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Würzburg
Opfer der Hexenverfolgung: So will die Stadt Würzburg jetzt an mehr als 350 hingerichtete Frauen erinnern
In Würzburg sollen über 350 Menschen wegen Hexerei hingerichtet worden sein. Lange hat man nach einem Ort für ein Denkmal der Opfer der Hexenverfolgungen gesucht – nun steht er fest.
Eine Hexenverbrennung in Deutschland im Jahr 1555: Ähnliche Hinrichtungen wurden auch in Würzburg vollzogen. Jetzt soll ein Denkmal an das Schicksal der als 'Hexen' ermordeten Frauen erinnern. 
Foto: frm, dpa | Eine Hexenverbrennung in Deutschland im Jahr 1555: Ähnliche Hinrichtungen wurden auch in Würzburg vollzogen. Jetzt soll ein Denkmal an das Schicksal der als "Hexen" ermordeten Frauen erinnern. 
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:40 Uhr

Knapp acht Jahre hat es gedauert, einen geeigneten Standort für ein Denkmal für die Opfer der Hexenverfolgungen in Würzburg zu finden. Der Stadtrat hat in seiner jüngsten Sitzung mit großer Mehrheit beschlossen, dass der Erinnerungsort am Schottenanger entstehen soll. Gestaltung und Finanzierung der künftigen Gedenkstätte sind derweil noch offen.

Rund 25.000 Menschen wurden in Deutschland wegen Hexerei hingerichtet, in Würzburg sollen es mehr als 350 gewesen sein, darunter laut Stadtarchiv "eine verhältnismäßig hohe Zahl von Kindern und Klerikern". Zu ihnen gehörte die Subpriorin des Klosters Unterzell, die am 21. Juni 1749 auf Höchberger Gemarkung enthauptet und am Hexenbruch verbrannt wurde. Sie gilt als letztes Opfer der Hexenverfolgungen in Franken.

Viele zentrale Plätze in Würzburg wurden als Standort für das Denkmal geprüft

Die schwerste Verfolgungswelle in Würzburg fand unter Fürstbischof Philipp Adolph von Ehrenberg (1623–1631) zwischen 1627 und 1629 statt, als bei mehr als vierzig Hinrichtungen insgesamt 219 Menschen starben.

Am Schottenanger soll ein Denkmal für die Opfer der Hexenverfolgung errichtet werden. Bäume und der Wegfall einiger Parkplätze sollen für eine neue Aufenthaltsqualität sorgen.
Foto: Patty Varasano | Am Schottenanger soll ein Denkmal für die Opfer der Hexenverfolgung errichtet werden. Bäume und der Wegfall einiger Parkplätze sollen für eine neue Aufenthaltsqualität sorgen.

Im November 2014 hatte die damalige SPD-Stadträtin Laura Wallner beantragt, auf dem Unteren Markt ein Denkmal zu errichten, weil dort bei den Bauarbeiten für die Marktgarage in den 1970er Jahren Spuren von Scheiterhaufen gefunden worden sein sollen. Weil es dafür nach den Erkenntnissen des Stadtarchivs keine belastbaren Belege gibt, begann nach einem Beschluss des Stadtrats im Herbst 2019 die Suche nach einem geeigneten Standort.

Untersucht wurden unter anderem der Geschwister-Scholl-Platz in der Nähe des so genannten "Hexenturms", in dem heute Abteilungen der Universität untergebracht sind. Dass dort Hexen gefoltert wurden, ist laut Beschlussvorlage des Stadtrats allerdings nicht nachgewiesen. Geprüft wurden auch der Standort des ehemaligen Landgerichts mit Hexengefängnis am Kürschnerhof und der Sanderrasen als ehemalige Hinrichtungs- und Verbrennungsstätte.

Auch am Schottenanger fanden zu früheren Zeiten Hinrichtungen statt. Zum Beispiel wurde dort im 15. Jahrhundert Hans Böhm als Ketzer verbrannt, vor Ort erinnert ein Denkmal an den "Pfeiffer von Niklashausen". Wegen der Nähe zur Innenstadt, der ruhigen Lage und des historischen Kontexts soll dort zusätzlich ein Erinnerungsort für die Opfer der Hexenverfolgungen entstehen.

