Immer mehr Flüchtlinge aus der Ukraine kommen in diesen Tagen im Landkreis Würzburg an und werden in Notunterkünften untergebracht. Beim Mediengespräch im Landratsamt dankte Landrat Thomas Eberth (CSU) den Hilfsorganisationen, den Feuerwehren, aber auch allen anderen ehrenamtlichen Helfern, die es möglicht machten, die vom Krieg in der Ukraine teils traumatisierten Menschen zu unterstützen und ihnen eine vorübergehende Bleibe zu ermöglichen. "Die große Hilfsbereitschaft ist einfach irre", so Eberth.
Wie viele Menschen insgesamt in den vergangenen Tagen im Landkreis untergekommen sind, lasse sich allerdings nur schwer beziffern, erklärt der Landrat. "Das liegt auch daran, dass viele Geflüchtete in privaten Haushalten, zum Beispiel auch bei Bekannten, beherbergt werden." Er schätze die bisherige Zahl der im Landkreis angekommenen Flüchtlinge auf etwa 500 "plus der 72 Menschen, die heute morgen (Anmerk. d. Red.: Donnerstag) mit einem Doppeldeckerbus nach Ochsenfurt kamen und dort in der Turnhalle der Realschule untergebracht wurden".
Ausgelastete Notunterkünfte und Corona-Ausbruch in Rottendorf
Im Landkreis gibt es momentan mehrere Notunterkünfte, die allerdings schon gut ausgelastet seien, wie Nina Opfermann, die der Lenkungsgruppe Ukraine-Hilfe am Landratsamt Würzburg angehört, berichtet. So ist das Jugendgästehaus in Leinach voll belegt, auch die Räumlichkeiten, die in Rottendorf von der Modefirma s.Oliver bereitgestellt wurden, seien etwa zu Dreiviertel belegt. Dort, so der Landrat, habe es zudem einen Corona-Ausbruch gegeben, von dem etwa 20 Personen betroffen seien. Aufgrund der räumlichen Gegebenheiten vor Ort, habe man die mit dem Coronavirus infizierten Personen aber gut isolieren können, sagt Eberth.
Dies wäre zum Beispiel in der als Notunterkunft eingerichteten Turnhalle in Ochsenfurt kaum möglich, gab Eberth zu bedenken. Weitere Plätze zur Unterbringung stehen in der Seniorenresidenz in Kist (bis zu 40 Plätze), in der Seniorenresidenz in Röttingen (40) und im Naturfreundehaus Veitshöchheim (27) zur Verfügung.
Da dies nicht ausreichen wird, sind weitere Notunterkünfte in Planung, berichtet Opfermann. So soll die Mehrzweckhalle Zell am Main vorbereitet werden, dort könnten 140 Menschen Platz finden. Weiter gebe es die Möglichkeit, bis zu 50 weitere Plätze in Rottendorf bei s.Oliver zu schaffen sowie Räumlichkeiten im iPark Klingholz in Giebelstadt in Anspruch zu nehmen. Insgesamt könnten so bis zu 250 weitere Geflüchtete untergebracht werden.
Vermittlung in private Unterkünfte
Zudem haben viele Bürger und Bürgerinnen im Landkreis Würzburg angeboten, geflüchtete Menschen in privaten Wohnräumen aufzunehmen. Über das Online-Portal für Ukraine-Hilfen des Landratsamts Würzburg sind die privaten Wohnraumangebote eingegangen: "Derzeit liegen uns 290 Angebote vor mit einer Aufnahmekapazität von 788 Personen", erklärt Opfermann.
Wie berichtet, waren einige geflüchtete Frauen und ihre Kinder, beispielsweise von der Unterkunft in Rottendorf, in private Unterkünfte vermittelt worden. Dort, so der Landrat, könnten sie mit etwas mehr Ruhe erstmal neue Kraft schöpfen. Ähnliches ist auch für die Notunterkunft in Ochsenfurt geplant, die eher als "Erstanlaufstelle" dienen soll.
"Weitere private Unterkünfte, die wir von den Gemeinden übermittelt bekommen haben, werden gerade geprüft", so Opfermann weiter. Denn: So wie es aussieht, wird der Strom an Flüchtlingen auch in den nächsten Tagen nicht abreißen. Die angespannte Zugangssituation, vor allem auch in Oberbayern und Mittelfranken, habe schon zu Anfragen anderer Regierungen und des Staatsministeriums geführt, ob und wenn ja in welchem Umfang Unterfranken unterstützen könne, erklärt sie.
Langfristige Herausforderungen für den Landkreis
Die Herausforderungen, die die Flucht vieler Menschen aus der Ukraine für den Landkreis mitbringe, seien dabei auch langfristig groß. So sei zu erwarten, dass die räumliche Enge in Notunterkünften längerfristig zu Problemen führen werde. Auch das Thema Corona sei weiterhin präsent, so Opfermann und betitelt dies als "Krise versus Krise". Ebenso müssten vermehrt psychologische Angebote geschaffen werden, damit die zum Teil durch den Krieg traumatisierten Menschen versorgt werden können.
Zudem kommt ein hoher Verwaltungsaufwand für die Registrierung der vielen Flüchtlinge: "Da sind wir auf die Unterstützung der Gemeinden angewiesen", so Opfermann. Da sie vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind, erhielten mittellose Personen dann auch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, so der Landrat. "Ein weiteres Thema, das uns beschäftigt, wenn die Vertriebenen länger hier bleiben, ist, dass sie arbeiten wollen. Dafür ist der Aufenthaltstitel die Voraussetzung", erklärt Opfermann.
Auch die Beschulung der schulpflichtigen Kinder und Betreuung der Kindergartenkinder steht dann an. "Aber erst einmal sollen die geflüchteten Menschen bei uns ankommen, durchschnaufen und neue Kraft sammeln. Danach kommt alles weitere", macht Eberth deutlich. Dann werde man auch eruieren können, wer auf längere Zeit im Landkreis bleibt.
Keine Quarantäne für mitgebrachte Haustiere
Nicht zu vergessen: Auch das Thema mitgebrachte Haustiere steht auf der Tagesordnung, "denn schließlich sind die Haustiere für die Menschen auch eine psychologische Stütze". Glücklicherweise, so kann Opfermann berichten, wurden seitens der Behörden erleichterte Bedingungen beschlossen, um die Einfuhr von Tieren aus der Ukraine auch ohne gültigen Tollwutschutz zu ermöglichen: "Es ist keine Quarantäne für diese Tiere erforderlich." Man werde versuchen, anstehende Untersuchungen von Tierärzten möglichst in der Unterkunft durchführen zu lassen.
Das Landratsamt Würzburg ist weiterhin auf der Suche nach Wohnungen für Geflüchtete. Im Online-Portal des Landkreises können diese angemeldet werden: www.landkreis-wuerzburg.de/ukraine-hilfe.