
Sie werden von den Landratsämtern oder Stadtverwaltungen geschickt und sollen die Pflege in den Seniorenheimen überprüfen: die Heimaufsichten. Doch wie ihre Kontrollen vor Ort mitunter ablaufen, das sorgt für Kopfschütteln und Unverständnis in den Einrichtungen.
Statt auf Augenhöhe mit der Pflegedienstleitung die Situation zu besprechen, würde Personal verdächtigt und kriminalisiert, kritisieren gemeinnützige Träger des Netzwerks Pflegeheime in der Region Würzburg. Sie warnen: Wegen der "Gängelei" könnten noch mehr Pflegekräfte abwandern, "die Leute arbeiten dann lieber in der Klinik".
Landkreise und Städte zuständig: Zwölf Stellen für Heimaufsicht in Unterfranken
Im Mittelpunkt der Kritik stehen die "Fachstellen für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht", kurz FQA. Diese behördliche Heimaufsicht ist bei den Landkreisen und kreisfreien Städten angesiedelt, zwölf Stellen sind in Unterfranken tätig. Zu unterscheiden ist die FQA von den routinemäßigen Überprüfungen durch den Medizinischen Dienst (MD).
Die FQA überwacht stationäre Einrichtungen für Senioren, Menschen mit Behinderungen sowie betreute Wohngruppen auf Grundlage des Bayerischen Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (PfleWoqG). Begehungen finden normalerweise unangemeldet und mindestens einmal im Jahr statt. Außerdem "anlassbezogen" bei Beschwerden, auch anonymer Art.
Wie Kontrollen ablaufen? Teilweise so: "Die stehen um 7 Uhr früh auf der Matte und ziehen durch die Wohnbereiche wie die Steuerfahndung. Die Pflegedienstleitung wird erst gar nicht informiert", schimpft Ulrike Hahn, Bereichsleiterin Senioren und Reha bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Unterfranken.
Sie und andere Heimverantwortliche stellen nicht die Aufsicht als solche in Frage. Es geht ihnen um die Art und Weise des Auftretens: Kontrolleurinnen und Kontrolleure der FQA benähmen sich – mit regionalen Unterschieden – viel zu oft wie Gegner und nicht wie Partner oder Berater. Dabei gehöre die Beratung zu den gesetzlichen Aufgaben der Heimaufsicht.
Doch FQA-Mitarbeitenden fehle dafür häufig die Qualifikation, moniert Alexander Schraml, Vorstandssprecher der Kommunalen Altenhilfe Bayern und früher als Vorstand tätig für das Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg, das selbst acht Seniorenheime betreibt.
Viele Kontrolleure hätten noch nie in der Pflege gearbeitet, nicht selten kämen sie aus dem Bauamt. "Gut ausgebildete Pflegekräfte werden dann mit Unsinn gegängelt", ärgert sich Schraml. Und von Behörde zu Behörde werde der Begriff des Mangels anders ausgelegt. Das verunsichere das Personal, Heimträger sprechen von "Willkür".
Bei der AWO habe ein Wohnbereichsleiter ausdrücklich wegen der Heimaufsicht und ihren Kontrollen gekündigt, berichtet Ulrike Hahn. Langjährige Mitarbeiter würden nach der Begehung weinen: "Sie werden von der FQA nicht auf Augenhöhe behandelt. Es wird mit Unterstellungen gearbeitet", sagt Hahn. Fehler würden provoziert oder teils vor Aufregung gemacht.
Eine geöffnete Shampoo-Flasche im Stationsbad als "Mangel"
Oder es werden als Lappalien empfundene Defizite beanstandet: zu schmale Klebestreifen auf Treppenstufen, eine Wasserflasche auf einem Geländer, eine geöffnete Shampoo-Flasche im Stationsbad. Oder eine Salbe im Bewohnerzimmer, deren Haltbarkeitsaufkleber abgegangen war. Elisabeth Richter, im Bürgerspital Abteilungsleiterin für die Senioreneinrichtungen, klagt: "Sie suchen, um irgendetwas zu finden, das ist nicht verhältnismäßig."
