, in Dänemark 10 Prozent.
Laut der im Juli veröffentlichten Kirchenstatistik für 2018 traten im vergangenen Jahr in Deutschland 216.078 Menschen aus der katholischen und rund 220.000 aus der evangelischen Kirche aus - das sind 29 beziehungsweise 11,6 Prozent mehr als 2017. In der katholischen Kirche war die Zahl der Austrittenach Kriegsende nur im Jahr 2014 höher war. Als Grund wurde damals der Finanzskandal um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst genannt. Auch die hohe Zahl von 2018 wird mit einer Krisensituation erklärt: die Veröffentlichung der sogenannten Missbrauchsstudie (MHG-Studie) im September 2018.
Im Mai dieses Jahres veröffentlichten die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) eine vom Forschungszentrum Generationsverträge der Uni Freiburg erstellte Prognose zur Entwicklung bis zum Jahr 2060: Demnach werden bis dahin die beiden großen Kirchen fast die Hälfte ihrer Mitglieder verlieren (49 Prozent). Derzeit gibt es in Deutschland 44,8 Millionen Christen. Nach der langfristigen Projektion wird es bundesweit bis 2060 nur noch 22,7 Millionen Christen geben - nämlich 12,2 Millionen katholische und 10,5 Millionen evangelische Gläubige.
Ein Reizthema sind neben der Kirchensteuer immer wieder auch die finanziellen Leistungen des Staates an die beiden christlichen Kirchen. Die wichtigsten Fakten in Fragen und Antworten.
Gibt es überall in Europa eine Kirchensteuer?
In Norwegen, wo die Bevölkerung überwiegend evangelisch-lutherisch ist, finanziert der Staat die Kirche. In anderen Ländern werden Kirchenabgaben erhoben. In Italien und Spanien können die Steuerpflichtigen wählen, wem sie einen Anteil ihrer Steuerschuld zukommen lassen möchten: der Kirche oder einer sozialen Einrichtung. Religionsgemeinschaften in den Niederlanden finanzieren sich aus Spenden und Kollekten. In Frankreich sind Staat und Kirche seit 1905 getrennt (außer im Elsass und im Departement Moselle, früher Elsass-Lothringen). Dort gibt es einen freiwilligen Kulturbeitrag.
Seit wann gibt es die Kirchensteuer?
Laut dem historischen Lexikon Bayerns entwickelte sich die Kirchensteuer als Form der Kirchenfinanzierung im Lauf des 19. Jahrhunderts, Bayern habe die Kirchensteuer 1892 beziehungsweise 1908/12 "recht spät" eingeführt. Ab 1919 war sie in den Kirchenartikeln der Weimarer Reichsverfassung verankert.
Wer zahlt in Deutschland Kirchensteuer?
Die Kirchensteuer wird oft als Mitgliederbeitrag bezeichnet. Wer also einer Religionsgemeinschaft angehört, ist zur Zahlung verpflichtet, sofern er nicht arbeitslos ist oder ein Jahreseinkommen unter dem Grundfreibetrag von 9000 Euro brutto hat. In Bayern und Baden-Württemberg beträgt die Kirchensteuer acht Prozent der Einkommenssteuer, in den anderen Bundesländern neun Prozent. Darüber hinaus wird noch - wie in Bayern - Kirchgeld erhoben.
Zahlen auch andere Religionsgemeinschaften Kirchensteuer?
Im Judentum gibt es eine Kultussteuer. Laut dem Zentralrat der Juden in Deutschland sind jüdische Gemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts oder eingetragenen Vereinen selbstständig. Es bleibe ihnen überlassen, ob sie eine Kultussteuer von ihren Mitgliedern erheben. Andere Religionsgemeinschaften wie die Zeugen Jehovas oder Mormonen finanzieren sich durch freiwillige Beiträge. Muslimische und buddhistische Glaubensgemeinschaften zahlen keine Kirchensteuer; sie sind nicht als Körperschaften öffentlichen Rechts anerkannt.
Welchen Stellenwert hat die Kirchensteuer?
Die Kirchensteuer ist wichtigste Finanzquelle der Kirche in Deutschland, informiert die Deutsche Bischofskonferenz (DBK). Dies gilt auch für die evangelische Kirche. Laut DBK ist die Kirchensteuer keine staatliche Subvention, sondern ein Mittel der Finanzierung der Kirche durch ihre Mitglieder. Sie umfasse jährlich rund 80 Prozent der Einnahmen im Haushalt der Diözesen. 2018 verzeichneten die beiden großen Kirchen trotz sinkender Mitgliederzahlen eine Rekordeinnahme von insgesamt 12,4 Milliarden Euro; davon die katholische Kirche rund 6,643 Milliarden Euro (2017: 6,427 Mrd. Euro), die evangelische Kirche 5,790 Milliarden Euro (2017: 5,67 Mrd. Euro). Verantwortlich sei die gute Konjunktur.
Wie viel Kirchensteuer kommt im Bistum Würzburg zusammen?
2017 betrugen die Kirchensteuereinnahmen im Bistum Würzburg 177,614 Millionen Euro (2016: 173,4 Millionen Euro). Der Jahresabschluss für 2018 ist noch nicht veröffentlicht; im Haushaltsplan 2018stehen 173,6 Millionen Euro. Für 2019 werden 177,4 Millionen Euro erwartet.
Wie wird Kirchensteuer bezahlt?
In Deutschland wird die Kirchensteuer von den staatlichen Finanzbehörden eingezogen. Die Kirche zahlt für diese Dienstleistung Gebühren, laut Bischofskonferenz zwischen zwei und vier Prozent des Steueraufkommens.
Warum gibt es hierzulande Leistungen des Staats an die katholische und evangelische Kirche?
