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Würzburg
Weder Mann noch Frau: 4 Personen aus Würzburg erzählen, wie es sich anfühlt, außerhalb von zwei Geschlechtern zu leben
Viele Menschen können sich wohl nur schwer vorstellen, wie es sich anfühlt, als nicht-binäre Person zu leben. Vier Menschen aus Würzburg haben versucht, ihre Identität zu erklären.
Diese vier Personen aus Würzburg identifizieren sich als nicht-binär und geben einen Einblick in ihre Lebenswelt.
Foto: Grafik Stefanie Rielicke | Diese vier Personen aus Würzburg identifizieren sich als nicht-binär und geben einen Einblick in ihre Lebenswelt.
Gina Thiel
 |  aktualisiert: 16.07.2024 02:45 Uhr

Es gibt Männer, es gibt Frauen und es gibt Menschen, die sich als nicht-binär identifizieren. Sie ordnen sich keinem der beiden Geschlechter eindeutig zu. Für außenstehende Personen ist das oft schwer nachzuvollziehen – sie können sich nicht vorstellen, wie es ist, wenn man sich mit dem biologischen Geschlecht nicht identifiziert.

Vier Menschen aus Würzburg haben mit dieser Redaktion über das Thema Identität gesprochen und einen kleinen Einblick in deren Lebenswelt gegeben.

Felicitas Jander (24) aus Würzburg: Nutzt als Pronomen they/them und Fee als neutralen Namen

Felicitas Jander aus Würzburg fühlt sich mit den Pronomen they/them endlich wohl und glücklich.
Foto: Silvia Gralla | Felicitas Jander aus Würzburg fühlt sich mit den Pronomen they/them endlich wohl und glücklich.

"Ich benutze seit zwei Jahren neutrale Pronomen. Bei mir hat sich das schon in der Kindheit gezeigt. Einmal habe ich meine Mama gefragt, ob ich nicht ein Junge sein kann. Ich habe lange Zeit sehr mit dem Thema gekämpft, weil ich lange dachte, dass wenn man eine trans*Person ist, man sich auch wieder für das männliche oder weibliche Geschlecht entscheiden muss. Erst als ich mich mit anderen nicht-binären Menschen unterhalten habe, ist mir bewusst geworden, dass das für mich viel passender ist. 

Für mich ist es ein stetiger Prozess, sich selbst kennenzulernen. Als ich 2022 das erste Mal meine Pronomen in der Öffentlichkeit genutzt habe, war das ein wahnsinnig schönes Gefühl. Ich war so euphorisch im Gegensatz zu vorher. Auch wenn ich nie aktiv darunter gelitten habe, als Frau zu leben, hatte ich immer das Gefühl, mich mit etwas abfinden zu müssen, obwohl es sich nicht richtig anfühlt.

Wenn ich heute mit dem falschen Geschlecht angesprochen werde, dann fühlt sich das für mich ganz schlimm an. Als würde alles kurz taub werden und meine Ohren rauschen. Man kann es vielleicht mit einer Art Schockstarre vergleichen. Das weibliche Geschlecht fühlt sich für mich inzwischen so fremd an, weil ich endlich etwas Passendes gefunden habe. Aktuell versuche ich mich noch stark maskulin zu kleiden, um nicht dem falschen Geschlecht zugeordnet zu werden. Ich hoffe, dass ich mich aber irgendwann wieder mehr traue, auch figurbetonte Kleidung zu tragen."

Denny Voltage (35) aus Würzburg: Nutzt als Pronomen sie/ihr

Denny Voltage ist DJ in Würzburg und möchte anderen die Angst vor dem Thema nicht-binäre-Identität nehmen.
Foto: Lisa-Marie Kaspar | Denny Voltage ist DJ in Würzburg und möchte anderen die Angst vor dem Thema nicht-binäre-Identität nehmen.

"Für mich bedeutet nicht-binär sein, dass ich zwischen den Geschlechtern wechseln kann, ohne mich eindeutig dem weiblichen oder männlichen zuzuordnen. In der Gesellschaft werden den Geschlechtern oft äußere Merkmale, Verhaltensweisen oder Charaktereigenschaften zugeordnet, aber dem möchte ich mich einfach nicht unterordnen.

Als Kind habe ich manchmal Phasen gehabt, in denen ich ganz viel Pink getragen und mit Barbies gespielt habe, mich am nächsten Tag nur in Holzfällerhemden wohlgefühlt habe und skaten gegangen bin. In der Schulzeit war das natürlich ein riesiges Problem. Ich wurde gemobbt, geschlagen und sogar beklaut. Komischerweise haben mich sowohl die Jungs als auch die Mädchen ausgeschlossen. Das wurde dann in meiner Jugend besser, als ich einen festen Freundeskreis gefunden habe.

Heute benutze ich zwar die Pronomen sie/ihr, aber nicht, weil ich sie mag, sondern weil es das für alle leichter macht. Damit versuche ich anderen auch die Angst zu nehmen, wenn sie sich mit der Thematik nicht auskennen. Es ist wichtig, Hürden abzubauen und deshalb hebe ich auch nicht den Zeigefinger und versuche die Leute zu belehren. Ich kann aber verstehen, dass viele junge Menschen rebellischer drauf sind. Ich glaube aber, dass uns allen etwas Entspannung guttun würde."

