Der Weimarer Amtsrichter, der nach einer Absprache mit einer Würzburger Gutachterin wegen Rechtsbeugung angeklagt war, ist an diesem Mittwoch vom Landgericht Erfurt zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der Richter habe in Zusammenhang mit der Maskenpflicht in Thüringen ein Urteil gefällt, "das er von vorneherein so beabsichtigt hatte", hieß es in der Urteilsbegründung.
Das Verfahren am Amtsgericht Weimar, in dem er im April 2021 seine Entscheidung fällte, habe er aktiv generiert. "Aus unserer Sicht bestehen deshalb keine Zweifel an der Befangenheit", sagte der Vorsitzende Richter am Mittwoch. Damit sei der Straftatbestand der Rechtsbeugung erfüllt.
Gab es Absprachen zwischen Würzburger "Querdenker"-Professorin und Richter?
Der 60-jährige Amtsrichter hatte während der Corona-Pandemie verfügt, dass Kinder an zwei Schulen in Weimar keine Corona-Masken im Unterricht tragen müssten. Dazu hatte er mehrere Gutachten eingeholt, unter anderem von der Würzburger Biologin Prof. Ulrike Kämmerer. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Erfurt hatte der Richter sich zuvor mit ihr abgesprochen. Im Zuge einer länderübergreifenden Razzia hatten Ermittler Kämmerers Privat- sowie Büroräume in der Uniklinik Würzburg durchsucht und Datenträger beschlagnahmt.
In ihrem Gutachten hatte Kämmerer PCR-Tests in der Corona-Pandemie die Tauglichkeit abgesprochen. Damit hatte der Weimarer Familienrichter dann sein Urteil begründet. Doch offenbar wusste er bereits im Vorfeld des Prozesses, was im Gutachten stehen würde. "Was würdest du dir noch wünschen?" Mit diesen Worten hatte er einem Kollegen den Gutachtenentwurf weitergeleitet, wie er selbst einräumt.
Recherchen belegen Verbindungen zwischen Würzburger Professorin und Amtsrichter
"Es ging schlicht darum, seine kollegiale Ansicht einzuholen, ob mit diesem Gutachtenentwurf meine Beweisfragen vollständig beantwortet wurden", hatte der 60-Jährige in einer Mitteilung zu dem Prozess argumentiert. Das Landgericht folgte dem nicht, der Amtsrichter sei bei der Auswahl der Gutachterinnen und Gutachter befangen gewesen: "Sie haben sie ausgewählt, um das Ergebnis, das Ihnen von vorneherein vorschwebte, gutachterlich zu begründen", sagte der Vorsitzende Richter in Erfurt.
Ulrike Kämmerer habe vor Gericht die Kernaussagen ihres Gutachtens bekräftigt, berichtet die Thüringer Allgemeine, die die Verhandlungen begleitet hatte. Mit dem Angeklagten will die Biologin demnach erst von dem Moment an in Kontakt gestanden haben, als er sie mit dem Gutachten beauftragte. Bei Absprachen sei es nur um Formalia und nicht um Inhalt gegangen.
Recherchen hatten ergeben, dass das Masken-Verfahren am Amtsgericht Weimar gezielt an den Richter lanciert worden war - und dass alle drei Gutachterinnen und Gutachter damals demselben "Querdenker"-Verein angehörten. Außerdem waren nichtöffentliche Gerichtsunterlagen im Vorfeld einem "Querdenker"-Blog zugespielt worden, dessen Betreiberin persönliche Verbindungen zur Würzburger Gutachterin Ulrike Kämmerer hatte. Kämmerer selbst war mehrfach an "Querdenker"-Demonstrationen beteiligt und ist in der "Querdenker"-Partei "dieBasis" aktiv.
Landgericht Erfurt: Amtsrichter wollte Rechtsbeugung vertuschen
Die Staatsanwaltschaft Erfurt forderte drei Jahre Haft, weil der Amtsrichter an der Vorbereitung des Masken-Verfahren mitgewirkt habe. Seine Verteidiger hatten einen Freispruch beantragt. Bei der Urteilsbegründung erklärte der Vorsitzende Richter, der 60-Jährige werde wegen Rechtsbeugung verurteilt, weil er versucht habe, seine Beteiligung zu vertuschen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Eine Revision vor dem Bundesgerichtshof ist möglich. Von der Staatsanwaltschaft hieß es, sie prüfe Rechtsmittel. Ein Anwalt des Familienrichters sagte am Mittwoch: "Ich denke nicht, dass dieses Urteil Bestand haben kann." Ein Richterdienstgericht hatte den Familienrichter bereits vor Monaten vorläufig seines Amtes enthoben.
Mit Informationen von dpa