
Nur mühsam kommt das Landgericht Würzburg im Prozess um eine Entführung in Karlstadt (Lkr. Main-Spessart) bei der Beweisaufnahme voran. Drei Männern aus Georgien wird vorgeworfen, im November 2023 einen Syrer entführt und mehrere Tage gefoltert zu haben. Die Angeklagten sind zwischen 30 und 32 Jahre alt. Einer von ihnen, der Anklage zufolge besonders rabiat, gilt als Schlüsselfigur in dem Verfahren.
Der Geschädigte hatte den Mann bei einer polizeilichen Vernehmung auf Fotos wiedererkannt. Gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen Jörg Groß gab der Angeklagte an, seit 2016 mehrmals am Tag Kokain und Heroin zu konsumieren.
Drei Monate nach der Entführung in Karlstadt war er in Frankreich festgenommen worden. Ein DNA-Treffer hatte die Behörden auf seine Spur gebracht. In Gesprächen mit dem Sachverständigen soll der Angeklagte gesagt haben, dass der mit den Tatvorwürfen nichts zu tun habe. In Deutschland sei er in Tourist gewesen, ein Jahr zuvor sei er von Georgien zu Freunden nach Paris gezogen. Die Drogen habe er ebenfalls von Freunden in Frankreich bekommen, berichtete der Gutachter aus der Vernehmung des Mannes.
Psychiatrischer Gutachter: Angeklagter trotz Drogenkonsum schuldfähig
Der Psychiater konnte bei dem Begutachteten nichts feststellen, was auf eine verminderte Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit schließen lässt. Demnach wäre der Angeklagte trotz seines Drogenkonsums schuldfähig. Die Folgen seiner Handlungen konnte er dem Gutachter zufolge absehen und beeinflussen. "Es handelt sich um eine komplexe Tat, die Planung erforderte", führte Groß vor Gericht aus. Das würde für eine uneingeschränkte Steuerungsfähigkeit sprechen.
Der Syrer war der Anklage zufolge in Karlstadt in ein Auto gezerrt und dann in Wohnungen in Kassel und im Rhein-Neckar-Kreis festgehalten worden. Die Verteidiger der beiden Mitangeklagten kritisieren, dass die Ermittlungen in dem Fall noch nicht abgeschlossen seien und trotzdem bereits verhandelt werde.
Gegen mindestens einen weiteren Verdächtigen werde in dem Fall noch ermittelt. Anwalt Jakob Kohlmayer zufolge sind im laufenden Gerichtsprozess neue Ermittlungsergebnisse bekannt geworden. Eine "konsistente Verteidigung" sei so nicht möglich. Er behalte sich vor, einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens zu stellen, sagte der Verteidiger.
Verteidigung beklagt: Mitglied des Schöffengerichts "eingeschlafen"
An diesem Dienstag, dem neunten Verhandlungstag, wurde am Landgericht ein halbstündiges Video der Vernehmung des Geschädigten durch Ermittler gezeigt. Die Verteidigung beanstandete, dass ein Mitglied der Strafkammer währenddessen "eingeschlafen" sei und minutenlang die Augen geschlossen gehabt habe.
Ebenfalls gezeigt wurde im Gerichtssaal ein Foto, dass während der Ermittlungen aufgetaucht war. Es zeigt einen Mann vor etlichen Bündeln mit Euroscheinen sitzen. Sein Gesicht ist nicht zu erkennen, einem Zeugen zufolge soll es sich bei dem Mann aber um den Entführten handeln.
Ermittlerin: Viel Bargeld in der Wohnung
Der Syrer soll meist zwischen 50.000 und 500.000 Euro Bargeld zu Hause gehabt haben. Eine Ermittlerin sagt im Zeugenstand aus, war ihr durch den Kopf ging, als sie das Foto sah: "Viel Geld für eine Person, die keine Arbeit hat."
Der Geschädigte ist arbeitslos. In seiner Wohnung waren fast 40 Passbilder und mehrere Pässe von verschiedenen Personen gefunden, die der Ermittlerin zufolge echt sind.
Der Prozess wird am Donnerstag, 19. Dezember, um 13 Uhr fortgesetzt.