
Wenn Lucy Leng früher in den Spiegel schaute, war der Anblick für sie wie "ein Schlag in die Magengrube" bei dem ihr "schlecht und schwindelig" wurde. Die 24-Jährige fühlte sich in dem männlichen Körper, in dem sie geboren wurde, nie wohl. Mit ihrem männlichen Vornamen, den sie hier nicht mehr lesen möchte, verbindet Lucy Leng "all den Schmerz und das Leid, so lange nicht ich selbst sein zu dürfen".
Jetzt darf sie es: Das Selbstbestimmungsgesetz, das seit diesem November in Kraft ist, erleichtert es Menschen, ihr Geschlecht und ihren Namen im Geburtenregister und im Ausweis ändern zu lassen. Jetzt im Würzburger Rathaus dafür die Bestätigung abzuholen, war für Lucy Leng "wie das erste Mal Weihnachten, eine unbändige Freude".
"Schon als Kind wusste ich, dass ich anders bin", sagt die 24-Jährige. "Ich hatte den Wunsch morgens als Mädchen aufzuwachen." Damit das niemand merkte, habe sie sich an Männern orientiert und Männer imitiert. "Dabei habe ich meine eigenen Gefühle unterdrückt."
Transfeindliche Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen im Internet
Ihre Pubertät beschreibt sie als besonders schlimm: "Zu sehen, wie Mädchen die körperliche Entwicklung durchmachen, die ich mir herbeisehne, und zu sehen, wie sich der eigene Körper in die entgegengesetzte Richtung entwickelt, war Folter."
Trotz aller Bemühungen, sich anzupassen, sei ihr Leben geprägt gewesen von Ablehnung, Anfeindungen und körperlichen Übergriffen, erzählt die Würzburgerin. Immer wieder hätten andere zu ihr gesagt, sie sei widerlich und krank. Noch schlimmer im Internet: "Da sind Morddrohungen nicht unüblich."
Die gelernte Bäckergesellin arbeitet inzwischen für die Stadt Würzburg und sorgt als Aufsicht im Museum im Kulturspeicher dafür, dass sich Besucherinnen und Besucher an die Regeln halten. Ein Grund für den Jobwechsel sei die Antidiskriminierungsstelle der Stadt gewesen: "Da kann ich mich hinwenden, wenn sich Menschen mir gegenüber problematisch verhalten."
Sich selbst als Person infrage gestellt: Wer bin ich?
"Für mich selbst zu akzeptieren, dass ich eine Frau bin, war super schwer", sagt die Würzburgerin. Sie habe sich vor vier Jahren als Person selbst infrage gestellt: Wer bin ich und wer will ich sein - unabhängig von anderen Menschen und Erwartungen? "Das war der Punkt, an dem ich erkannt habe, ich bin nicht dieser Körper", sagt Leng.
Sie begann, ihn zu verändern, Hormone zu nehmen und mit Logopädie ihre Stimmlage zu erhöhen. Ihre blonden Haare ließ sie wachsen und mittlerweile trägt die 24-Jährige auch in der Öffentlichkeit Röcke und Kleider. So fühle sie sich deutlich wohler in ihrem Körper als noch vor einigen Jahren, sagt Leng. Das einzige, was sie nicht aus eigener Kraft verändern konnte, war ihr männlicher Vorname, mit dem sie ihren langen, schmerzhaften Weg verbindet.
Jetzt aber ist das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft: Es erleichtert trans-, intergeschlechtlichen und nicht binären Menschen, ihren Geschlechtseintrag zu ändern. Nötig sind dafür nur eine Vorstellung beim Standesamt und nach einer dreimonatigen Wartezeit eine persönliche "Erklärung mit Eigenversicherung". Nach Abgabe der Erklärung wird offiziell der Eintrag im Geburtenregister geändert.

Bisher brauchte es für eine Änderung nach dem Transsexuellengesetz (TSG) ein Gerichtsverfahren und zwei psychiatrische Gutachten. In Fragebögen mussten die Antragstellenden seit 1981 zum Beispiel Auskunft über das Masturbationsverhalten oder die eigene Unterwäsche geben. Ein "unwürdiges und herabwürdigendes Verfahren", meint Leng.
Sechsmal hatte das Bundesverfassungsgericht seit 1981 Teile des TSG für verfassungswidrig erklärt. Unter anderem, weil sich transgeschlechtliche Menschen sich für eine Änderung bis 2008 scheiden und noch bis 2011 sterilisieren lassen mussten.
Selbstbestimmungsgesetz in Unterfranken: Viele Anmeldungen bei Standesämtern
Diese Hürden sorgten dafür, dass Gesetz selten angewendet wurde. Eine Anfrage bei den Kreisstädten und kreisfreien Städten in Unterfranken ergab: In den vergangenen zehn Jahren gab es in Schweinfurt beispielsweise 36 Änderungen der Geschlechtseinträge durch das TSG, in Haßfurt 14, in Kitzingen acht, in Bad Neustadt vier und in Karlstadt drei. In Aschaffenburg sei das Gesetz pro Jahr fünf- bis zehnmal angewendet worden, teilt die Stadt mit.
Seit diesem August, noch vor Inkrafttreten des Gesetzes im November, konnte man sich nun bereits für die Änderung des Geschlechtseintrags nach neuem Recht anmelden. In Würzburg gab es bis Ende Oktober laut Auskunft der Stadt bereits 94 Anmeldungen. In Aschaffenburg waren es 39, in Schweinfurt 20 und in Bad Neustadt sechs. Fünf Anmeldungen vorab gab es den Standesämtern zufolge beispielsweise in Haßfurt und Bad Kissingen, in Karlstadt bislang eine. In Kitzingen ging vor dem 1. November keine Anmeldung ein.
