Er hat chronische Schmerzen - und deshalb in den vergangenen Jahren vor Gericht für eine Erlaubnis zum Eigenanbau von Cannabis als Schmerzmittel gekämpft. Jetzt wehrt sich der Würzburger Günter W. gegen eine Verurteilung wegen Besitzes von illegalen Betäubungsmitteln: Ende Januar war er vom Amtsgericht Würzburg zu einem Jahr und zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden, nachdem die Polizei bei ihm gut zwei Kilo selbst angebautes Marihuana sichergestellt hatte.
Aus seiner Patientengeschichte und seiner Klage für die Anbauerlaubnis hatte der Würzburger keinen Hehl gemacht und auch in Artikeln dieser Redaktion über die Freigabe von Cannabis als Medikament für Schmerzpatienten offen berichtet. Seit einem schweren Motorradunfall vor 20 Jahren leidet der heute 57-Jährige an chronischen Schmerzen. Nachdem die üblichen Schmerzmittel nicht mehr halfen, habe er in Cannabis eine wirksame Methode gefunden: "Hanf ist kein Wundermittel", sagt Günter W., "aber es hat mir geholfen und es gibt immer mehr Menschen, denen es hilft."
Ärztlich verordnet: Seit über zehn Jahren medizinische Cannabis auf Rezept
Seit 2009 erhält der Würzburger medizinisches Cannabis auf Rezept, seit fünf Jahren trägt seine Krankenkasse die Kosten für die verordnete Menge von drei Gramm pro Tag. Auf die beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte beantragte Erlaubnis zum Eigenanbau seines Medikaments wartet der 57-jährige Familienvater aber bis heute vergeblich. Deswegen saß er Anfang 2021 zwei Monate in Untersuchungshaft und am 31. Januar 2022 vor dem Schöffengericht auf der Anklagebank.
Dass er die Drogen, die die Polizei im Februar 2021 in seiner Garage gefunden hatte, selbst auf einem Acker zusammen mit legalem Nutzhanf angebaut, geerntet und aufbewahrt hat, gab der 57-Jährige vor Gericht zu. Dass der Besitz von mehr als zwei Kilo Marihuana und Haschisch ohne die erforderliche Erlaubnis nicht legal und damit strafbar war, ist ihm ebenfalls bewusst.
Cannabis-Vorrat für ein Jahr - wegen Versorgungslücken in Apotheken
Der Vorrat sei dafür gedacht gewesen, Versorgungslücken durch die Apotheken zu schließen: "Mit der aufgefundenen Menge hätte ich mindestens ein Jahr Ruhe und meine Medizin zur Schmerzlinderung gehabt", sagte W. am Freitag vor dem Würzburger Landgericht. Während die Staatsanwaltschaft nach dem Urteil des Amtsgerichts in erster Instanz auf Rechtsmittel verzichtet hatte, war Günter W. in Berufung gegangen, über die jetzt verhandelt wird.
Ziel des 57-Jährigen und seines Verteidigers Matthias Schillo aus Potsdam ist ein Freispruch, den sie notfalls mit dem Gang durch alle Instanzen bis hin zum Europäischen Gerichtshof erreichen wollen. Dass das Landgericht am Ende der Berufungsverhandlung zu diesem Ergebnis kommen wird, scheint eher unwahrscheinlich: "Für solche Mengen geht jeder andere in den Knast", betonte der Vorsitzende Richter Konrad Döpfner am Freitag und regte an, die Bewährungsstrafe zu akzeptieren und die Berufung zurückzunehmen.
Das kommt für Günter W. auf keinen Fall in Frage. "Erst einmal muss die Versorgungssicherheit von Schmerzpatienten mit Cannabis ausführlich zur Sprache kommen", sagte sein Anwalt. Laut Günter W. gibt es in Würzburg nur eine Apotheke, die Schmerzpatienten regelmäßig mit medizinischem Cannabis versorgt, außerdem komme es immer wieder zu Lieferengpässen.
