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Würzburg
Würzburg: Angemessener Erinnerungsort für Hexenverfolgung gesucht
Wie könnte ein Mahnmal als Erinnerung an die Hexenverfolgung aussehen? Der Stadtrat hat auch Jahre nach den ersten Vorschlägen noch keine richtige Lösung.
Wie geht es weiter mit einem geplanten Mahnmal als Erinnerungsort für die Hexenverfolgung in Würzburg? Darüber hat kürzlich (mal wieder) der Stadtrat beraten.
Foto: Johannes Kiefer | Wie geht es weiter mit einem geplanten Mahnmal als Erinnerungsort für die Hexenverfolgung in Würzburg? Darüber hat kürzlich (mal wieder) der Stadtrat beraten.
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:04 Uhr

Der Stadtrat tut sich nach wie vor schwer, eine geeignete Form des Gedenkens an die Würzburger Hexenverfolgungen im 17. Jahrhundert zu finden. Ein entsprechender Antrag der ehemaligen SPD-Stadträtin Laura Wallner stammt bereits aus dem November 2014, ein Ergebnis gibt es fünf Jahre später noch nicht. In seiner jüngsten Sitzung hat der Stadtrat jetzt mit großer Mehrheit beschlossen, "eine angemessene Form der Erinnerung" zu suchen.

Keine belastbaren Belege

Im ursprünglichen Antrag der SPD-Fraktion ging es um ein Denkmal am Unteren Markt, weil dort in den 1970er Jahren bei den Bauarbeiten für de Marktgarage Spuren von Scheiterhaufen gefunden worden sein sollen – dafür gibt es laut Stadtarchiv aber keine belastbaren Belege. Das Anliegen wurde in den vergangenen Jahren mehrmals weiterverfolgt, bisher trotz eines Grundsatzbeschlusses vom Mai 2016 zur Errichtung eines Erinnerungsortes allerdings ohne konkretes Ergebnis. In seiner Sitzung vom 21. Oktober konnte sich der Kultur- und Schulausschuss nicht einmal darauf einigen, ob das Gedenken in Form eines Denkmals oder einer Gedenkplakette erfolgen soll – beide Vorschläge wurden mit knapper Mehrheit abgelehnt.

Bereich rund um den "Hexenturm"

Auch über den Standort herrscht bisher keine Einigkeit: Die SPD bevorzugt weiter den Unteren Markt, wie Lore Koerber-Becker im Stadtrat betonte. In Frage kommen aber auch der Sanderrasen, der Schottenanger oder der Galgenberg – dort wurden Hexen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Nach einer längeren Diskussion wurde das Kulturreferat jetzt beauftragt, den Bereich rund um den so genannten "Hexenturm" am Geschwister-Scholl-Platz vorrangig zu berücksichtigen.

Dieser Standort, der auch vom Kulturbeirat und vom "Runden Tisch Erinnerungskultur" bevorzugt wird, bietet sich nach einem aktuellen Gutachten des Stadtarchivs an, weil dort Beschuldigte in Untersuchungshaft saßen. Wie der Erinnerungsort genau aussehen soll, ist aber weiter offen: "Es wird eine angemessen Form der Erinnerung gesucht", heißt es im Beschluss des Stadtrats, zusätzlich ist von einem "künstlerischen Mahnmal" die Rede. Ergänzt werden soll es mit Erläuterungen zum historischen Kontext.

Konkrete Vorschläge

Nach Schätzungen des Kulturreferats würde ein Künstler-Wettbewerb und das daraus hervorgehende Sieger-Denkmal insgesamt etwa 170 000 Euro kosten. Das ist unter anderem der CSU zu viel, die sich deshalb für eine Gedenkplakette ausgesprochen hat. Konkrete Vorschläge für die Gestaltung eines Mahnmals hat Anfang des Jahres ein P-Seminar des Röntgen-Gymnasiums erarbeitet.

Auf Anregung von Thomas Schmitt aus der CSU-Fraktion wurde die Verwaltung außerdem beauftragt, in Gesprächen mit der katholischen Kirche und der Universität auszuloten, ob ein gemeinsamer Erinnerungsort möglich ist. Der Hexenturm gehört dem Freistaat Bayern, dort sind die Abteilungen Finanzen und Rechnungsprüfung der Uni Würzburg untergebracht. Ihre juristische Fakultät war durch die Erstellung von Gutachten an der Hexenverfolgung beteiligt, die ihre Hochzeit in Würzburg Anfang des 17. Jahrhunderts während der Regentschaft der drei katholischen Fürstbischöfe Julius Echter von Mespelbrunn, Johann Gottfried von Aschhausen und Philipp Adolph von Ehrenberg hatte.

