Die Omikron-Welle sorgt für immer größere Personalausfälle, Senioren- und Behinderteneinrichtungen in Mainfranken schlagen Alarm. Sie fordern pragmatische Lösungen und eine Anpassung der Quarantäneregelungen. Manche Heime stünden sonst vor dem Kollaps.
Zwar lässt die Omikron-Variante des Coronavirus Infizierte selbst weniger schwer erkranken. Doch droht wegen der Personalausfälle durch Isolation und Quarantäne teilweise die Versorgung von Heimbewohnern zusammenzubrechen. So musste die Caritas in einem ihrer Seniorenheime die Angehörigen anschreiben und um Mithilfe bei der Betreuung bitten.
Caritas: "So viele Ausfälle hatten wir noch nie"
"Ganze Schichten brechen weg, Dienste sind dann kaum mehr aufrechtzuerhalten", schildert Sonja Schwab, Leiterin der Sozialen Dienste beim Diözesan-Caritasverband, die aktuelle Dramatik. "So viele Ausfälle hatten wir noch nie, das geht an die Versorgung der Bewohner." Teilweise müssten die Pflegekräfte jetzt Zwölf-Stunden-Dienste schieben.
Nicht anders ist die Situation bei der unterfränkischen Arbeiterwohlfahrt (AWO). Ulrike Hahn, Bereichsleiterin Senioren und Rehabilitation, hat bereits eine Überlastungsanzeige an die Pflegekassen geschickt: Die vertraglich geforderten Fachkräfte stehen nicht mehr in allen Schichten zur Verfügung. Von 16 stationären Einrichtungen der AWO Unterfranken waren Anfang der Woche nur noch drei frei von Corona-Infektionen. In einem Fall habe die Leiterin im Heim übernachtet, um die Versorgung sicherzustellen.
Die Verzweiflung bei den Verantwortlichen wächst. "So geht es nicht mehr", sagt Hahn und meint damit auch allzu strenge Quarantäne-Vorschriften. Die wenigsten der Infizierten hätten Symptome, und für die zum allergrößten Teil geimpften und geboosterten Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtungen bestehe ebenfalls kaum mehr eine Gefahr. "Wir brauchen pragmatische Lösungen in Abstimmung mit den Gesundheitsämtern, damit die Bewohner weiter versorgt werden können", sagt Hahn. Wie von Heimträgern zu hören ist, sind die Ämter je nach Landkreis unterschiedlich kooperativ.
Betrieb in Gefahr: Verzicht auf PCR-Reihentests
Was manche Wohnbereiche lahmlegt, sind PCR-Reihentests: Sie werden durchgeführt, wenn ein positiver Fall bei Bewohnern oder Personal bestätigt ist. Und die PCR-Tests schlagen schon bei geringer Viruslast deutlich häufiger an als die Antigen-Schnelltests. Beim Würzburger Blindeninstitut hat man deshalb die PCR-Reihentests abgeschafft. Sie würden den Betrieb gefährden. Ein Schritt, den man mittlerweile auch bei der AWO überlegt.
Zuvor hatte das "Blindi" für die 1050 Beschäftigten und die Bewohner sogar eigene PCR-Teststrecken organisiert. "Aber sollen wir denn alle in die Isolation testen?", fragt provokant Thomas Heckner, Leiter für den Erwachsenenbereich. Mittlerweile würden beim Blindeninstitut regelmäßig nur noch Antigen-Schnelltests durchgeführt – und die fallen in der Regel negativ aus. "Bei der Omikron-Welle können wir so verfahren", begründet Heckner das Vorgehen. "Bei Delta wäre es noch zu gefährlich gewesen."
Dennoch gab es zuletzt auch am "Blindi" bestätigte Fälle in elf Wohngruppen. Fällt ein Antigen-Schnelltest positiv aus, erfolgt umgehend die Überprüfung mittels PCR-Test. Betroffene Bewohnerinnen und Bewohner müssen dann in ihren Zimmern, Beschäftigte zuhause bleiben. Positiv getestetes Personal weiterarbeiten zu lassen – da hätte auch Heckner Skrupel. Der Leiter setzt ansonsten vor allem auf die Einhaltung der Schutz- und Hygienemaßnahmen wie FFP2-Maske, Lüften, Desinfizieren. Besprechungen fänden fast nur online statt.
Weniger dramatisch als in den Heimen ist aktuell die Lage in mainfränkischen Kliniken. Wie eine stichprobenartige Umfrage zeigt, gibt es zwar auch hier verstärkt Personalausfälle wegen Omikron in einer Größenordnung von bis fünf Prozent. In der Regel können sie aber durch Umschichtungen kompensiert und die Versorgung von Patientinnen und Patienten gesichert werden. Teilweise, heißt es aus dem Würzburger Uniklinikum, komme es zu Wartezeiten.
Und bei den Ausfällen geht es nicht nur um Pflegekräfte, die selbst infiziert oder enge Kontaktpersonen sind. Denn, darauf weist Julia Schüler vom Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt hin: "Ein Teil unserer Belegschaft steht auch vor der Herausforderung, Kinder in Quarantäne zu betreuen."