48 Millionen Euro hat die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV), ein Konzern der Stadt, in die Modernisierung das Heizkraftwerks an der Friedensbrücke investiert. Es ist eine der größten Einzelinvestitionen in der Konzerngeschichte. Herzstück der Maßnahme ist ein riesiger Wärmespeicher, der es dem Kraftwerk künftig erleichtert, die Produktion von Strom und Wärme flexibler an die Bedarfe anzupassen.
Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt bezeichnet den Speicher als eine der größten Thermoskannen der Republik. Für Konzernchef Thomas Schäfer ist er ein technischer Meilenstein auf dem Weg zur Energiewende. Auf dem Dach des Speichers, hoch über den Dächern der Stadt, stellten sie gemeinsam mit Kraftwerksleiter Armin Lewetz und dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der Kraftwerks-GmbH, Joachim Spatz, das Ergebnis der rund dreijährigen Generalsanierung vor.
Seit den 1950er Jahren versorgt das Heizkraftwerk große Teile des Stadtgebiets mit Strom und Fernwärme, die zunächst aus Kohle gewonnen wurde, erläutert WVV-Chef Thomas Schäfer. 2003 begann mit dem Einbau einer ersten Gasturbine die Umstellung auf Erdgas als Brennstoff. Seit 2009 verzichtete man ganz auf den Einsatz von Kohle. Die Kraft-Wärme-Kopplung, also die gleichzeitige Erzeugung von Wärme und Strom, garantiert eine maximale Ausnutzung der Energie.
Die Wärme wird über Gasturbinen erzeugt. Der dabei entstehende Dampf wird über Dampfturbinen geleitet, bevor er ins Wärmenetz eingespeist wird. Sowohl die Gas- als auch die Dampfturbinen treiben Generatoren zur Stromerzeugung.
Trotz der gegenwärtig unsicheren Versorgungslage und dem beabsichtigten langfristigen Ausstieg aus den fossilen Energieträgern wird Erdgas noch für lange Zeit eine wichtige Rolle spielen, gerade angesichts der zunehmenden Erzeugung erneuerbarer Energien durch Windkraft und Fotovoltaik. Wenn der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint, müssen Gas-Kraftwerke innerhalb weniger Sekunden einspringen, um den Strombedarf im Netz zu decken.
Dazu hat sich ein neuer Markt für sogenannte Regelleistung entwickelt, an dem auch die WVV verdient. Kraftwerke erhalten nicht nur Geld für den Strom, den sie tatsächlich produzieren, sondern auch für die Leistung, die sie im Bedarfsfall bereitstellen, um die Versorgung zu stabilisieren. Ebenso wie der Strom, wird auch diese Regelleistung tagesaktuell an der Leipziger Strombörse gehandelt. Seit 2013 nimmt die WVV an diesem Handel mit Regelleistung teil und erlöst damit nach Auskunft von WVV-Chef Schäfer rund zehn Prozent ihrer Einnahmen aus dem Strom-Geschäft.
Früher orientierte sich der Betrieb im Heizkraftwerk vornehmlich am Wärmebedarf. Der produzierte Strom war ein Zusatznutzen, der dem Kraft nicht nur ökologische, sondern auch wirtschaftliche Vorteile bescherte. Um am lukrativen Regelleistungsmarkt teil zu nehmen, muss das Kraftwerk in der Lage sein, innerhalb weniger Sekunden seine Gasturbinen hochzufahren, um die vereinbarte Strommenge auch unabhängig vom aktuellen Wärmebedarf zu produzieren. Die dabei entstehende Wärme bliebe also ungenutzt. Sie kann nun gespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt ins Nahwärmenetz eingespeist werden. Der Speicher sorgt also dafür, dass das Kraftwerk den Umbau zu erneuerbaren Energien unterstützen kann, ohne dass dadurch Wärme ungenutzt verloren geht.
Der Speicher ähnelt in der Tat einer großen Thermoskanne. Der Zylinder ist 46 Meter hoch und ragt 13 Meter aus dem Dach des Kraftwerks. Im Inneren befinden sich hinter dicken Isolationsschichten als Speichermedium drei Millionen Liter Wasser unter einem Druck von zehn Bar. Unter diesem hohen Druck kann das Wasser bis auf 130 Grad erhitzt werden, ohne dass es zu sieden beginnt. Über Wärmetauscher kann die Energie direkt ans Heißwasser- oder Dampfnetz der Fernwärmeversorgung abgegeben werden.
Durch Lage in der Innenstadt ist kaum Platz für einen externen Wärmespeicher, sagt Kraftwerksleiter Armin Lewetz. Im Kraftwerk stand noch der bis 2009 genutzte Kohlekessel. Für ihn hat man einen Abnehmer gefunden. Für einen symbolischen Euro wurde er "gegen Selbstabholung" an einen türkischen Papierhersteller verkauft, so Lewetz. Von Mitarbeitern des Unternehmens wurde er demontiert und an der türkischen Schwarzmeerküste wieder aufgebaut. Für die WVV war das wesentlich günstiger als die Demontage auf eigene Kosten. Der frei gewordene Platz reichte aus für den Einbau des Wärmespeichers.
Unter anderem wurden die Gas- und Dampfturbinen modernisiert und erneuert. Dabei kamen sogenannte Gegendruck-Dampfturbinen zum Einsatz. Im Gegensatz zu den früheren Turbinen kann die Wärme dadurch vollständig genutzt werden. Eine Kühlung mit Mainwasser, bei der Energie verloren geht, ist nicht mehr erforderlich. "Dadurch heizen wir den Main künftig nicht mehr auf", so Armin Lewetz.
Im Jahresmittel sind die neuen Anlagen mit einer Gesamtleistung von 134 Megawatt um rund fünf Prozent effizienter als die alten, so Kraftwerksleiter Lewetz, im Vollastbetrieb sogar um über zehn Prozent. Das bedeutet, dass bei gleicher Leistung zehn Prozent weniger Gas verbraucht werden. Entsprechend niedriger sind der Gasverbrauch und der CO2-Ausstoß.
Das Heizkraftwerk verbraucht im Jahr rund eine Terawattstunden Gas, das entspricht 1000 Gigawattstunden oder einer Milliarde Kilowattstunden. Daraus entstehen rund 300 Gigawattstunden Fernwärme und 400 Gigawattstunden Strom, die an die jeweiligen Netze abgegeben werden.
Wie fossiles Erdgas, besteht auch Biogas aus Methan und könnte als Brennstoff eingesetzt werden. Daneben erlauben die Turbinen in Zukunft auch eine Beimischung von Wasserstoff, so WVV-Chef Thomas Schäfer. "Wir wollten immer am technischen Fortschritt vorne mit dabei sein", betont Joachim Spatz, in dessen Zeit als Aufsichtsratsvorsitzender die Investitionsentscheidung getroffen worden war.
Seit November 2021 läuft das Kraftwerk im Probe-Dauerbetrieb, und das gemäß den Erwartungen. "Die Wintermonate haben bestätigt, was wir vorher ausgerechnet hatten", so Kraftwerksleiter Armin Lewetz. Bevor das Kraftwerk in den Regelbetrieb übergehen kann, müssen noch einige technische Abnahmen abgeschlossen. Voraussichtlich wird dies im Spätsommer der Fall sein.