
Es ist das dritte Mal in den vergangenen 67 Jahren, dass das abstrakte Gemälde "Fröhliche Bewegung" des bekannten Würzburger Künstlers Dieter Stein in der Höchberger Ernst-Keil-Grundschule für Diskussionen sorgt. Das 1957 als Auftragsarbeit entstandene Wandbild in der Eingangshalle der Schule wurde 2011 wiederentdeckt und restauriert, steht jetzt aber der geplanten Erweiterung der Schule im Weg. Kunst- und Architekturhistorikerin Suse Schmuck hat dazu eine klare Meinung: "Man muss alles versuchen, das Vestibül mit dem Wandgemälde dauerhaft zu erhalten."
Schmuck berichtete am Dienstag vor gut 40 Kunstfreundinnen und -freunden aus der Region im Kulturspeicher über ihre Spurensuche, die vor 13 Jahren zur Freilegung und Restauration des farbenfrohen Wandgemäldes führte. "Die abstrakte Kunst war im bischöflichen Würzburg damals ein revolutionärer Akt. (…) Höchberg hat da einen unwahrscheinlichen Schatz", sagte Henrike Holsing, die stellvertretende Leiterin des Museums im Kulturspeicher (MiK). Der 2022 verstorbene Dieter Stein wäre in diesem Jahr hundert Jahre alt geworden, das MiK widmet ihm seit Mitte Oktober eine große Retrospektive.
2011 hatte ebenfalls im Kulturspeicher eine Ausstellung über die Kunst der 1950er Jahre in Würzburg stattgefunden, für die Suse Schmuck auf Spurensuche gegangen war. Von dem abstrakten Wandgemälde in der Höchberger Grundschule erfuhr sie durch einen von Heiner Reitberger verfassten Main-Post-Artikel aus dem Jahr 1957.
Dieter Stein hatte sich mit seinem Entwurf damals in einem Künstlerwettbewerb und nach langen Diskussionen im Höchberger Gemeinderat gegen ein traditionelles gegenständliches Kunstwerk mit fränkischen Landschaften durchgesetzt und für die Ausführung 1500 D-Mark erhalten.
Gefunden wurde das abstrakte Gemälde "Fröhliche Bewegung", das im Vestibül der Schule eine ganze Wand einnimmt, 2011 hinter einem ebenso großen Bild über Höchberg und seine europäischen Partnergemeinden, das 2002 in einem Kunstprojekt von Schülerinnen und Schülern gemalt und an der Wand befestigt worden war. "Damals wusste man in Höchberg nicht mehr, wer der Künstler war, das Wandgemälde war anonym", erläuterte Schmuck.
Die zweite Diskussion im Gemeinderat gab es vor 13 Jahren zunächst über die Freilegung und dann über die Restauration des Gemäldes, die dann von Dieter Stein selbst zusammen mit seinem Sohn Peter Stein innerhalb von drei Tagen kostenlos durchgeführt wurde.
Für die Freilegung sorgte damals Alexander Knahn als Leiter des Höchberger Bauamts
Für die Freilegung sorgte damals Alexander Knahn als Leiter des Höchberger Bauamts, wie Suse Schmuck berichtete. Knahn ist ehemaliger Student von Schmuck und seit 2020 Höchbergs Bürgermeister. Wegen des Anspruchs auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen ab dem Schuljahr 2026/2027 soll die Ernst-Keil-Grundschule für rund 2,2 Millionen Euro erweitert werden. Das Stein-Gemälde schränke die Entwicklung der Schule "brutalst" ein, hat Knahn bei der bisher dritten Diskussion über das Kunstwerk im Gemeinderat gesagt.
Seit 1957 "hat sich nicht so viel in der Einstellung zur abstrakten Kunst geändert", stellte Suse Schmuck fest, die in jüngster Zeit eine weitere Entdeckung gemacht hat. Zunächst wurde der lange Zeit verschollene Entwurf des Wandgemäldes, eine mehrfarbige Grafik von Dieter Stein, 2022 in einem Nachlass in Frankfurt gefunden und von den Erben an die Schule übergeben. "Hochachtung dafür, das war eine unheimlich umsichtige Tat", sagte die Kunsthistorikerin.
Vor wenigen Wochen kam es dann zu einem weiteren Fund im Höchberger Gemeindearchiv
Vor wenigen Wochen kam es dann zu einem weiteren Fund im Höchberger Gemeindearchiv, den Suse Schmuck als "sensationell" bezeichnet: In den Rechnungsunterlagen aus dem Jahr 1957 wurden handschriftliche Notizen von Dieter Stein mit konkreten Vorschlägen für die Farbgebung der Wände des gesamten Vestibüls gefunden. Den entsprechenden Auftrag habe der Künstler dann auch erhalten, so Schmuck. Es stelle sich daher jetzt folgende Frage: "Könnte oder sollte man das gesamte Vestibül nicht in seinen Ursprungszustand zurückbringen? (…) Es ist nötig, sich darüber wirklich den Kopf zu zerbrechen."
Das Gemälde steht bisher nicht auf der Denkmalliste. Höchbergs Bürgermeister Alexander Knahn hatte im September im Gespräch mit dieser Redaktion angekündigt, dass es eventuell an eine andere Wand der Schule versetzt werden könnte. Mittlerweile wurde von Jörg Nellen, Geschäftsführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Unterfranken, eine Petition für den Erhalt des Wandgemäldes am Originalstandort gestartet.
Anmerkung der Redaktion: Im Text war der Vorname der stellvertretenden Leiterin des Museums im Kulturspeicher zunächst fälschlicherweise als "Henriette" angegeben - wir haben den Namen an den entsprechenden Stellen korrigiert.
ich mache ihn aber trotzdem: kann man evtl. um sowohl das Bild zu erhalten als auch die Maßnahme zu finanzieren das herausgetrennte Original an einen Interessenten veräußern und an einer passenden Stelle in der umgebauten Schule eine Kopie anbringen? Um dieses wunderschöne Werk wäre es wirklich schade, wenn es dem Umbau "zum Opfer fallen sollte"!