Bei wiederholt auftretenden oder "erheblichen" Mängeln drohen Bußgelder bis zu 2500 Euro, im Ernstfall Beschäftigungs- oder Betriebsverbote.

Früher seien drei FQA-Mitarbeiter zur Begehung gekommen, berichtet Christian Meyer-Spelbrink, Leiter des Würzburger Matthias-Claudius-Heims der Diakonie. "Heute laufen sechs bis sieben Leute durchs Haus und müssen begleitet werden." An solchen Tagen leide die Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner – was dann leicht als Mangel festgehalten werde, ergänzt AWO-Vertreterin Hahn. Für die Betroffenen eine absurde Situation.
Dass immer mehr Pflegekräfte einen Migrationshintergrund haben und sich häufig noch sprachlich schwertun – auch darauf nehme die Heimaufsicht wenig Rücksicht. "Damit vergrault man die Leute aus der Pflege", sagt Elisabeth Richter. Noch mehr Betten blieben dann leer, dabei fehle es heute schon überall an Heimplätzen.
Die Situation, klagen die Träger, verschärfe sich durch stures Festhalten an veralteten Fachkraftquoten. Weiteres Problem: Früher seien über längere Zeit die gleichen Kontrolleure gekommen, sie kannten Einrichtungen und Personal. Heute kämen oft wechselnde FQA-Prüfer.
Ihre Berichte erhalte man meist erst Wochen nach der Begehung – teilweise mit Mängeln, die vor Ort nicht besprochen wurden. "Aber wir sollen dann innerhalb von drei Tagen dazu Stellung nehmen", kritisiert AWO-Vertreterin Hahn.
Diese Redaktion hat die Heimaufsichten der Städte Würzburg und Schweinfurt sowie der Landkreise Kitzingen, Bad Kissingen, Main-Spessart, Rhön-Grabfeld, Haßberge, Schweinfurt und Würzburg um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gebeten. Tenor der Reaktionen: Man könne die Kritik nicht nachvollziehen, allenfalls punktuell.
Landratsämter und Städte Würzburg und Schweinfurt weisen Kritik zurück
Die FQAs bestünden aus multiprofessionellen Teams mit der nötigen Qualifikation, heißt es von Seiten der Ämter. Falls etwas beanstandet wird, suche man im Gespräch mit Pflegepersonal und Heimleitungen konstruktiv nach Lösungen. Man begegne dem Personal vor Ort wertschätzend und mit Respekt, oberste Priorität habe das Wohl der Bewohnerinnen und Bewohner.
Dass die Kontrollen von den Betroffenen als belastend empfunden werden können, erkennen die Behörden an. Doch sie verweisen auf teils sehr strenge Vorgaben durch das Pflegegesetz. Widersprüche oder gar Klagen gegen Mängelbescheide gibt es nach Aussagen der Landratsämter und Rathäuser bisher nur wenige oder gar keine.
Die Kommunale Altenhilfe Bayern hat laut Vorstandssprecher Schraml konkrete Verbesserungsvorschläge für die Heimaufsicht formuliert: Wie vor 2001 sollten wieder die Bezirksregierungen zuständig sein. Und wo bereits der Medizinische Dienst der Krankenkassen die Pflegeleistungen kontrolliert – nämlich in fast allen Einrichtungen – sei eine zusätzliche Kontrolle durch die FQA überflüssig. Statt auf Routine-Überprüfungen sollte sich die Heimaufsicht auf tatsächliche Missstände konzentrieren.
Regierung von Unterfranken sieht keine grundsätzlichen Probleme
Und was sagt die Regierung von Unterfranken als übergeordnete Behörde zur Kritik an der Heimaufsicht? Gegenüber dieser Redaktion verweist sie auf "regelmäßige Dienstbesprechungen" mit den FQAs, auch um die Prüfpraxis zu vereinheitlichen. Kontrollen fänden jedoch "situativ" statt: Es werde nicht schematisch eine Checkliste abgearbeitet, sondern die Heimaufsicht prüfe je nach Lage vor Ort.
