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Würzburg
Prominenter Strafrechts-Experte soll Würzburger Schmerzpatienten zum Cannabis-Anbau verhelfen
Günter Weiglein steht ein namhafter Unterstützer im Kampf zum legalen Anbau bei: Der bekannte frühere BGH-Richter Thomas Fischer gilt als Verfechter einer Legalisierung.
Günter Weiglein zeigt eine getrocknete Cannabisblüte und die dazu gehörige Medizindose. Der streitbare Würzburger Schmerzpatient will sich mit seiner Verurteilung wegen Cannabis-Anbau nicht abfinden.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa | Günter Weiglein zeigt eine getrocknete Cannabisblüte und die dazu gehörige Medizindose. Der streitbare Würzburger Schmerzpatient will sich mit seiner Verurteilung wegen Cannabis-Anbau nicht abfinden.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 04.03.2024 14:29 Uhr

Im jahrelangen Ringen um die Erlaubnis zum Cannabis-Anbau gibt der Würzburger Schmerzpatient Günter Weiglein nicht auf. Wegen des Anbaus von zwei Kilogramm Cannabis war er vom Amtsgericht Würzburg im vergangenen Januar zu einer 22-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden, die im Sommer in der Berufungsverhandlung auf 15 Monate abgemildert worden war. Doch auch das will Weiglein nicht hinnehmen. Er kündigte Revision an und hat dafür den namhaften Rechtswissenschaftler Thomas Fischer gewonnen – einen der bekanntesten Strafrechts-Experten des Landes.

Schmerzpatient Weiglein: "Ich ziehe es bis zum Ende durch"

Weigleins Verteidiger Matthias Schillo bestätigte auf Anfrage der Redaktion: Fischer werde sich an dem Verfahren beteiligen, "weil er das Urteil des Landgerichts Würzburg für fasch hält und zur Rechtsfortbildung beitragen möchte". Auch der Mandant zeigt sich trotz der jüngsten zwei Niederlagen vor Gericht alles andere als gebrochen: "Ich ziehe es bis zum Ende durch", sagte er. "Jetzt kann ich wieder ruhig schlafen."

Fischer habe bereits seinen 40-seitigen Revisionsantrag dem zuständigen Oberlandesgericht Bamberg vorgelegt, das nun darüber entscheidet, ob die Revision zulässig ist.

Thomas Fischer, einst Richter am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe, will dem Würzburger zu seinem Recht verhelfen. Unser Bild entstand 2016.
Foto: OT | Thomas Fischer, einst Richter am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe, will dem Würzburger zu seinem Recht verhelfen. Unser Bild entstand 2016.

Die Verstärkung verspricht spektakuläre Auftritte vor Gericht. Der Jura-Professor und ehemalige Vorsitzende des 2. Strafsenats am Bundesgerichtshof gilt als Rebell gegen viele vorherrschende Meinungen und wortgewaltiger Verfechter seiner Positionen in schwierigen Fragen des Strafrechts.

Ganze Generationen von Anwälten und Richtern lernen die Feinheiten anhand des "Fischers", seines jährlich aktualisierten Standardwerkes zum Strafrecht. Nach seiner Pensionierung wurde Fischer auch Laien als streitbarer Kolumnist in "Zeit" und "Spiegel" bekannt, der in relevanten Fragen der Juristerei klare Kante zeigte und damit zum bekanntesten Rechts-Erklärer im Land wurde.

Fischer arbeitet für die Kanzlei zweier früherer CSU-Politiker

Fischer trat öffentlich als vehementer Verfechter einer liberaleren Cannabis-Regelung in Erscheinung – obwohl der streitbare Rechtsgelehrte inzwischen für eine Kanzlei tätig ist, bei der man eher das Gegenteil vermuten würde: Er arbeitet in der Sozietät der früheren CSU-Politiker Peter Gauweiler und Alfred Sauter mit.

Damit gewinnt auch der Kampf des unermüdlichen Würzburgers Weiglein eine neue Qualität. Der kämpft seit mehr als einem Jahrzehnt hartnäckig gegen seine Kriminalisierung durch Polizei und bayerische Justiz – und auf sein Recht, Cannabis als Schmerzmittel sinnvoll nutzen zu dürfen.

Der 57-Jährige ist keiner jener Kiffer, die Cannabis zum Vergnügen nehmen. Seit einem schweren Motorradunfall vor 20 Jahren leidet der Familienvater an chronischen Schmerzen. Nachdem die gängigen Schmerzmittel nicht mehr halfen, habe er in Cannabis eine wirksame Methode gefunden, erklärt er unermüdlich.

Krankenkasse trägt die Kosten für drei Gramm pro Tag

Mit seinem Kampf zur Legalisierung hat Weiglein längst selbst Geschichte geschrieben. Seit 2009 erhält der Würzburger medizinisches Cannabis auf Rezept, seit fünf Jahren trägt seine Krankenkasse die Kosten für die verordnete Menge von drei Gramm pro Tag. 2014 hatte er sogar als erster mit drei weiteren Patienten vor dem Verwaltungsgericht Köln die Erlaubnis erstritten, Cannabis für den Eigenbedarf anzubauen.

