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WÜRZBURG
Ein Bischof ohne Berührungsängste
Der Noch-Generalvikar und künftige Bischof von Würzburg Franz Jung (links) und der Generalvikar unter Bischof Friedhelm Hofmann und stellvertretende Diözesanadministrator Thomas Keßler begrüßen sich herzlich auf dem Domplatz in Speyer.
Foto: Daniel Biscan | Der Noch-Generalvikar und künftige Bischof von Würzburg Franz Jung (links) und der Generalvikar unter Bischof Friedhelm Hofmann und stellvertretende Diözesanadministrator Thomas Keßler begrüßen sich herzlich auf dem ...
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 27.04.2023 06:18 Uhr

Was für ein Empfang. Das Klima ist frostig. Ein eiskalter Wind fegt über dem Domplatz von Speyer und lässt die Gesichter der Besucher, so weit sie überhaupt zu erkennen sind, erstarren. Doch das sind nur Äußerlichkeiten. Es ist eben Winter.

Franz Jung, der ernannte Bischof von Würzburg, nähert sich den mit dicken Schals, Mützen und Kapuzen vermummten Gestalten. Er strahlt mit der Sonne um die Wette. Seine Begrüßung der bibbernden Journalisten ist warm und herzlich. Einige Presseleute kennt er bereits, andere hören sein ansteckendes Lachen zum ersten Mal live.

Anlass des Medienrummels war eine erste Begegnung des künftigen Bischofs mit Mitgliedern des Würzburger Domkapitels. Mit dabei: Clemens Bieber, Thomas Keßler, Günter Putz, Stefan Rambacher, Dietrich Seidel, Jürgen Vorndran, Christoph Warmuth. Ulrich Boom, Domprobst und Weihbischof und bis zur Amtsübernahme Diözesanadministrator, kennt Franz Jung bereits aus einem Treffen in Mainz vor wenigen Tagen.

Ernennung zum Bischof kam für Franz Jung überraschend

Dem Noch-Generalvikar von Speyer steht die Freude ins Gesicht geschrieben. Ja, jetzt fühle es sich gut an, sagt er. Sehr gut sogar. Die Botschaft, dass ihn Papst Franziskus zum Bischof ernannt hat, sei für ihn ganz überraschend gekommen. „Da überlegt man: Was kommt jetzt auf dich zu? Lässt du dich darauf ein?“ Aber nach einer kurzen Bedenkzeit, weil er ja so vieles nicht wüsste, und einigen „guten Gesprächen und Ermutigungen“, habe er ja gesagt, erzählt Franz Jung im Plauderton.

Und auch die Resonanz auf seine Ernennung, „die Welle des Wohlwollens ist überwältigend und sehr sehr schön.“ Noch immer erhält er viele Briefe und zustimmende Worte, sagt er.

Und so kommt es, dass ein Generalvikar aus dem rheinland-pfälzischen Bistum sich demnächst auf den Weg nach Bayern, nach Unterfranken macht. Vor 35 Jahren war es umgekehrt.

1983 wurde Anton Schlembach, geboren 1932 in Münnerstadt-Großwenkheim im Landkreis Bad Kissingen, Bischof von Speyer. Zwei Jahre lang war er zuvor das sogenannte alter ego, so werden Generalvikare gerne bezeichnet, also das andere Ich und der Stellvertreter des Bischofs, damals von Bischof Paul-Werner Scheele. Nun verlässt Franz Jung, der seit neun Jahren an der Seite des Speyerer Bischofs Karl-Heinz Wiesemann steht und zuvor 2001/2002 Sekretär von Bischof Schlembach war, seine Heimat und beginnt einen neuen Lebensabschnitt.

Gerne lassen die Pfälzer den 51-Jährigen nicht gehen. Bistumssprecher Markus Herr schaut selbst ein wenig traurig, als er bestätigt, dass sie Franz Jung am liebsten in Speyer behalten hätten.

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Bischof Wiesemann wünscht Franz Jung „Gottes reichen Segen“

Bischof Wiesemann umschreibt es mit dem oft zitierten weinenden Auge, als er am 16. Februar um 12 Uhr im Dom zu Speyer die Botschaft verkündet, dass er seinen Generalvikar ziehen lassen muss. Aber natürlich freue er sich von ganzem Herzen, auch dass er die Aufgabe angenommen habe, und wünscht ihm „Gottes reichen Segen“. Zeitgleich gibt es in Speyer – wie auch in Würzburg– Applaus, als der Name Franz Jung fällt. Im Kiliansdom verrät Ulrich Boom, wer demnächst auf dem Bischofsstuhl sitzen wird.

Natürlich kommt Franz Jung noch ständig im Gespräch mit den angereisten Journalisten die Bezeichnung „unser Bistum“ oder „hier bei uns“ über die Lippen. Schließlich hat er dort noch einiges zu erledigen. „Ich habe versprochen, noch alle laufenden Geschäfte zu beenden“, sagt er.