Dass die Art mancher Kontrollen von Pflegekräften als Schikane empfunden wird, will die Regierung nicht bewerten. Man verkenne die großen Herausforderungen der Heime nicht. Aber, so die schriftliche Antwort auf die Anfrage: "Es liegt in der Natur der Sache, dass Prüfungssituationen und Prüfungshandlungen beim Vollzug von aufsichtlichen Aufgaben bisweilen von den zu Prüfenden nicht durchweg als angenehm empfunden werden."
viele nach einigen Jahren einfach diesen Beruf aufgeben, da sie es gesundheitlich nicht
mehr schaffen, dank unseres staatlichen Hauruck-Systems.
Habe einige Bekannte die als Pfleger/Krankenschwester tätig sind. Sie jammern auch über zu viel Arbeitsstress und zu wenig Zeit, um sich auch mal mit ihren Patienten 5 Minuten unterhalten zu können. Es geht ja in der Pflege schon so weit, dass nach Minutentakt gearbeitet werden muss und man nicht länger als eine gewisse Zeit für den Schutzbefohlenen brauchen darf, sonst ist man unterqualifiziert. Bei uns früher kamen noch die Krankenschwestern in die Häuser, da wurde mit denen auch mal ein Kaffee getrunken und ein Pläuschchen gehalten, das gehört alles leider Gottes der Vergangenheit an.
Unsere Politik, besonders das Gesundheitsministerium sollte sich was schämen, wie mit den
Arbeitskräften ob im Kranken- oder Pflege
"Doch FQA-Mitarbeitenden fehle dafür häufig die Qualifikation, moniert Alexander Schraml"
Soll das heißen, da sind Kontrolleure unterwegs, die nicht vom Fach sind, noch dazu "häufig"??
Kann eine freiheitlich funktionierende Demokratie sich genau das aber leisten wollen!?
Unsere Gesellschaft ist mittlerweile gepeinigt von einem solchen trojanischen Pferd randvoll mit beißwütigen Kontrolleuren, wo man in päpstlicher Unfehlbarkeit wider das gemeine Volk knallhart vorzugehen weiß.
Für eben eine solche Auflagenflut benötigen wir medial kommuniziert nochmals 400.000-500.000 Beamte mehr, wo damit einhergehend die Institution Staat mehr als eindrücklich zu dokumentieren weiß, dass noch mehr Kontrolleure ihre Knüppelchen über jedem wehrlosen Kopf tanzen lassen dürfen. Bei nachgewiesenem Fehlverhalten gegenüber der Bürgerfront drohen den Ausführenden welche persönlichen Konsequenzen!?
Ein generell unverzichtbar vertrauensvolles Für- und Miteinander wird damit bis auf‘s Äußerste torpediert, mit welchem Ergebnis!?
Die Zeiten sind allerdings alles andere als "vorbei": autoritäres Aufmandeln und obrigkeitshöriges Hierarchiedenken sind wieder voll da - die moralische, auf "Regeln" fixierte Keule wird geschwungen, sobald sich die geringste Gelegenheit dazu ergibt - dass die Betreffenden dabei oft nur ihre eigene Unmoral entlarven, scheint den Betreffenden kurioserweise nie bewusst zu sein.
Jedes Quäntchen "Macht" wird dazu missbraucht, das eigene Ohnmachtsgefühl auf andere zu projizieren und mal der zu sein, der sagt, wo´s langgeht, wenn andere gegen "Regeln" verstoßen. Pflegekräfte, Fahrgäste, wer auch immer.
