Regenwetter im Frühling: Ist jetzt alles wieder gut im Wassermangelgebiet Unterfranken? Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schreibt auf Instagram: Das Regenwetter habe auch etwas Gutes: "Die Grundwasserspeicher in Bayern erholen sich wieder." Und. "Bayern ist Wasserland und gut versorgt." Stimmt das? Leider nur auf den ersten Blick.
Grundwasser in Unterfranken erholt sich etwas
Tatsächlich haben sich viele Grundwasservorräte und Quellen in Unterfranken kurzfristig erholt. Die gleichmäßigen Frühjahrsniederschläge haben vor allem in Unterfranken, wo der Untergrund oft aus sehr zerklüftetem Felsgestein besteht, die unterirdischen Grundwasservorkommen erreicht, schreibt ein Sprecher des Landesamts für Umwelt auf Nachfrage. Aktuell werden mehrheitlich durchschnittliche bis überdurchschnittliche Grundwasserstände registriert. Christian Guschker vom Sachgebiet Wasserwirtschaft an der Regierung von Unterfranken ergänzt: Nur 13 Prozent aller Messstellen der oberen Grundwasserstockwerke und nur 22 Prozent aller Messstellend der tieferen Grundwasserstockwerke hatten Ende April in Unterfranken noch Niedrigwasser.
Der Grund: Verglichen mit dem langjährigen Mittel 1971 bis 2000 sei der Februar in Nordbayern normal ausgefallen, der März war überdurchschnittlich nass und im April habe der Regen zumindest leicht über dem langjährigen Durchschnitt gelegen, so das Landesamt für Umwelt.
In Südbayern weiter niedrige Grundwasserstände
Anders sieht die Lage in Südbayern aus. Dort habe es lediglich im April viel geregnet. So hätten sich dort nur die schnell regenerierenden Grundwasservorkommen entlang der Bäche und Flüsse und die oberen Grundwasserstockwerke erholt. Alle anderen Grundwasservorkommen weisen oft noch niedrige oder sehr niedrige Wasserstände auf, so das LfU.
Fazit: Die Grundwassersituation hat sich nach dem feuchten Frühjahr zwar nicht in ganz Bayern, aber zumindest in Nordbayern und in Unterfranken entspannt. Doch leider ist das nur die halbe Wahrheit.
Seit 20 Jahren Defizite beim Grundwasser in ganz Bayern
Denn in ganz Bayern hat sich über die vergangenen 20 Jahre ein Defizit an Grundwasserneubildung von 16 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 1971 bis 2000 aufgebaut, so das LfU. Für Unterfranken sieht die Situation noch ungünstiger aus, sagt Christian Guschker. Seit 2003 habe es kein richtig nasses Jahr mehr gegeben. Mittlerweile fehlen in ganz Unterfranken im Mittel etwa 400 Liter pro Quadratmeter Grundwasserneubildung. Er sagt: "Durch die zuletzt gehäuft aufgetretenen Trockenjahre - 2015, 2018, 2019, 2020, 2022 - kann dieses Defizit nicht durch einzelne regenreiche Monate langfristig ausgeglichen werden."
Dazu kommt, dass Nordbayern das sehr warme und außergewöhnlich trockene Jahr 2022 buchstäblich noch in den Knochen steckt. In Unterfranken lag der Jahresniederschlag 2022 bei gerade mal 635 Millimeter und damit deutlich unter dem langjährigen Mittel von 740 Millimeter. An der Messstation Würzburg mit 562 Millimeter sogar sehr weit drunter, so Christian Guschker. Er sagt: "Die Startbedingungen im Grundwasser waren nach dem Dürresommer 2022 sehr ungünstig."
Wetter im April 2023 im Vergleich zur Klimaperiode 1961 bis 1990 normal
Professor Heiko Paeth, Klimaforscher der Universität Würzburg, spricht von einer typischen Wahrnehmungsverzerrung: Überschätzen viele Menschen das Wasserdargebot im Winter, weil in dieser Jahreszeit die Sonne die nassen Böden nicht so schnell austrocknet? Rührt unser Gefühl, einen eiskalten April erlebt zu haben, daher, dass wir uns nach dem Sommer sehnen?
Ein Faktencheck ergibt: Verglichen mit dem Referenzzeitraum 1961 bis 1990 war der April sogar nur 0,1 Grad kälter als normal und vom Niederschlag her sogar genau im Soll, so Paeth. Verglichen mit dieser 30-jährigen Klima-Referenzperiode startet die Region um Würzburg jetzt sogar mit einem Wasserdefizit von 519 Millimetern in die warme Jahreszeit. Der Klimaforscher sagt: "Das ist das Dramatische, denn jetzt kommen die trockenen Monate, in denen die Nutzpflanzen, der Wald und auch wir Menschen mehr Wasser brauchen." Je länger man also in die Vergangenheit zurückblickt, desto sichtbarer sind die Spuren der menschengemachten globalen Erwärmung heute - auch in Würzburg.
In Bad Königshofen muss weiter Wasser gespart werden
Christian Guschker bestätigt: "Für eine deutliche Verbesserung der Situation reichen die regenreichen Monate März und April 2023 nicht aus." Und der Sprecher des LfU ergänzt: Um das Grundwasserdefizit der vergangenen 20 Jahre auszugleichen, bedürfe es mehrerer überdurchschnittlich feuchter Winter in Folge.
In Bad Königshofen im Landkreis Rhön-Grabfeld, der ersten Stadt in Unterfranken, in der die Trinkwasserversorgung 2022 akut gefährdet war, ist man deshalb weiter vorsichtig. Die Wasserspar-Anordnung gelte weiter, sagt Bürgermeister Thomas Helbling. Leitungswasser sei auch jetzt im Mai nur zum "Trinken, Kochen, Duschen".
... Vergleichszeitraum 1951 bis 2022 ...
... Referenzzeitraum 1961 bis 1990 ...
Was will man denn mit diesen unterschiedlichen Zeiträumen aussagen oder vergleichen?
Oder kommt dadurch eine größerer Panikmache zustande?