 
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  • holle4es
    Wenn man wirklich Mahnmal für diese Verbrechen errichten muss, dann aber auch anderweitig konsequent sein: Örtlichkeiten wie "Hexen"turm und "Hexen"bruch sollten auch bitte schleunigst umbenannt werden. Auch Begriffe wie "Hexen"verfolgung müssen sprachtechnisch getilgt werden, da die Opfer ja keine "Hexen" waren. Das wäre sonst eine weitere Verunglimpfung der Opfer noch Jahrhunderte nach ihrem sinnlosen Tod!
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  • rid.cully
    @SteffiReni ... Woher nehmen Sie dieses Wissen? Entgegen den Hollywood-Klischees war es primär die weltliche Macht, die die Hexenverfolgung vorantrieb. Europaweit fielen ca. 50.000 Menschen in 350 Jahren (das schafft die Moderne in wieviel Stunden/Tagen?) besonders in protestantischen Gebieten - von Magd und Knecht bis hin zu Bischof und Fürsten - dem Hexenwahn zum Opfer. Die katholische Kirche an sich war gegen die Hexenverfolgung, die römische Inquisition, gar nicht zimperlich bei Ketzern, schritt mehrfach gegen Hexenverfolgung ein, im Bereich der spanischen Inquisition war die Hexenverfolgung streng verboten. Auch war es gar nicht so selten, dass aufgeklärtere Fürsten sich auf Druck der Bauern zu Hexenprozessen genötigt sahen - um am Schluss nicht selbst auf dem Scheiterhaufen zu enden. Wirklichkeit ist nie schwarz-weiß. Im späteren Kulturkampf wurde dann einiges propagandistisch verfälscht, darüber sind wir entgegen der neueren historischen Erkenntnisse nie hinweg gekommen.
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  • kej0018@aol.com
    @rid.cully

    Das ist jetzt aber Haarspalterei, schlußendlich waren die Würzburger Fürstbischöfe kirchliche UND weltliche Macht. Um nur drei der üblen Hexenbrenner zu nennen: Echter, Dornheim und Aschhausen. Alles (Fürst)Bischöfe.
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  • rid.cully
    sehe ich nicht so. Ist gar nicht so lange her, da wurden gerade Echters angebliche Exzesse (gemessen an der damaligen Situation) deutlich und fundiert auf das damals "übliche" Maß zurückgestutzt. Die Menschen haben schlicht an Hexerei geglaubt, es war ihre Lebenswirklichkeit. Der zivilisatorische Firnis ist recht dünn, gerade in Zeiten der Hysterie.
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  • kej0018@aol.com
    @rid.cully
    Im Würzburg und in Bamberg kam es zu deutlich mehr Hexenprozessen - mit vorangegangenen Folterungen und anschliessenden Hinrichtuingen - als im übrigen deutschen Reich. Beides waren katholische Bistümer, beide regiert von Bischöfen. Da nützt es auch nichts, die Vorgänge mit dem historischen Kontext kleinreden zu wollen. Bei Echter mag noch dazu eine ausgeprägte Abneigung gegen Frauen eine Rolle gespielt haben, er wollte ja nicht einmal mit seiner eigenen Mutter in ein und dem selben Raum zugange sein...
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  • mausschanze
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  • christian.klippel@sw-anzeiger.de
    Warum nicht im Hexenbruch einen Wander- und Gedenkpfad anlegen, der am Kloster Zell beginnt und wieder endet? Das letze Opfer war Maria Renata Singer, die in dem Kloster Subpriorin war. Geschichtlich könnte man das interessant für alle Altersgruppen ab dem Schulalter und kostengünstig anlegen und hätte ein attraktives Nahziel mehr in der Region
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  • SteffReni
    Finde ich gut, wenn an diese armen Menschen erinnert wird. Der Hochstift Würzburg hat sich besonders hervorgetan bei Hexenverbennungen. Schon allein, weil die die kath. Kirche sich hierzu nicht äußert geschweige denn entschuldigt, sollte der Opfer gedacht werden.
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  • Albatros
    @SteffReni, wenn Sie für alle Greueltaten der Kirche eine Gedenkstätte errichten wollen, na dann wird es immobilientechnisch verdammt eng werden. Das Leben vor ein paar hundert Jahren oder noch früher, egal in welcher Stadt oder in welchem Land, für die meisten Menschen von Hunger, Krankheit und Tod geprägt. Zu all dem Elend wurden diese armen Kreaturen von den Kirchenoberen und Lehnsherren gedemüdigt und geknechtet. Diese Zeit geschichtlich zu dokumentieren finde ich gut, aber müssen wir zu den bereits bestehenden "Gedenkstätten" immer noch mehr hinzufügen?
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  • Albatros
    Wie viele solcher Gedenkstätten wollen wir eigentlich noch einrichten? Wurde möglicherweise im Steinbachtal vor 12000 Jahren ein Mammut erlegt? Wann nimmt eigentlich dieser Selbstgeiselungswahn ein Ende?
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  • kej0018@aol.com
    @Albatros

    Sie entlarven sich selbst, wenn Sie ein Mammut mit Menschen vergleichen, die grausam gefoltert und hingerichtet wurden, ohne die geringste Kleinigkeit verbrochen zu haben. Es waren nicht gerade Wenige, die in Würzburg so zu Tode gebracht wurden, hier ein link auf eine historische Auflistung, ohne Anspruch auf Vollständigkeit: https://de.wikisource.org/wiki/Verzeichnis_der_Hexen-Leut,_so_zu_W%C3%BCrzburg_mit_dem_Schwert_gerichtet_und_hernacher_verbrannt_Worden
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