Dank Selbstbestimmungsgesetz gilt Lucy Leng von Geburt an als Frau
"Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so glücklich war", sagt Lucy Leng, als sie ihre Bestätigung in den Händen hält. Damit gilt sie nun von Geburt an als Frau. Das werde viel verändern, sagt sie und ringt mit den Tränen: "Es fällt mir schwer, zu erklären, wie viel es mir bedeutet, dass mein richtiger Name im Ausweis steht."
Auch im Alltag sei der neue Pass eine Erleichterung. Beim Arzt zum Beispiel müsse sie jetzt nicht mehr fremden Menschen erklären, dass sie trans sei, wenn sie unter dem Namen "Lucy" einen Termin vereinbart, auf ihrer Krankenkassenkarte jedoch ein anderer Name steht. Die 24-Jährige gilt jetzt von Geburt an als Frau und kann all ihre Dokumente und Zeugnisse ändern lassen.
Die Würzburgerin spricht von "neuer Lebensqualität". Die will sie feiern - "wie einen großen Geburtstag".
Alles, alles Gute Frau Leng!
z.B. Bi, aber lesbisch lebend oder schwul lebend.
eine Transfrau ist gefühlt von Geburt an ein weibliches Wesen, ein Transmann ebenso gefühlt ein männliches Wesen, - warum bitte sollte die sexuelle Anziehung auf ein Geschlecht beschränkt sein???
Ich war gezwungen lange Zeit die Kleidung zum zugewiesenen, aber nicht gefühlten Geschlecht, zu tragen. Es sind dann oft Kleinigkeiten, die das Leben besser oder schlechter machen. Meine erste Unter- oder Jeans-Hose ohne maskulinen Pinkelschlitz war einfach endlich richtig! Eine Qual im alltag weniger!
akzeptiert und respektiert uns Trans-Menschen einfach und sucht nicht nach Einsortierungen.
Du verstehst den Punkt nicht! Was hat die zugewiesene Kleidung denn mit dem Geschlecht zu tun?? Rein gar nichts! Ich ziehe bisweilen gerne Männerbuxen an, weil die länger haltbar sind als 'Damen'unterwäsche, es ist zwar noch keine Qual, aber es ist unangenehm und eigentlich auch frech, dass Frauenklamotten generell oft viel schlechter verarbeitet sind als Männerkleidung! Aber deswegen ändere ich doch nicht mein Geschlecht! Ich ändere meine Kleidung. Wieso beugt Ihr Euch dem Diktat von zugewiesenen Kleidungen und findet es dann toll, endlich mit dem gewandelten Geschlecht auch die 'richtige' Kleidung tragen zu können ? Das ist doch absurd, oder schrecklich, oder tragisch.
Ich kann irgendwie verstehen, das Gegengeschlecht sein zu wollen, starke Muskeln, Bart, keine Menstruation, etc. Aber der von Transsexuellen immer wieder geschilderte Hass auf das biologisch angeborene Geschlecht macht mich stutzig.
Ich finde Spitzen, Miniröckchen, BH's, Dirndl, Ballettschuhe usw. absolut befremdlich. Außer vielleicht bei Drag Queens.😉
https://www.aerztezeitung.de/Panorama/Geschlecht-Neugeborener-kann-offen-bleiben-267035.html
Somit ist es eben nicht ab Geburt eine Frau, da der Körper biologisch ja männlich ist - und auch absolut nicht z. B. in Sportwettkämpfen, mit tatsächlich seit Geburt an Frauen vergleichbar. Das ist Verdrehung von Tatsachen.
Und hier in den Kommentaren finde ich keine Ver-Urteilung.
Der Hinweis auf einen Pass wird Ärger in der Damensammelumkleide nicht lösen.
Verantwortliche werden vom SBGG völlig allein gelassen. Beispiele mit Zitaten des BMFSFJ, hier im Detail zu lesen:
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/queerpolitik-und-geschlechtliche-vielfalt/gesetz-ueber-die-selbstbestimmung-in-bezug-auf-den-geschlechtseintrag-sbgg--199332
Schulsport: „Die Bewertung sportlicher Leistungen kann unabhängig von dem aktuellen Geschlechtseintrag geregelt werden“
Vereine: „Nach geltendem Recht entscheiden Sportvereinigungen und Zusammenschlüsse weitgehend in eigener Zuständigkeit darüber, welche Personen zu welchen Wettbewerben zugelassen werden.“
Möchten sie als Direktor oder Trainer das entscheiden?
Nur im Verteidigungsfall bleibt ein Mann ein Mann: „Für den Dienst an der Waffe bleibt vorübergehend die rechtliche Zuordnung zum männlichen Geschlecht bestehen“
Bei den sehr wenigen Einzelfällen schüren sie eine ganz unnötige Panik.
Haben sie einfach mehr Vertrauen. Noch vor einigen Jahren waren gleichgeschlechtliche Ehen der Weltuntergang. Heute können sich - bis auf ein paar Ewiggestrige - fast alle mit dem Ehepaar freuen. Selbst über die Adoption von Kindern von gleichgeschlechtlichen Paaren ist längst kein Aufreger mehr.
Mehr Vertrauen und mehr Gelassenheit.
Soweit ich noch weiß, Jesus hat nicht ausgegrenzt sondern Toleranz vorgelebt.