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Würzburg
Notfall in 50 Metern über Würzburg: Höhenretter der Berufsfeuerwehr proben einen Einsatz auf dem Heizkraftwerk
Auf der neuen Kuppel des Würzburger Heizkraftwerks seilen sich Höhenretter der Berufsfeuerwehr während einer Übung ab. Auch in einem Aufzugsschacht wird geprobt.
Während eines Übungsszenarios seilt sich ein Höhenretter der Würzburger Berufsfeuerwehr mit einer Übungspuppe am Wärmespeicher des Heizkraftwerks herab.
Foto: Patty Varasano | Während eines Übungsszenarios seilt sich ein Höhenretter der Würzburger Berufsfeuerwehr mit einer Übungspuppe am Wärmespeicher des Heizkraftwerks herab.
Julien Becker
 |  aktualisiert: 16.01.2024 02:56 Uhr

Es ist eisig kalt am Mittwochmorgen. Doch das schreckt  die Höhenretter der Berufsfeuerwehr Würzburg nicht ab, auf die silberne Kuppel des Heizkraftwerks (HKW) zu steigen. Sie üben ein Unfallszenario auf dem hohen Wärmespeicher und anschließend im tiefen Inneren eines Aufzugsschachts im HKW.

Auf dem Wärmespeicher stellt die Berufsfeuerwehr Würzburg ein Übungsszenario nach

Doch um auf das etwa 50 Meter hohe Dach der silbernen Alukuppel zu kommen, steht ein längerer Weg bevor. Zunächst müssen die mit großen Rohren und Kabeln durchwucherten Gänge des Kraftwerks überquert werden. Laute Maschinengeräusche sind wahrzunehmen. Diese hören sich wie eine gigantische Waschmaschine an. "Hierbei handelt es sich um Turbinen", erklärt der Umweltingenieur Florian Dörner von der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) während des Marsches durch das Gebäudeinnere. Die warmen Luftströme der Turbinen kommen nach den draußen herrschenden Minusgraden wie gerufen.

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Auf dem Dach des riesigen Bauwerks angekommen, ragt die 13 Meter hohe Metallkuppel empor. Kalter Wind bläst auf dem Plateau. Vom Dach aus lässt sich die Übung am besten beobachten. Doch bevor es los geht, seilen die Höhenretter einen schwarzen, 20 Kilogramm schweren Dummy vom Kopf der Kuppel ab. Ungefähr auf mittlerer Höhe bleibt die Puppe hängen. "Das Übungsszenario an der Kuppel soll ein Unfallopfer, beispielsweise einen Industriekletterer, der in seinem eigenen Gurtseil gefangen ist, nachstellen", sagt Oberbrandmeister Johannes Nützmann von der Berufsfeuerwehr Würzburg.

'Hören Sie mich?', ruft einer der Höhenretter zum Unfalldummy hinauf.
Foto:  Patty Varasano | "Hören Sie mich?", ruft einer der Höhenretter zum Unfalldummy hinauf.

"Hören Sie mich?", schreit ein Retter simulierend zum Dummy hinauf. "Keine Reaktion", antwortet daraufhin Nützmann mit der Rolle als Sprecher. Die Seilsysteme auf der Spitze der "Thermoskanne", wie sie Florian Dörner beschreibt, sind indes aufgebaut. Einer der fünf Feuerwehrmänner seilt sich nun zur Attrappe hinunter. "Die Höhenrettungseinheit ist dafür da, um die Person so schnell wie möglich und unter Achtung der Sicherheitsgrundsätze zu Boden zu bringen, sodass man ihn daraufhin rettungsdienstlich versorgen kann", sagt der Oberbrandmeister. Der abgeseilte Retter nimmt sich den Dummy und bindet ihn an sich, abschließend bringt er ihn sicher auf das Dach.

