
Der Entführte selbst war im Prozess um erpresserischen Menschenraub in Karlstadt (Lkr. Main-Spessart) bereits gehört worden. An diesem Mittwoch musste sich der 34-jährige Syrer am Landgericht Würzburg erneut bohrenden Fragen der Verteidigung stellen. Ende Oktober war seine Vernehmung unterbrochen worden, weil einer der drei Angeklagten erkrankte. Den drei Männern aus Georgien wird vorgeworfen, den Syrer im November 2023 mehrere Tage lang gefangengehalten und gefoltert zu haben.
Der Geschädigte äußerte sich nur spärlich zu den möglichen Gründen seiner Entführung. Nur soviel gibt der Mann aus Karlstadt an: Es gebe einen Streit zwischen zwei Gruppierungen, eine davon aus Syrien. Darin verwickelt sei auch ein Freund von ihm, der laut den mutmaßlichen Entführern Geld gestohlen haben soll. Stellvertretend für diesen Freund habe die Gruppe ihn entführen lassen und erpresst.
Geschädigter verweigert Aussagen zu Geldbündeln und fremden Dokumenten
Die Verteidiger bedrängten den 34-Jährigen am Mittwoch erneut rund drei Stunden lang mit Fragen. Wie kam es zu einem Foto, das ihn mit etlichen Bündeln Bargeld zeigt? Warum wurden bei einer Hausdurchsuchung 37 Passfotos unterschiedlicher Personen, fünf Reisepässe und weitere fremde Ausweisdokumente gefunden? Mit welchem Ziel kam er nach Deutschland? Der Entführte verweigerte mit verschränkten Armen die Aussage – oder verstrickte sich in Widersprüchen.
Er monierte, mit dem Übersetzer nicht zurechtzukommen. Es seien wohl eher die kritischen Fragen, die den Zeugen ins Schlingern brachten, meinte die Verteidigung. Tatsächlich ist die Geräuschkulisse im Gerichtssaal in diesem Prozess enorm: Vier Dolmetscherinnen und Dolmetscher übersetzen jedes Wort. Vom Arabischen ins Deutsch, vom Deutschen ins Georgische und wieder zurück. "Das ist mit Abstand die stressigste Sitzung, in der ich je war", sagt einer von ihnen.
Mehr Fragen als Antworten wirft das Schreiben eines Verwaltungsgerichts an die Staatsanwaltschaft Würzburg auf, das in dem Prozess angesprochen wurde. Der Geschädigte hat demnach einen Asylantrag gestellt. Und das Verwaltungsgericht fragte bei der Ermittlungsbehörde an, ob im Entführungsfall der syrische Geheimdienst eine Rolle spiele.
Gegen ihn stehe in Syrien ein Haftbefehl aus, weil er sich der Armee entzogen habe, sagte der 34-Jährige auf Nachfragen der Verteidigung. Seither werde er von dortigen Behörden verfolgt. "Die Leute, die in Syrien regieren, sind eine Bande", sagte er. "Ich möchte nicht nach Syrien zurück."
Befangenheitsantrag gegen Würzburger Richter wurde zurückgewiesen
Am Nachmittag wurde die Verhandlung erneut wegen Krankheitsfällen unterbrochen. Der Geschädigte, ein Dolmetscher und ein Mitglied der Strafkammer fühlten sich nicht gut. Der Entführte muss daher ein drittes Mal in den Zeugenstand gerufen werden. Zum eigentlichen Tatgeschehen stellten die Verteidiger bisher nur wenige Fragen.
Der Befangenheitsantrag gegen Richter Reinhold Emmert sei inzwischen zurückgewiesen worden, teilte das Landgericht am Mittwoch mit. Den Antrag hatte Anwalt Konstantin Stern, der einen der Angeklagten verteidigt, gestellt. Der Richter habe "bewusst und willkürlich" gegen die Strafprozessordnung verstoßen, Unterbrechungen nicht bewilligt und den Anwälten keine Zeit eingeräumt, Beweismittel anzuschauen.
Der Prozess wird am 4. Dezember um 9 Uhr fortgesetzt.