Die ersten Geflüchteten aus der Ukraine sind am Dienstag im Landkreis Würzburg angekommen. Junge Frauen steigen in Leinach vor dem Jugendhaus aus dem Bus, teilweise mit kleinen Kindern, auch Babys darunter. Aber auch Jugendliche und ältere Frauen sind dabei. Zwei Familien haben ihren Hund mit auf die Flucht aus dem Kriegsgebiet genommen, eine Frau ihre Katze.
Für sie alle wird das Jugendhaus – das normalerweise für Tagungen und Seminare, Schullandheim-Aufenthalte oder Besinnungstage zur Verfügung steht – für die nächste Zeit eine Art "Zuhause" werden. In den vergangen Tagen waren Hunderte von Flüchtlingen in der Ankereinrichtung in Geldersheim bei Schweinfurt angekommen. Von dort aus werden sie auf verschiedene Landkreise in Notunterkünfte verteilt.
Vielen ist die Erschöpfung der letzten Tage noch anzusehen, während sie von Landrat Thomas Eberth, dem Einrichtungsleiter des Jugendhauses, Robert Zech, und Hilfskräften des BRK Würzburg sowie der DLRG freundlich in Empfang genommen werden. Auch Übersetzer sind vom Landratsamt eingesetzt worden, um den Menschen, die in den vergangenen Tagen viel Leid erfahren haben, "sprachlich ein wenig Beistand zu leisten und ihnen das Gefühl zu geben, hier willkommen zu sein", so Eberth. Die Kinder tollen indes zwischen Rucksäcken, Gepäckstücken sowie Plastiktüten mit Kleidung und weiteren Utensilien umher.
Notunterkünfte wurden am Wochenende vorbereitet
Der Landrat hatte bereits am vergangenen Wochenende als Leiter der Koordinierungsgruppe Ukraine den Auftrag an die Hilfsorganisationen weitergegeben, die Notunterkünfte vorzubereiten. So stehen voraussichtlich vier Standorte zur Verfügung: In Leinach, Veitshöchheim, Röttingen und Ochsenfurt. Leinach macht den Anfang, da dort recht schnell alles bezugsfertig gemacht werden konnte.
Bei der Ankunft ist noch alles etwas unübersichtlich, nach einer kurzen Eingangsuntersuchung und der Registrierung durch eine so genannte "Ausweis- und Bezugskarte" sollen die überwiegend Frauen und Kinder – es sind 40 an der Zahl – auf die drei Häuser des Jugendhauses verteilt werden. Hier stehen verschiedene Zimmer mit insgesamt 64 Betten zur Verfügung und auch sanitäre Einrichtungen. Nach einer äußerst erfolgreichen Sammelaktion am vergangenen Wochenende gibt es auch Betten für Babys und Kleinkinder, die zusätzlich bereit gestellt werden.
Auf Tischen im Aufenthaltsraum haben die Hilfskräfte Hygienepakete gestapelt, beispielsweise Windeln, Duschgel, Zahnbürsten, Zahnpasta und Cremes. Was die Versorgung mit Essen und Getränken angeht: Diese kommt in Leinach von der Einrichtung selbst.
Auch der Bürgermeister von Leinach, Arno Mager, ist vor Ort, um die Menschen zu begrüßen und verteilt Gummibärchen und Snacks an die Kinder. Er war gegen Mittag darüber informiert worden, dass ein Bus mit Flüchtlingen aus Geldersheim nach Leinach startet. "Es war klar, dass in den nächsten Tagen Geflüchtete zu uns kommen, allerdings nicht genau wann."
Mager erzählt, dass am Morgen bereits ein Bus des Thüngener Busunternehmens Werntal-Reisen in Leinach gehalten habe, "mindestens zwei Flüchtlinge sind privat bei uns untergebracht worden". Wie bereits berichtet, hatte sich die Eigentümerin des Busunternehmens mit einer in Thüngen (Lkr. Main-Spessart) lebenden Ukrainerin zusammengetan und einen Bustransport organisiert. So wurden Hilfsgüter mit dem Bus in die Ukraine gebracht, auf der Rückfahrt wurden Geflüchtete mit nach Deutschland genommen.
Was passiert mit den Haustieren?
Im Jugendhaus Leinach stellt sich indes die Frage, was mit den Haustieren passiert, die die vertriebenen Menschen mit nach Deutschland gebracht haben. Schnell wird eine Lösung gefunden: Zur Freude aller dürfen sie mit im Jugendhaus untergebracht werden. Zudem geht ein Anruf ein, dass weitere Geflüchtete vor dem Würzburger Landratsamt stehen. Auch hier wird schnell Abhilfe geschaffen. Sie können ebenfalls in Leinach untergebracht werden, schließlich sind noch Betten frei. Zwei Zimmer allerdings, erklären die Hilfskräfte, müssten in Zeiten der Pandemie – im Falle einer Corona-Infektion – für die Isolation freigehalten werden.
In den kommenden Tagen, so Eberth weiter, würden die Identitäten geprüft und die Menschen -sofern noch nicht passiert - zentral registriert. Nun aber sollten sie erstmal zur Ruhe kommen. Er bat die Bürger darum, die Privatsphäre der Geflüchteten zu respektieren.
Auch in den nächsten Tagen könnten in den weiteren Notunterkünften des Landkreises Vertriebene untergebracht werden. Meist, so hieß es aus der Pressestelle des Landratsamtes, handle es sich bei den Geflüchteten um Frauen und Kinder, da Männer zwischen 18 und 60 Jahren die Ukraine derzeit nicht verlassen dürfen, da sie von ihrer Regierung zum Kampf gegen die russische Invasionsarmee aufgerufen sind.
Der Landkreis sei gut vorbereitet. So stehen im Naturfreundehaus in Veitshöchheim Betten zur Verfügung, die Mehrfachturnhalle der Realschule Ochsenfurt wurde als Notunterkunft eingerichtet, auch in Röttingen seien die Vorbereitungen am Laufen, um in dem leerstehenden Trakt eines Seniorenheimes Plätze für Mütter mit Babys und Senioren über 60 Jahren zu schaffen.
Hilfsangebote weiter über das Online-Portal des Landkreises
Hilfsangebote, wie etwa eine mögliche Kinderbetreuung, Dolmetscher-Tätigkeiten oder andere Hilfestellungen, werden weiter gesucht und sollen über das zentrale Hilfe-Portal des Landkreises an das Landratsamt gemeldet werden. Der Link dazu ist unter www.landkreis-wuerzburg.de/ukraine-hilfe zu finden.