Die Zahlungen gehen auf die Säkularisation in Napoleonischer Zeit zurück. Grundlage ist der Reichsdeputationshauptschluss von 1803. Weltliche rechtsrheinische Fürstentümer sollten für ihre Verluste auf linksrheinischen, nun französischem Gebiet entschädigt werden. Dazu wurden unter anderem kirchliche Güter enteignet. Als Entschädigung dafür werden seither finanzielle Staatsleistungen an die christlichen Kirchen gezahlt. Einzelheiten wurden in Verträgen des Staates mit dem Heiligen Stuhl in Rom abgeschlossen, den Konkordaten. Das Königreich Bayern unterzeichnete erstmals 1817 ein Konkordat, um nach der Säkularisierung die wechselseitigen Beziehungen neu zu gestalten. Das zweite bayerische Konkordat wurde nach dem Untergang der Monarchie 1918 im Jahr 1924 ausgehandelt. Es gilt bis heute, hat aber Zusatzprotokolle über Änderungen.
Welche Staatsleistungen gibt es bundesweit?
In allen Bundesländern (außer in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen) gibt es Staatsleistungen an die Kirchen. Bundesweit betrugen sie 2018 insgesamt etwa 520 Millionen Euro: 203 Millionen Euro für die katholische, 317 für die evangelische Kirche. Anderen Berechnungen zufolge waren es in 2018 insgesamt 538 Millionen Euro (Quelle: Humanistische Union): 224 Millionen Euro für die katholische, 314 für die evangelische Kirche. Einen einheitlichen Schlüssel für die Berechnung gebe es nicht, so die katholische Nachrichtenagentur, die Zahl der Kirchenmitglieder sei unerheblich. Auffallend sei, dass die evangelische Kirche mehr Staatsleistungen erhält als die katholische. Auch die von den Bundesländern bereitgestellten Gelder variierten erheblich.
Welche Staatsleistungen an die Kirche gibt es in Bayern?
Im Jahr 2018 zahlte Bayerns Staatsregierung an die katholische Kirche 73,345 Millionen Euro, an die evangelische Kirche rund 24,6 Millionen Euro an Staatsleistungen, also insgesamt fast 98 Millionen Euro. Im aktuellen Doppel-Haushaltsplansind 2019 für die katholische Kirche rund 74,3 Millionen Euro vorgesehen, 2020 werden 76,14 Millionen Euro eingeplant. Darüber hinaus sind Staatsleistungen "für kirchliche Gebäude usw." im Haushaltsplan in Höhe von rund 33,348 (2019) sowie 31,172 Millionen Euro (2020) vorgesehen: in 2019 etwa für die Instandsetzung der Dome in Eichstätt (2.2 Mio Euro) und Freising (200.000 Euro). Für Instandsetzungsarbeiten an den Domen in Augsburg, Bamberg, Passau, Regensburg und Würzburg sind insgesamt 1,808 Millionen Euro vorgesehen.
Was erhält die Diözese Würzburg an Staatsleistungen?
Laut Jahresabschluss 2017 erhielt die Diözese 11,8 Millionen Euro vom Freistaat. 2018 erwartete die Diözese laut Haushaltsplan 9,685 Millionen Euro; im Plan für 2019 stehen 11,203 Millionen Euro.

Was zahlt Bayern für andere Glaubensgemeinschaften?
Andere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften erhalten aus Paritätsgründen "einen Staatszuschuss je Bekenntnisangehörigen bzw. Mitglied". Seit 2016 beteiligt sich der Freistaat auch an den laufenden Ausgaben für religiöse und kulturelle Zwecke sowie Aufwendungen für allgemeine Sicherheitsmaßnahmen der israelitischen Kultusgemeinden.
Was steckt hinter der Forderung, Staatsleistungen abzulösen?
Als Begründung für eine Ablösung der Staatsleistungen wird Artikel 137 Absatz 1 der Weimarer Verfassung vom 11. August 1919 herangezogen: "Es besteht keine Staatskirche". Ebenso Artikel 138 Absatz 1: "Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst." Auch diese Bestimmung wurde als Artikel 140 ins Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland übernommen. Sie wartet noch immer auf ihre Umsetzung. Im April sprach sich Bambergs Erzbischof Ludwig Schick für eine schrittweise Ablösung aus. Auch aus der Politik werden immer wieder Forderungen laut, etwa von der FDP und AfD. Jüngst hat die sachsen-anhaltinische Links-Fraktion vorgeschlagen, mit einer Ablösesumme von 700 Millionen Euro die jährlichen Zahlungen des Bundeslandes an die Kirchen zu beenden.
Mit Informationen von DBK, EKD und KNA
Wo ist der Dank der Amtskirchen an die Konfessionslosen, die mit Ihren Steuergeldern
bei steigenden Austritten die Kirchen mitfinanzieren, aus denen sie ausgetreten sind?
mehr nicht, siehe bei Albatros. Habe nichts bezüglich Hautfarben oder sexuelle Ausrichtung geäußert.
Als 1905 diese Trennung erklärt wurde, hat sich der französische Staat alles Kircheneigentum einverleibt, sämtliche kirchlichen Immobilien, die vor diesem Datum entstanden, gehören nicht mehr der Kirche, sondern dem Staat - der auch zu 100% für deren Unterhalt aufzukommen hat!
Alle Kathedralen gehören direkt der französischen Republik (drum kann M. Macron beim Wiederaufbau von Note Dame in Paris ja so mitreden), alle anderen Kirchen sind zu 100% Eigentum der jedoch Kommune.
Eine Pfarrei kann nicht mal nen Lichtschalter reparieren lassen ohne Zustimmung des Bürgermeisters - der dann übrigens dafür die Rechnung zu bezahlen hat!