Cannabispflanzen stehen im Blühraum einer Produktionsanlage für medizinisches Cannabis. 
Foto: Christian Charisius, dpa | Cannabispflanzen stehen im Blühraum einer Produktionsanlage für medizinisches Cannabis. 

Aber Weigleins Erfolg ging zunächst ins Leere, weil die Bundesregierung zwei Jahre später erlaubte, dass Cannabis für Schmerzpatienten ärztlich verordnet und von der Krankenkasse bezahlt werden dürfe. Trotzdem pflanzte er auf einem Acker Cannabis-Pflanzen an, die ihm im Herbst 2020 eine Ernte von mehr als zwei Kilogramm einbrachten – und bislang zwei Prozesse. 

Ziel ist ein Freispruch

Nun hoffen er und sein Anwalt, dass mit der namhaften Unterstützung Fischers die Revision gelingt. Weil auf dem Markt nicht genügend Cannabis zur Verfügung gewesen sei, habe ein rechtfertigender Notstand vorgelegen. Der Besitz von Betäubungsmitteln sei für den Schmerzpatienten daher nicht strafbar, glauben Weiglein und sein Anwalt Matthias Schillo. Dem wollte sich das Gericht – vor allem wegen der großen Menge – nicht anschließen. "Um Sicherheit zu haben, hätte ein Bruchteil davon gereicht. Ein kleiner Vorrat wäre okay gewesen", sagte der Vorsitzende Richter Konrad Döpfner in der Berufsverhandlung im Sommer. "Mit der aufgefundenen Menge hätte ich mindestens ein Jahr Ruhe und meine Medizin zur Schmerzlinderung gehabt", sagt Weiglein.

Ziel des 57-Jährigen und seiner Anwälte ist ein Freispruch, den sie notfalls mit dem Gang durch alle Instanzen bis hin zum Europäischen Gerichtshof erreichen wollen. Sein neuer Rechtsbeistand Fischer hält Suchtpolitik nicht für eine Sache des Strafrechts, sondern für eine gesellschaftliche Herausforderung. 

 
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Kommentare
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  • Arcus
    Prof Fischer durfte ich bereits mehrmals kennenlernen. Ein guter Mann. Nicht nur wenns um Cannabis geht. Er lüftet auch den Rock so mancher Juristen, damit der CSU Muff entweichen kann.
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    • Antworten
  • robert.erhard@gmx.de
    Canabis ist Einstiegsdroge!
    Canabis ist eine Droge!

    Cannabinoide können meist keine Schmerzfreiheit herstellen, die Schmerzen werden aber unter Umständen vermindert wahrgenommen und schmerzbedingte Schlafstörungen können sich verbessern. Für eine deutliche Schmerzreduktion um mind. 50% liegt kein Beweis vor.

    https://www.schmerzgesellschaft.de › ...
    Cannabis in der Schmerzbehandlung - Deutsche Schmerzgesellschaft e.V.

    Warum kämpft jemand so vehement gegen etwas oder für etwas!

    Und der Vergleich mit Alkohol oder Rauchen ist immer die selbe alte Leier!

    Nur weil Alkohol gefährlich ist – unbestritten – ist Cannabis kein Brokkoli.
    Zitat im swr3 von Daniela Ludwig, Bundesdrogenbeauftragte
    Man kann erfassen, worauf die Bundesdrogenbeauftragte hinauswill: Alkohol ist gefährlich, Cannabis aber auch und nur, weil das eine erlaubt ist, muss das andere nicht auch erlaubt werden.
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  • robert.erhard@gmx.de
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  • ammi187@gmail.com
    Wenn man sich so einige Urteile anschaut dann mangelt es der bayerischen Justiz in einigen fällen an Logik. Es ist denke ich wissenschaftlich erwiesen dass es jährlich mehr Süchtige und Tote durch Alkohol gibt als durch Cannabis.

    Dies auch als Einstiegsdroge zu bezeichnen finde ich meines Erachtens falsch. Ich kenne unselige Konsumenten die Cannabis teilweise seit Jahrzehnten zu sich nehmen und diese haben es auch nicht als Einstiegsdroge verwendet.

    Meines Erachtens richtet Alkohol mehr Schaden an.
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  • robert.erhard@gmx.de
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  • gowell70@yahoo.de
    Die Logik der Bayerischen Justiz ist in keiner Weise zu akzeptieren.

    Es wird wirklich Zeit,
    dass die altgediente Branntwein -Garde
    in den Staatsanwaltschaften und Gerichten ersetzt wird durch Leute,
    die vom wirklichen Leben zumindest etwas Ahnung haben.

    Dann muß halt notfalls auch ein
    Herr Ministerpräsident, oder die kommende Frau Ministerpräsidentin Bayerns
    im Herbst auch mal auf einem Erntedankfest für gelungenen Hanfanbau erscheinen, anstatt permanent auf Weinfesten und in Bierzelten abzuhängen.
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