Wie der Supermarkt von morgen aussehen könnte, erfährt man in München seit Dezember: Dort eröffnete Rewe einen Laden ohne Personal und mit besonderem Ansatz. Wer dort einkauft, meldet sich per App an, nimmt die Waren aus dem Regal – und geht wieder. Kasse? Fehlanzeige.
Stattdessen erfassen Kameras und Sensoren, was der Kunde oder die Kundin einkauft und zu zahlen hat. Die Rechnung kommt kurz darauf aufs Smartphone.
Verschwinden also bald die Einkaufsmärkte, wie man sie bislang kannte? Kaufen wir bald nur noch total digital? Das sind die Antworten aus Unterfranken und vom Einzelhandel der Region.
Werden in Mainfranken Supermärkte in bisheriger Form verschwinden?
Nein. Weder diverse Betreiber, noch der Handelsverband Bayern (HBE) stellen die Märkte grundsätzlich in Frage. Es werde sich aber die Art des Einkaufens deutlich verändern, heißt es übereinstimmend.
Das Filialnetz des Lebensmittelhändlers Edeka zum Beispiel soll in der Region "gerne immer dichter werden", sagt Vorstandssprecher Sebastian Kohrmann vom Verbund Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen in Rottendorf bei Würzburg. Es gehe darum, die bestehenden Märkte "mit Technik zu unterstützen".
Ähnlich sieht das Unterfrankens HBE-Geschäftsführer Volker Wedde. Geschäftsprozesse mit Hilfe von Warenwirtschafts- und Kassensystemen zu optimieren, sei das Gebot der Stunde. Künstliche Intelligenz stehe hier zwar noch in den Anfängen, so Wedde, "ist jedoch kein Fremdwort mehr".
Einkaufsmärkte ohne Personal: Macht die Kundschaft in Zukunft alles allein?
Die Meinungen gehen auseinander. So ist vom Möbelhändler Ikea in Würzburg zu hören, dass nirgends in Deutschland geplant sei, Filialen "langfristig ohne Personal zu betreiben". Die Kundschaft werde sich weiter persönlich in den Märkten beraten lassen können, so eine Sprecherin.
Edeka-Vorstandschef Kohrmann argumentiert in die gleiche Richtung. Einkaufen habe eine soziale Komponente, der Mensch-zu-Mensch-Faktor bleibe wichtig. "Deshalb glaube ich nie an Lösungen ohne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter."
Andererseits macht der Fuldaer Supermarktbetreiber Tegut vor, dass es auch ohne Personal gehen kann. Im November 2020 startete in Fulda der erste "teo" -ein Minimarkt, der rund um die Uhr geöffnet ist. Die Kundschaft scannt die Waren und bezahlt per App oder Karte, also bargeldlos und ohne herkömmliche Kasse. Die Kundenfrequenz sei in den Abendstunden sowie an Sonn- und Feiertagen besonders hoch, sagt Tegut-Sprecher Matthias Pusch.
Eine "teo"-Filiale hat eine Fläche von zwei gängigen Wohnzimmern und ist auch beim Angebot eine Miniaturlösung: Dem Unternehmen zufolge stehen dort im Schnitt 950 Artikel zur Auswahl, in einem herkömmlichen Tegut-Markt sind es bis zu 23.000 Artikel.
Mittlerweile gibt es laut Pusch 27 "teo"-Standorte in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg. Bis zu 20 weitere Miniläden sollen in diesem Jahr hinzukommen. Auf lange Sicht habe dieser personallose Markt "Potenzial für mehrere hundert Standorte".
Das Einkaufen der Zukunft: Was gibt es an neuen Möglichkeiten schon in Mainfranken?
Das Modell "teo" reicht momentan in der Region am weitesten. In Mainfranken gibt es die Minimärkte allerdings bislang nicht - die nächsten finden sich im Raum Aschaffenburg und Fulda. Tegut will "teo" laut Pusch zunächst im Raum Kassel und im Rhein-Main-Gebiet ausbreiten.
Auch in anderer Hinsicht geht man bei Tegut neue Wege: In Zusammenarbeit mit dem Internet-Riesen Amazon wird online bestellte Ware binnen weniger Stunden an die Kundschaft ausgeliefert. Diesen Service gibt es beispielsweise in Würzburg seit gut einem Jahr.
Kein Warten mehr an der Kasse, die Waren einfach selbst abrechnen: Solche SB- oder Express-Kassen hat Ikea nach eigener Darstellung schon seit 2008. Auch in Würzburg, die Wartezeiten seien dadurch im Kassenbereich "deutlich verkürzt" worden. Seit Mai 2022 könne gekaufte Ware zudem per Smartphone-App gescannt und bezahlt werden. Ungefähr 60 Prozent der Kundschaft nutzen laut Ikea entweder App oder SB-Kasse.
Bei Edeka kommt in Mainfranken vielleicht bald, was seit Januar in einer Filiale in Fürth getestet wird: ein "intelligenter" Einkaufswagen mit Bildschirm am Handgriff und einen handlichen Scanner. Die Kundinnen und Kunden erfassen damit ihre Waren, der Bildschirm zeigt die Übersicht. Anhand dieser Daten kann dann am Ausgang bargeldlos bezahlt werden.