Schottenanger: Hier soll ein Denkmal für die Opfer der Hexenverfolgung errichtet werden. 
Foto: Patty Varasano | Schottenanger: Hier soll ein Denkmal für die Opfer der Hexenverfolgung errichtet werden. 

Bundesweit ausgeschriebener Wettbewerb für das Denkmal

Der Platz am Schottenanger wird vom Tiefbauamt neu gestaltet, sobald dafür Mittel im städtischen Haushalt eingestellt sind. Im Zuge der Umgestaltung soll das Böhm-Denkmal versetzt und der neue Erinnerungsort für die Hexenverfolgungen errichtet werden. "Es ist vorgesehen, dass sich die beiden Denkmäler nicht gegenseitig stören", versicherte Kulturreferent Achim Könneke im Stadtrat.

Zur Gestaltung des Denkmals soll im kommenden Jahr ein bundesweit ausgeschriebener künstlerischer Wettbewerb durchgeführt werden. Die Kosten für den Wettbewerb und die Realisierung des Erinnerungsortes werden aktuell auf 120.000 bis 170.000 Euro geschätzt, an der Finanzierung sollen sich laut Stadtratsbeschluss neben der Stadt die katholische Kirche, die Universität und der Bezirk Unterfranken beteiligen.

 
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  • hartwig.schweinfurt@arcor.de
    Es gibt wichtigere Dinge als an Hexenverbrennungen um 1623 zu erinnern. Rausgeschmissen Geld. Denkmal für Missbrauchsopfer im kirchlichen Bereich wäre aktuell eher angebracht aber nicht für solche Unsumme
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  • Laeufer61
    @hartwig.sw - denen...

    "...Missbrauchsopfer im kirchlichen Bereich..." kann dann doch in ca. 300 Jahren ein Gedenkort errichtet werden - (Ironie aus)...
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  • fredee
    Was hat die Universität damit zu tun? Schuldgefühl weil sie "Julius" in ihrem Namen trägt?
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  • Hery.Mennig@web.de
    Ich fände der Kiliansplatz neben dem Dom wäre der geeignete Standort. Schließlich ging die Hexenverfolgung von der Kirche aus! Deshalb sollte die Kirche auch den Hauptanteil an den Kosten tragen! Aber das ist mein Wunschdenken. Die Kirche ist doch der Meinung, dass man dankbar sein müsste, dass sie sich überhaupt finanziell beteiligt.
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  • Laeufer61
    Es waren ja - @fredee...

    ...n i c h t n u r die Fürstbischöfe verantwortlich, wobei ja einer herausragend im Artikel erwähnt wird: " ...Fürstbischof Philipp Adolph von Ehrenberg (1623–1631)..."
    Allerdings könnte ich mir einen Gedenkort auch am Echter-Denkmal in der Juliuspromenade vorstellen...
    Über dessen Wirken gab es ja 2017 eine Ausstellung im Museum am Dom: " https://www.sueddeutsche.de/bayern/fraenkische-historie-der-teuflische-fuerstbischof-1.3588058-2 "
    Genauere Information über diese Zeit, speziell in Bayern, kann man hier bekommen: " https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Hexenverfolgung "
    Die Rolle der Kirche in WÜ ist u.A. auch hier dokumentiert: " http://www.hexen-franken.de/hinrichtungsorte/katholische-herrschaften/bistum-würzburg/ "
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  • fredee
    Auf jeden Fall weit weg von der Juliuspromenade!
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  • Laeufer61
    Warum?
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  • ra.kellermann@gmx.de
    musste erstmal nachsehen wo das genau ist...jetzt weiß ichs
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  • maru987@yahoo.de
    Ich habe schon in den 80-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts meinen persönlichen Gedenkakt auf dem Standesamt vollzogen. Kostete mich 20 D-Mark und ein paar Minuten Zeit für das Ausfüllen des Kirchenaustrittsformulars.
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  • maru987@yahoo.de
    Vor 300 Jahren war es mir leider noch nicht persönlich möglich tätig zu werden. Ich bin zwar schon etwas älter aber so alt dann doch nicht.