Aus 346 Pfarrgemeinden wurden im Bistum Speyer 70

Ein Projekt sei zum Beispiel die Entlastung der Pfarrer. Es steht noch im Zusammenhang mit der „Gemeindepastoral 2015“, also der großen umwälzenden Reform der Pfarreienlandschaft. Die hat Franz Jung in Speyer bereits bewältigt: Aus 346 Pfarrgemeinden wurden 70 neue Pfarreien gebildet. In Würzburg heißt das Projekt „Gemeinsam Kirche sein – Pastoral der Zukunft“. Dort wird er zwar nicht von vorne beginnen, aber die entscheidenden Veränderungen stehen noch an. Momentan sind noch 40 pastorale Räume in der Planung. Womöglich ändert sich das.

Dem künftigen Würzburger Bischof eilt der Ruf voraus, dass er ein guter und entscheidungsfreudiger Organisator ist. „Wenn das Bewusstsein vorhanden ist, dass Veränderungen da sind, ist das die halbe Miete“, meint Franz Jung, „dann kann man gemeinsam gucken, wie man das gestaltet“. Jedes Bistum habe aber seine eigenen Geschichten, Ressourcen und Herausforderungen. Deshalb müsse man schauen, wie man das hinbekomme.

Da kann er aus seinen langjährigen Erfahrungen als Generalvikar schöpfen. „Ich nehme mit, dass man Prozesse beginnt und dann oftmals im Lauf des Prozesses merkt, dass man Ziele neu definieren muss, weil es Probleme oder Schwierigkeiten gibt, die man anfangs noch gar nicht auf dem Schirm hatte.“ Er weiß, dass er dazu Flexibilität mitbringen müsse – und Kommunikationsfähigkeit, damit der Gesprächsfaden nicht unnötig abreißt.

„Bischof muss Inspirator und Motivator sein.“

Franz Jung ist sich bewusst, das wird in den kurzen Gesprächen mit dem Kirchenmann schnell klar, was sein neues Amt bedeutet: „Bischof muss sein: Inspirator und Motivator.“ Idealerweise müsse er die Menschen inspirieren und Ideen geben, die weiterentwickelt werden könnten. Zudem müsse ein Bischof die Menschen mitnehmen auf diesem Weg, um ihn gemeinsam zu gehen zu können. Es sei eine Zeit der Umbrüche.

Er kennt aber auch mögliche Grenzen. Eigentlich stellen die Anforderungen ans Bischofsamt „die totale Überforderung“ dar, so Jung. „Man muss ja alles sein.“ Und die Zeiten, in denen der Bischof etwas sagte und die Menschen hätten es befolgt, die seien vorbei. Das sei zu Bischof Schlembachs Zeiten noch anders gewesen, meint er. Mit diesen Veränderungen müsse man schauen, wie man Schritt halten kann. Und dann kommt er wieder, der Hinweis, dass man auf die Leute zugehen und es gemeinsam machen müsse.

In diesem Punkt sind die Aussagen von Franz Jung verbindlich. Er redet nicht drumherum, ist so präzise wie möglich – in aller Kürze. Denn das Besuchsprogramm ist dicht gedrängt. Für einen längeren Austausch reicht die Zeit nicht. Dennoch lässt er sich ob der vielen Mikrofone und Kameras, die auf ihn gerichtet sind, nicht aus der Ruhe bringen.

Auch dann nicht, als er sich selbst einschätzen soll: „Ich bin erst mal Priester – aus großer Überzeugung und auch aus großer Freude.“ Zudem jemand, „der die intellektuelle Auseinandersetzung liebt“, der gerne im Team arbeitet – „und in den letzten Jahren das auch gemacht hat.“ Und er sei jemand, der die Stille liebt und einen Hang zum monastischen Leben hat. Einkehr sei ihm wichtig, „um dann ganz neu zu handeln aus der Kraft und dem Gebet“.

Ein „Lehrmeister“ sei ihm auch Bischof Wiesemann gewesen. Er habe „eine geniale Begabung, die Stimmung eines Moments einzufangen und darauf zu reagieren.“ Dass dieses Talent auch der künftige Bischof Franz Jung besitzt, spürt man.

Begegnung in Speyer war „sehr sehr nett“

Ob das auch in den internen Gesprächen mit der Würzburger Delegation, den Mitgliedern des Domkapitels und Weihbischof Boom der Fall war, das kann nur vermutet werden. Hinterher hieß es jedoch laut Franz Jung, die erste Begegnung war „sehr, sehr nett, sehr mitbrüderlich“.