Laut Edeka-Vorstandssprecher Kohrmann wird das Fürther Pilotprojekt "unglaublich gut angenommen". Es sei vorgesehen, diese "Smart Shopper" in absehbarer Zeit auch im Edeka-Marktkauf in Schweinfurt einzusetzen.
"teo", "Smart Shopper", SB-Kassen: Warum suchen Einkaufsmärkte neue Konzepte?
Neue Konzepte gibt es nicht, um Personal zu sparen. So jedenfalls ist die Antwort etwa von Edeka und Ikea. "Stellenabbau ist nicht unser Ziel", teilt der Möbelriese mit. Was wegen der SB-Kassen an Personal gespart wird, "setzen wir im Verkauf und in der Beratung ein". Laut Edeka-Chef Kohrmann ist in den Läden derzeit Personal sogar gefragt. Die Zahl der Beschäftigten im Einzelhandel sei in den vergangenen Jahren gestiegen, sagt auch HBE-Geschäftsführer Volker Wedde.
Den Händlern geht es offenbar um die Kalkulation. Laut Kohrmann streben Marktbetreiber danach, "die immer relevanter werdende Fixkostenschwelle" zu senken. Sie sei ja gerade das Problem vieler kleiner Dorfläden, Bäckereien oder Metzgereien.
HBE-Geschäftsführer Volker Wedde rechnet damit, dass auf Eigenregie der Kundschaft angelegte Märkte "in Zukunft häufiger in Unterfranken" zu finden sein werden. Aber: "Einen rein automatisierten Einzelhandel wird es trotz aller technischer Neuerungen nicht geben." Der Mensch stehe weiterhin im Mittelpunkt. Digitale Möglichkeiten würden dabei "eine gute Unterstützung leisten".
Bei Tegut heißt es, man wolle sich den sich ständig ändernden Lebens- und Arbeitsgewohnheiten der Bevölkerung anpassen. "Die oberste Frage lautet dabei immer: Wie können wir unseren Kundinnen und Kunden den Einkauf so angenehm wie möglich gestalten?", sagt Sprecher Pusch.
Dies hat man auch bei Edeka im Blick. Die ersten Erfahrungen mit dem intelligenten Einkaufswagen in Fürth zeigten, so Kohrmann, dass die Kundschaft eines wolle: entspannt einkaufen, keinen Stress und kein Warten an der Kasse.
Das nenne ich mal eine steile These, wenn man sieht, das die Läden bereits in der Pilotphase sind.
Welchen tollen Mensch zu Mensch Kontakt hat man etwa an der Kasse im Lidl oder Aldi?
Ich freue mich auf die neuen digitalen Möglichkeiten! Kommt eh.
https://www.merkur.de/verbraucher/aldi-utrecht-niederlande-ohne-kassen-flop-supermarkt-bezahlung-karte-ztz-92040958.html
Zum Thema Mitarbeiter, ich arbeite selbst im Einzelhandel und kann das Thema ich kann niemanden der sich auskennt finden, nicht mehr hören!
Die Märkte haben mindestens von 7.00 - 20.00 geöffnet, es gibt aber so schon zu wenig Personal , das heißt die knappe Besetzung wird auf lange Zeit gestreckt.Selbst Wenn ich mich anstrenge kann ich nicht überall gleichzeitig beraten, habe aber auch noch andere Aufgaben.
Es ist schon schwer neue Mitarbeiter zu finden, aber durch das immer größere Anspruchsdenken der Kundschaft bleiben diese auch nicht lange.
Muss es so lange Öffnungszeiten geben? Und ist dann nicht so ein Markt für die zu verhungern drohen dann nicht das richtige?
Bildschirm-Überwachung auf der Autobahn oder an neuralgischen Punkten in der Innenstadt - ok, aber dass ich auf Schrift und Tritt im Laden, überwacht, gescannt, gefilmt werde, wäre dann doch eher aus der Abteilung „big brother is watching you“!
Bei Stromausfall geht im herkömmlichen Supermarkt auch nichts mehr da die Kassen üblicherweise auch mit Strom laufen. Egal ob Bar- oder per Kartenzahlung, ohne Strom geht nix.
Ich weiss was ich kaufen möchte und begrüsse Technik, die Dinge komfortabel macht. Energie Sparen ist doch klasse!
Personal… joa schade jedoch aus Sicht des Einzelhändlers attraktiv.
Wenn ich dadurch durchgängig Einkaufen kann, why not.
Für den Kunden gilt, nie ohne Taschenlampe zum einkaufen kennen.
Wer jemals einen Berater brauchte weiss, dass diese auf seltsame Weise stets unauffindbar sind. Oder man hat einen aus der Fremdabteilung vor sich der sich - oh Wunder - nicht auskennt. Wenn man sehr viel Pech hat findet man tatsächlich einen Mitarbeiter der richtigen Sparte, hat aber selbst mehr Ahnung von der Materie als dieser.