
Er war der erste Künstler in Würzburg, der sich bald nach dem Krieg komplett von der gegenständlichen Malerei abwandte: Dieter Stein, künstlerischer Einzelgänger, widerborstiger Rebell. Und später konstruktiver Kritiker und Mentor vieler nachfolgender Künstlerinnen und Künstler. Kurz vor Weihnachten ist Dieter Stein jetzt m Alter von 98 Jahren gestorben.
Mit seinen Bildern hatte der Würzburger in den Anfangsjahren seines Schaffens erbitterte Kunstdiskussionen ausgelöst: "Viele waren noch geprägt von der NS-Kunstpropaganda und taten ohne weiteres Hinsehen zum Beispiel Picasso als Scharlatan ab", erzählt Sohn Peter Stein, Jahrgang 1952, selbst Künstler.
Anfangs lebten Dieter Stein und seine Frau Margarethe in einer Holzbaracke
Dieter Stein, geboren 1924 in Würzburg, hatte nicht an einer Akademie studiert, sondern Kunstgeschichte an der Universität Würzburg bei Emil Kieser - "damals einer der ganz wenigen, die sich mit aktueller Kunstproduktion befassten", sagt Peter Stein. Mit dem Zeichnen und Aquarellieren nach der Natur hatte Dieter Stein unter Anleitung des Würzburger Malers Josef Versl (1901-1993) begonnen. Wahrend des Studiums wurde seine Kunst immer abstrakter.

Die ersten Jahre als junge Familie waren hart: Dieter Stein und seine Frau Margarethe, die vor einem Jahr gestorben ist, lebten in einer Holzbaracke, im Winter war es dort so kalt, dass die Stoffwindeln des Erstgeborenen Thomas zu Brettern froren. "Aber meine Eltern haben immer positiv von dieser Zeit berichtet", erzählt Peter Stein.
Viele alte Freunde und langjährige Weggefährten sind ihm weggestorben
Eine richtige Wohnung konnte sich die Familie auch später nur leisten, weil Dieter Stein in dem Haus als Hausmeister fungierte. Und weil Margarethe als Buchhalterin arbeitete. "Sie hatte ganz großen Anteil daran, dass es lief", erzählt Peter Stein. Anfangs hätten nur Freunde gelegentlich ein Bild gekauft. Die Situation wurde in den 1960er und 1970er Jahren besser, als die ersten Ausstellungen kamen. Bereits 1952 hatte Dieter Stein ein Stipendium des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) erhalten, 1960 arbeitete er als Stipendiat der Villa Massimo in Rom. 1990 schließlich bekam er den Kulturpreis des Bezirks Unterfranken.

"Ich bin der Welt abhanden gekommen" - mit diesem Rückert-Zitat habe sich sein Vater in den späten Jahren selbst charakterisiert, erzählt Peter Stein. "Viele Freunde und langjährige Weggefährten sind weggestorben." Solange es ging, habe sein Vater täglich gearbeitet - "am Blättle", wie er sagte. Nachdem das Malen in Öl zu mühsam geworden war, nahm er Buntstifte und Pastellkreide. Zuletzt pflegten neben Peter Stein auch Bruder Thomas, Jahrgang 1950, und Schwester Susanne, Jahrgang 1960, den Vater: "Ohne die beiden wären wir nie so weit gekommen."
Das Werk seines Vaters lasse sich in keine Kategorie einordnen, es sei vollkommen eigenständig, sagt Peter Stein. Dieter Stein habe als Ratgeber oder Lehrer etwa an der Volkshochschule auch nie versucht, Lernende auf seinen Pfad zu locken. Vielmehr konnte er Talente erkennen und Entwicklungen fördern. Genau das machte ihn zum gefragten Ansprechpartner für viele Künstlerinnen und Künstler, die heute prominent ausstellen: "So genau konnte kaum jemand den Stand der Dinge beurteilen. Die jüngeren Künstler werden ihn sehr vermissen."
Die Beerdigung findet am Dienstag, 10. Januar, 14 Uhr, auf dem Waldfriedhof Veitshöchheim statt.