    Außerdem finden Gedenkakte in der Regel erst nach einem Ereignis statt, nicht während die Scheiterhaufen noch rauchen.
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  • festoessel@gmail.com
    Auch wenn es lange gedauert hat, bis man sich nun endlich entschloss, der armen Menschen zu gedenken, die man als Hexen -- Kinder, Frauen, Männer -- aus religiösen Gründen auf der Grundlage des Teufelsdogmas der Kirche durch Verbrennen auf dem Scheiterhaufen verbrannte, ist es gut, dieser Menschen mit einem Denkmal zu gedenken. Warum das Denkmal für den mutigen Pfeifer von Niklashausen stört, erschließt sich nicht so ohne weiteres. Dass diese beiden Denkmäler mit einem Denkmal, welches noch zum Gedenken an das Judenprogrom am heutigen Marktplatz nebst der Marienkirche zu errichten chten wäte, die Touristen wie die Bürgerschaft verstören könnte, ist einen.zynischen Kalkül geschuldet. Insofern dienen die Denkmäler fern des Trubels in der City am Schottenanger ein wenig als als Feigeblatt: Wir Gedenken der Menschen, die auf verbrecherische Weise durch den Kirchenstaat ermordet wurden, aber bitteschön so, dass das nicht stört. Das erinnert an die Relativierung von Missbrauchsfällen i.d. K.
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  • gebsch.albrecht@web.de
    Danke für Ihre Zeilen.
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  • info@klarblick.eu
    Die institutionellen Abkömmlinge der damaligen Täter dürften zufrieden sein. Denn der geplante Standort ist ziemlich weit weg von den Orten, wo viele Menschen es sehen würden, z. B. auch Touristen. Da droht schon bald wieder das Vergessen. Auf städtischem Grund vor dem Dom oder bei der Alten Mainbrücke wäre angemessen oder vielleicht am Hauptbahnhof. Denn im Dom werden ja weiter die Grabmäler einstiger Täter wie Julius Echter oder Johann Gottfried von Aschhausen verehrt.
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  • Klaus-Fiederling@gmx.de
    nicht wörtlich nehmen den catweazle. muss halt auffallen.
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  • mmd
    Ich hätte mich gefreut wenn man dafür einen häufiger frequentierten Platz, zum Beispiel oben am neuen Hubland-Gelände, gefunden hätte. Dennoch gut dass man überhaupt endlich dafür mal eine Stelle der Erinnerung schafft.
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  • Klaus-Fiederling@gmx.de
    wenn man sich in der geschichte etwas auskennt, weiß jeder, dass der standort "schottenanger" der perfekte ort ist, um eine gedenktafel dort anzubringen. hier war ja letztendlich das grausame geschehen und nicht im hubland, das es damals übrigens noch gar nicht gab. gott sei dank gibt es keine zeitzeugen mehr, die dies miterleben mussten. wer den film "junker jörg" gesehen hatte, weiß wie es damals in der "guten alten zeit" zuging. nein danke. aber ist die jetzige viel besser?
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  • mmd
    Eine Gedenkstätte muss nicht zwangsweise dort stehen wo Verbrechen verübt wurden sondern dort, wo Menschen darauf aufmerksam gemacht werden, einfach durch das Vorbeigehen. Wer geht denn am Schottenanger vorbei? Ich wette ein Großteil der Würzburger weiß nicht mal wo dieser ist.
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  • fredee
    Vielleicht wäre es angemessen, bei dieser Gelegenheit die Fürstbischöfe zu benennen, die für die Hexenverbrennungen verantwortlich waren.
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  • Klaus-Fiederling@gmx.de
    das schlimme bei der ganzen Sache ist, dass nicht nur Kirche sondern auch Vater Staat damals daran beteiligt waren. Wer anderer Meinung war als die Obrigkeit, der musste mit dem Schlimmsten rechnen. Leider wiederholt sich die Geschichte mit solchen Greueltaten immer wieder, sei es Scheiterhaufen, Nazidiktatur, wo schuldlose Menschen gefoltert oder in die Gaskammer geschickt wurden und jetzt auch in vielen Ländern in der Welt die Menschen ihre freie Meinung nicht äußern können, ohne dass sie wegrationalisiert werden, auf welche Weise auch immer. Siehe Russland. Der Herrgott hat schon einen großen Tiergarten, am schlimmsten davon sind die 2Beiner, denn sie wissen schon was sie tun, um andere Zeitgenossen zu quälen und zu mißhandeln. Vielleicht müssen solche Geißeln der Menschheit wie z. B. Corona über uns hereinbrechen, damit wir unsre Endlichkeit erkennen!
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  • petrapp@gmx.de
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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