Weihnachten – ein Fest des Friedens? Wenn an den Feiertagen die Verwandtschaft zusammenkommt, gibt es in vielen Familien nicht nur eine harmonische Zeit unterm Tannenbaum. Auch im engsten Familienkreis können Konflikte entstehen. Gerade in diesem Jahr sorgen viele Themen für Diskussionen: Sollte es eine Impfpflicht geben? Sitzen in der neuen Regierung die richtigen Leute? Und was ist eigentlich mit dem Klimaschutz?
Albert Knött kennt den Streit unter dem Weihnachtsbaum – aus rein beruflicher Sicht. Der 53-jährige Diplom-Theologe leitet in Würzburg die Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen der Diözese und gibt Tipps, wie sich Zwist an Heiligabend vermeiden lässt.
Albert Knött: An Weihnachten noch nicht. Aber das heißt nicht, dass es in unserer Beziehung keinen Streit gibt.
Knött: Ja. Ich verweise gerne auf eine Geschichte des SZ-Magazins. Darin wurden Partnerinnen und Partner der berühmtesten Paar-Therapeuten Deutschlands interviewt, wie diese Koryphäen zu Hause sind. Der Titel lautete dann 'Privat sind wir alle Amateure'. Das fand ich sehr entlastend. Meine Frau ist psychologische Psychotherapeutin – auch dieser Berufsstand ist ja nicht frei von allen Problemen. Und das muss auch nicht so sein.
Knött: Ja, alles andere wäre auch unheimlich.
Knött: In meiner Familie sind wir Gott sei Dank beim Thema Corona einer Meinung. Ich begegne aber natürlich beruflich und auch im Freundeskreis Menschen, mit denen ich anderer Meinung bin. Es ist wichtig, dass man diese ernst nimmt und versucht zu verstehen, warum sie eine bestimmte Meinung haben. Man darf den anderen nicht gleich in eine Schublade stecken.
Knött: Ja, kann man. Sie sagen, dass es ein Fest des Friedens ist und legen damit selbst schon die Latte sehr hoch. Die Erwartung ist, dass Weihnachten für alle ein stimmungsvolles und harmonisches Fest wird. Je höher aber die Erwartungen sind, desto schwieriger wird es. Man ist auch schnell überfordert, wenn man den hohen Anspruch an sich selbst nicht erfüllen kann. Dann scheitert man oft nur noch daran und reagiert schnell gereizt und aggressiv.
Knött: Es ist hilfreich, sich vorher zu einigen. Zum Beispiel in einer Familienkonferenz gemeinsam zu besprechen, wem welche Dinge an Heiligabend wichtig sind und wie der Abend verbracht werden soll. Je besser es gelingt, miteinander im Gespräch zu sein, die verschiedenen Positionen anzuerkennen und gemeinsam eine Lösung zu finden, umso zufriedener sind alle. Das erfordert eine gewisse Bereitschaft, auch ungewöhnliche Meinungen gelten zu lassen und Kompromisse zu finden.
Knött: Ja, wir haben bereits über Heiligabend gesprochen und auch die Tage nach Weihnachten geplant. Wir haben es ganz gut gemacht.
Knött: Dazu möchte ich gerne auf die Weihnachtsansprache von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier von 2018 verweisen, als er gesagt hat: 'Redet miteinander!' Damals war Corona noch gar kein Thema und es ging um andere Fragen. Steinmeier argumentiert, dass die Stärke von Demokratie darin besteht, miteinander zu reden. Dieser Aussage stimme ich grundsätzlich auch zu. Reden schafft Verbindung – wenn es gelingt.
Knött: Wenn Argumente ausgetauscht werden können, einander zugehört wird und aber auch das Gespräch beendet werden darf. Ist das unter diesen Bedingungen nicht möglich, dann ist es auch nicht sinnvoll, miteinander zu sprechen. Und: Man sollte die Meinung des Anderen nicht völlig irre oder abstrus finden. Niemand hat etwas davon, wenn man im Streit auseinandergeht.
Knött: Ruhig erklären, dass man nicht darüber reden möchte. Wenn dieser trotzdem nicht aufhört, aufstehen und freundlich mitteilen, dass man jetzt einen Spaziergang macht.
Knött: Ja, ich bin ja nicht am Tisch festgetackert und dazu gezwungen, mir stundenlang einen Monolog anzuhören.
Knött: Jede Gemeinschaft lebt davon, dass man miteinander spricht und authentisch ist. Wenn man dem völlig aus dem Weg geht, findet auch kein Kontakt statt. Dann bleibt wirklich jeder in seiner Blase unter Gleichgesinnten und man versucht gar nicht mehr, miteinander zu sprechen. Das wäre nur eine Notlösung, die auch nicht befriedigend ist.
Knött: Es schaut momentan eher so aus, dass sie sich verschärft. Ich glaube auch, dass sich viele Freundeskreise schon verändert haben.
Knött: Wenn langjährige Freundschaften auseinander gehen, ist das auf jeden Fall schade. Solche findet man ja nicht mehr so schnell. Freundschaften sind auch eine Ressource. Wenn man sich bisher gut verstanden hat, gibt es dafür ja auch Gründe, zum Beispiel ähnliche Interessen und viele gemeinsame Erlebnisse. Wenn solche Freundschaften auseinander brechen, ist das schon bedauerlich. Jeder Mensch, mit dem ich nicht mehr spreche, schwächt mich.
Knött: Indem man dann ungelöste Konflikte mit sich herumträgt. Das auszuhalten kostet unnütze Energie.
Knött: Humor ist in diesen Fällen immer eine schöne Gabe. Man sollte sich nicht über jemanden lustig machen, aber mit Selbstironie an die Sache rangehen, sich von der Situation distanzieren und sie nicht ganz so wichtig nehmen.
Knött: Indem man Erwartungen deutlich macht, Unterschiedlichkeiten akzeptiert und nichts dramatisiert. Man sollte den Tag auch nicht so hoch hängen. Heiligabend ist nicht der Abend aller Abende, an dem alle Erwartungen erfüllt werden müssen. Es gibt auch noch andere Abende.