Vorrat an Cannabis eine Woche vor dem Prozess komplett beschlagnahmt
Erst vor einer Woche hatte die Polizei nach einer Anzeige seiner Nachbarin frühmorgens in der Wohnung des 57-Jährigen seinen kompletten Vorrat an medizinisch verordnetem Cannabis beschlagnahmt. Die Frau hatte offenbar angegeben, Cannabis-Rauch vom Balkon des 57-Jährigen eingeatmet zu haben und deswegen gestürzt zu sein. Eine Woche lang habe er ohne sein Schmerzmittel auskommen müssen, sagte W. am Freitag. Erst am Tag vor dem Prozesses habe er in der Apotheke neues Cannabis bekommen.
Verteidiger Schillo vermutet einen Zusammenhang mit der Berufungsverhandlung und bezeichnete den jüngsten Besuch der Polizei als "eine Art Vorbereitung der Justiz" auf den Prozesstermin. Staatsanwalt Joscha Kreßmann wies den Vorwurf empört als "absurd" zurück.
Der Prozess wird am kommenden Freitag fortgesetzt – bis dahin wollen Günter W. und sein Anwalt darüber entscheiden, ob der 57-Jährige sich von einem psychiatrischen Sachverständigen begutachten lässt.
Manchmal?
Ich würde sagen ziemlich oft und nicht nur was Hanf angeht.
Vor 120 Jahren war Cannabis ein ganz normales und legales Arzneimittel, was in vielen Hausapotheken bevorratet wurde. Eine Freundin hat mir mal erzählt, daß ihre Oma regelmäßig ein Pfeifchen Knaster gegen ihre Asthmabeschwerden rauchte - das war nichts anderes als: Marihuana.
Ich finde es grotesk, was hier in Bayern abgezogen wird, und nochmal: für mich gibt es einen sehr großen Unterschied zwischen einem Schmerzpatienten und einem Dealer.
Wo sehen Sie einen Unterschied, der einen Vergleich mit Alkohol unmöglich macht?
Und wenn die Nachbarin stürzte, dann könnte es ja sein, das das letzte Gläschen Wein zu viel war.
Haben diese Leute echt keine anderen Probleme als sich um einen Menschen zu kümmern, welcher seine Schmerzen mit einer seit Jahrtausenden bewährten Arzneipflanze lindert?
Man muß tatsächlich am Verstand der Menschheit zweifeln, wie töricht sich gewisse Personen in Bezug auf die Pflanze Hanf verhalten.
Ich denke, die bayerische Justiz würde auch dem Pandabär das Bambus fressen verbieten und den Bienen das Nektar sammeln, wenn sie es könnte.
Hanf ist seit Urzeiten eine der wichtigsten Kulturpflanzen der Menschheit und hätte gerade in unserer Zeit einiges dazu beizutragen, daß die Menschen wieder vernünftig werden!
Aber bei gewissen Existenzen scheint Ignoranz ein Grundrecht zu sein.
Trotzdem kann ich nicht verstehen, dass die Staatsanwaltschaften sowas immer noch so hartnäckig verfolgt. Und was gar nicht geht, ist, dass man dem Mann auch noch bei einer Razzia sein legales, von einem Arzt verschriebenes "Medikament" (Ja, das ist es für ihn ja definitiv!) beschlagnahmt!!!
Ich frage mich, ob hier nicht sogar der Tatbestand der Körperverletzung durch die Strafverfolgungsbehörden vorliegt, weil man dem Mann willentlich Schmerzen zufügt, indem man ihm seine legalen, von einem Arzt verschriebene Schmerzmittel entzieht...
Aber manche Staatsanwälte haben offensichtlich nicht genug zu tun, und brauchen ab und zu mal einen Erfolg, den sie öffentlich vorweisen können...
Und wer sowas anordnet, bei dem liegt der Verdacht auf Kontrollverlust nahe, ähnlich wie die übersteigerte Ichwahrnehmung bei ausuferndem Kokainkonsum.