Das Problem dahinter: hier werden Menschen auf der Arbeitsebene gegeneinander ausgespielt und auf einander "los gelassen", oft mit dramatischen psychosozialen Folgen - während sich an den Ursachen der Missstände nichts ändert und die tatsächlich VERANTWORTLICHEN sich zurücklehnen. Die, die Personalnot im Pflegebereich zu verantworten haben bspw..
Es sind die Führungebenen bspw. der Diakonie selbst, die Fachkräfte und Personal in die Kündigung treiben, die selbst hochmotivierte Fachkräfte dazu bringt, das Handtuch zu werfen.
Die Arbeitsebene wird schlichtweg ausgenutzt, die z.T. selbst verschuldete Personalnot auf dem Rücken der noch vorhandenen Mitarbeiter - und letztlich der Bewohner - ausgelassen, Fachbereichs- und Wohnverbundleiter werden zu reinen Erfüllungsgehilfen der Verwaltung degradiert und gezwungen, gegen die Interessen vor Ort zu handeln.
Christliche Fassade ist alles - dahinter sieht es ganz anders aus.
Meist wird, wie bei Audits in Firmen, ein Katalog abgearbeitet, welcher wiederum von Leuten verfasst wurde welche sich mit Standards in Pflegeeinrichtungen nur am Rande auskennen.
Es ist schade um jede Pflegekraft, die von solchen Leuten "hinausgeekelt" wird. Quo vadis Deutschland?
Ich habe das im Pflegeheim meiner Mutter einmal ähnlich erlebt. Die prüften vor allem die Einhaltung der bürokratischen Vorgaben, Dokumentation usw. Schlussendlich tangiert so etwas meist nämlich die Haftpflichversicherung, ähnlich wie bei Ärzten, gleiches Leiden.
Eine Seite also.
Die andere, dieser Seitenhieb auf die QM-Prüfungen bei Firmen, das ist etwas anderes. Es stimmt allerdings, dass wegen der Digitalisierung fast nur noch Checklisten abgearbeitet werden. Bei ISO-Normen in Firmen muss man das nur bedingt, da ist noch etwas an Freiheit zur Interpretation drin, je nach Norm und Auditor. Nur: Individualität kostet Zeit vor Ort und für die Dokumentation der Prüfstelle. Die Kunden, Heime, Firmen, wünschen jedoch preiswerte Audits! Weniger Zeit, gleicher Aufwand= schlechtere Auftragsvergütung . Beratung wird besser honoriert. Wer kann, reduziert die Auditanzahl.
Viele Köche verderben den Brei,hier auf dem Rücken der Pflege und Patienten. Ganz besonders schlimm!
…“Früher seien über längere Zeit die gleichen Kontrolleure gekommen, sie kannten Einrichtungen und Personal.“…
Eben, kurzer Dienstweg. Die Bereichsleitung wusste auch im Vorfeld, WANN die „unangemeldete“ Kontrolle stattfindet, das Personal wurde gebrieft und alles „hergerichtet“. Bekannte Mängel wurden gezielt kaschiert, bspw. die unsachgemäße Nutzung eines Raumes.
Was „Personalschlüssel“ und Fachkrafteinsatz angeht, gehört Täuschung mittlerweile aufgrund der Personalnot zur Kernkompetenz der Verwaltung.
Beschwerden von Angehörigen werden ignoriert, Missstände nicht abgestellt - vermutlich resultiert daraus, dass sich Beschwerden nun auch direkt an die Heimaufsicht richten. Die „Anonymität“, die dabei oft in Anspruch genommen wird ist eine Folge davon, dass bei Angehörigen und Eltern bspw. von Menschen mit Behinderung im Wissen von Abhängigkeiten Ängste geschürt werden nach dem Motto: „Sie können ja schauen, wo Sie einen besseren Platz finden.“
wie in vielen Dingen, der Ton macht die Musik.
Ich Behörde und Befehlsgeber und du nix und Befehlsausführer.
Diese Zeiten sollten im 21. Jahrhundert längst vorbei sein.
Begegnungen auf Augenhöhe sollten selbstverständlich sein.