Teilweise kannte man sich bereits aus der Zusammenarbeit in überdiözesanen Gremien, manchmal auch aus früheren Zeiten. So haben zum Beispiel, erzählt Weihbischof Boom, Dompfarrer Jürgen Vorndran und Franz Jung zusammen in Rom studiert. Auch Offizial Stefan Rambacher sei ein Studienkollege. Und Thomas Keßler, Generalvikar unter Bischof Friedhelm Hofmann in Würzburg und jetzt der stellvertretende Diözesanadministrator, gehört wohl zu den Personen, die den Nachfolger Hofmanns gut kennen. Zumindest begrüßte er ihn Speyer mit einem vertrauten: „Grüß Dich, Franz!“

Einige Punkte wurden aus der internen Begegnung der Kirchenmänner aus Würzburg und Speyer jedoch verraten, etwa: Die Bischofsweihe und die Einführung ins Amt finden am 10. Juni statt. Sie wird laut einer Mitteilung des Bischöflichen Ordinariats durch den Bamberger Erzbischof und Metropolit Ludwig Schick als Hauptkonsekrator sowie den Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann und dem emeritierten Bischof Friedhelm Hofmann, Jungs Vorgänger im Amt des Bischofs von Würzburg, vollzogen.

Pfälzer sind laut Franz Jung fröhliche Menschen

„Wir hätten es gerne früher, in der Osterzeit gehabt“, sagt Weihbischof Boom. Aber zu viele andere Termine würden dagegen sprechen, etwa die vielen Weißen Sonntage und die Pfingstferien. „Die kennen wir in Rheinland-Pfalz gar nicht“, so Franz Jung.

Auch daran wird er sich gewöhnen müssen – und bleibt zuversichtlich. „Was wir Pfälzer mitbringen ist ein unkomplizierter Umgang, Fröhlichkeit und hoffentlich auch eine gewisse Leichtigkeit.“ Als seine erste große Herausforderung in seinem neuen Bistum sieht er, wie er mit den Menschen dort in Kontakt treten kann. Ihm schwebt vor, „das Bistum mal zu bereisen und mit den Menschen zu reden. Ich habe keine Berührungsängste, bislang“, sagt er – strahlt und lacht.

Die Vorgänger des künftigen Bischofs von Würzburg

Franz Jung wird am 10. Juni im Kiliansdom zum 89. Bischof von Würzburg geweiht. Eine Auswahl seiner Vorgänger:

1840 bis 1870: Georg Anton von Stahl; er ist der 80. Nachfolger des heiligen Burkard. Der englische Mönch wurde im Jahr 742 der erste Bischof von Würzburg. Sein Nachfolger war der Heilige Megingaud.

1870 bis 1875: Johann Valentin von Reißmann war der 81. Nachfolger Burkards.

1875 bis 1878: Ambrosius Käß; er wurde von König Ludwig II. ernannt – ohne Absprache mit der Kurie.

1879 bis 1898: Franz Joseph von Stein; auch er wurde von König Ludwig II. ernannt. Anschließend war er Erzbischof von München und Freising.

1898 bis 1924: Ferdinand von Schlör.

1924 bis 1948: Matthias Ehrenfried; er war ein Gegner der Nationalsozialisten und ging als „Widerstandsbischof“ in die Geschichte ein.

1948 bis 1957: Julius Döpfner; Gründer des St.-Bruno-Werks; anschließend war er Bischof von Berlin und Erzbischof von München und Freising, ab 1958 Kardinal.

1957 bis 1979: Josef Stangl; er gab die Erlaubnis bei Anneliese Michel den großen Exorzismus durchzuführen.

1979 bis 2003: Paul-Werner Scheele; am 6. April 2018 feiert der 87. Bischof von Würzburg seinen 90. Geburtstag.

2004 bis 2017: Friedhelm Hofmann; am 18. September 2017 nahm Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch des 88. Würzburger Bischofs und Kölners an.

Lebenslauf von Franz Jung: Der 89. Bischof von Würzburg wurde am 4. Juni 1966 in Mannheim geboren. Am 10. Oktober 1992 weihte ihn Bischof Franz Kamphaus in Rom zum Priester.

2001 beginnt seine Zeit als Kaplan in der Dompfarrei Speyer; zugleich als Sekretär von Bischof Anton Schlembach.

2003 erfolgte die Ernennung zum Leiter der Abteilung Gemeindeseelsorge des Bischöflichen Ordinariats, 2007 zusätzlich zum Leiter des Referats „Klösterliche Verbände“.

Im November 2008 wurde er in das Speyerer Domkapitel aufgenommen und im Januar 2009 von Bischof Karl-Heinz Wiesemann zum Generalvikar berufen.

Am 10. Juni – also wenige Tage nach seinem 52. Geburtstag – wird Franz Jung im Würzburger Kiliansdom zum Bischof geweiht.

„Was wir Pfälzer mitbringen ist ein unkomplizierter Umgang und hoffentlich auch Leichtigkeit.“
Franz Jung über die Menschen in seiner rheinland-pfälzischen Heimat
 
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