Die Höhenretter sind eine Spezialeinheit der Berufsfeuerwehr Würzburg

Nach Übungsende besprechen sich die Feuerwehrmänner. Was lief gut und was nicht. Die Berufsfeuerwehr in Würzburg ist mit 24 Höhenrettern ausgestattet. Drei davon befinden sich laut Nützmann immer als Bereitschaft im Büro.

Manchmal erleben die Retter auch kuriose Einsätze: "In der Uniklinik befreiten wir mal ein Kind, das sechs Meter tief in einem 30 Zentimeter umfassenden Rohr gefangen war", schildert Nützmann. "Wäre uns die Rettung nicht gelungen, hätten wir einen Bagger anfordern müssen, um den Erdwall aufzureißen." Doch die Rettung gelang. Auf der Trage beschäftigte den kleinen Jungen aber nur eine Frage, erinnert sich Nützmann: "Das Kind fragte mich nach der Uhrzeit, weil die Fußballmannschaft vom FC Bayern München an diesem Tag ein Spiel hatte."

Zurück zur Übung. Für die Berufsfeuerwehr Würzburg birgt das Kraftwerk zusätzliche Gefahren mit sich. "Wir haben hier industrielle Infrastruktur, heißt rotierende und warme Teile oder Bereiche mit Explosionsgefahr", sagt der Würzburger.

In zehn Metern Tiefe üben die Höhenretter ein Unfallszenario

Nach einer kleinen Pause geht es direkt zur nächsten Übung: Eine verletzte Personen auf dem Boden eines Aufzugschachts. Mit einem Fahrstuhl geht es aufwärts zum siebten Höhenmeter - im Kraftwerk gibt es keine Stockwerke. Insgesamt trennen den Dummy und die Retter für das Szenario zehn Meter. Der Schacht des kleinen Übungsaufzugs ist luftig und ist dadurch sehr lichtdurchlässig.

Vor dem Abgang bindet einer der Retter zwei Seile an sein Auffanggurt. Nützmann weist darauf hin, dass dies auf ein redundantes System zurückzuführen sei. Sollte ein Seil reißen, übernehme das zweite die Funktion. Die Ausrüstung der Höhenretter schaut zwar schwer und wegen der vielen Karabinerhaken umständlich aus, ist aber laut Nützmann leichter als die klassische Feuerwehrausrüstung zur Brandbekämpfung. 

Über Würzburg beraten sich die Höhenretter über das Übungsszenario. Neben dem Auffanggurt tragen die Feuerwehrmänner etliche Karbinerhaken, Seile und Helme an ihrer Ausrüstung.
Foto: Patty Varasano | Über Würzburg beraten sich die Höhenretter über das Übungsszenario. Neben dem Auffanggurt tragen die Feuerwehrmänner etliche Karbinerhaken, Seile und Helme an ihrer Ausrüstung.

Anschließend seilt sich einer der Retter zur Puppe herab und versorgt diese. Zwei weitere der Truppe holen gleichzeitig eine Trage. Die Feuerwehrmänner arbeiten mit mehreren Rettungsmodi. "In dieser Übung haben wir den Rettungsmodus schonend, weil der Patient ansprechbar ist", erklärt der Ausbilder der Höhenrettungsgruppe. "Der Modus kann je nach Lage variieren. Dabei kann es vorkommen, dass wir einen Patienten mit den Füßen hochziehen müssen und Verletzungen in Kauf nehmen". Dies sei aber nur der Fall, wenn der Sauerstoff im unteren Schacht knapp wird oder Wasser eintritt. 

Ein zweiter Feuerwehrmann seilt sich ebenfalls nach unten. Dort bindet er gemeinsam mit seinem Teamkollegen den Dummy auf die Trage. Die oben stehenden Retter können die Puppe anschließend nach oben ziehen. Übung geschafft. "Die Tiefenrettung ist immer ganz besonders, weil beim Herabsteigen nie klar ist, wie es dem unten liegenden Patienten geht", sagt Nützmann. Nach einer abschließenden Teambesprechung packen die Retter ein - die nächste Übung auf dem Müllheizkraftwerk ruft.

 
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