Lea Fröhlich (23) aus Würzburg: Nutzt die englischen Pronomen they/them

Lea Fröhlich aus Würzburg hat sich während des Studiums viel mit nicht-binärer Identität auseinandergesetzt.
Foto: Ivana Biscan | Lea Fröhlich aus Würzburg hat sich während des Studiums viel mit nicht-binärer Identität auseinandergesetzt.

"Es gibt Männer, es gibt Frauen und dann gibt es Leute wie mich, die da einfach nicht reinpassen. Das heißt für mich dann auch nicht, dass nicht-binär sein eine Stufe zwischen den beiden Geschlechtern ist, sondern eine ganz eigene Kategorie. Als Außenstehende kann man das vielleicht nicht nachvollziehen, aber das muss man auch nicht. Ich verstehe ja auch nicht, wie man sich als Frau fühlt. Ich habe es 20 Jahre probiert und bin kläglich gescheitert. 

Klar, habe ich das schon als Kind gemerkt, dass da irgendwas nicht passt. In der Schule haben die Lehrer oft gefragt, ob ich der oder die Lea bin und damit wusste ich lange Zeit nichts anzufangen. Erst 2019 als ich an die Uni gekommen bin, habe ich mich mit dem Thema nicht-binär-sein beschäftigt und dann auch die Pronomen they/them genutzt, weil sie sich für mich einfach gut angefühlt haben. 

Heute freue ich mich jedes Mal sehr, wenn andere diese Pronomen für mich nutzen, oder mich nicht automatisch einem Geschlecht zuordnen. Das macht mich wirklich sehr glücklich. Im Gegensatz dazu gibt es mir ein wahnsinniges Unwohlsein, wenn Leute auf der Straße beispielsweise sagen: "Lass mal die Frau durch." Dann hab ich so ein wahnsinnig störendes, rauschendes Gefühl. Das ist sehr schwierig zu beschreiben."

Denise Mittnacht (31) aus Würzburg: Benutzt am liebsten keine Pronomen

Denise Mittnacht aus Würzburg möchte sich den gesellschaftlichen Geschlechterrollen nicht unterordnen.
Foto: Gina Thiel | Denise Mittnacht aus Würzburg möchte sich den gesellschaftlichen Geschlechterrollen nicht unterordnen.

"Für mich bedeutet nicht-binär sein, dass ich mich den ganzen Geschlechterrollen nicht unterordnen muss. Ich kann viel freier sein und muss mich nicht irgendwo reinzwängen, wo ich ohnehin nie ganz reinpassen würde. Deshalb benutze ich auch am liebsten gar keine Pronomen. Ich fühle mich eher geschlechtslos. Wenn ich mir Pronomen zuweisen muss, dann habe ich das Gefühl, dass ich mich wieder irgendwo einordnen muss und das will ich nicht.

Das hat schon in der Kindheit bei mir angefangen. Da wurde mir oft von Außenstehenden gesagt, dass ich ein Mädchen bin und deshalb auch Mädchensachen mögen und machen muss. Das hat mich damals schon genervt. Ich bin dann auf eine Mädchenschule gekommen und da wurde es erst richtig kompliziert. Ich war nicht so weiblich, wie die anderen um mich herum, habe mich nicht geschminkt und keine BH's getragen. Irgendwann wollten sich die anderen dann nicht mehr vor mir umziehen. Das war schon schlimm.

Ich hatte auch sehr lange Zeit Probleme mit meinem Körper, weil ich natürlich auch von der Gesellschaft anerkannt und nicht ausgegrenzt werden wollte. Früher hat mich das sehr belastet, aber heute liebe ich meinen Körper. Durch meine Kleidung versuche ich auszudrücken, dass ich keinem Rollenbild entsprechen möchte und jede Person kann erkennen, dass ich mich weder eindeutig weiblich, noch eindeutig männlich verstehe."

 
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Kommentare
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  • Peter Havel
    Hallo die 4 ,

    ich bin bei der Wasserwacht und habe Bademeisterdienst im Hallenbad, ich hab mich schon öfters gefragt, was mach ich wenn ein Mann sich als Frau fühlt und die Damenumkleide benutzt, welche würdet Ihr benutzen und wie soll ich mich Eurer Meinung nach verhalten.
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  • Dietmar Eberth
    Hat eher ihr Arbeitgeber zu entscheiden wie sie sich verhalten sollen. Einfach ihren Chef bei der Wasserwacht fragen.
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  • Dietmar Eberth
    Wie Markus Söder schon sagt: Bei uns gilt das Motto „leben und leben lassen“. Jeder soll nach seiner Façon glücklich werden, wenn er den anderen dabei respektiert.

    Und es ist gut, das das in Deutschland möglich ist.
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  • Michael Riedner
    Wenn wir Menschen kein anderes Problem in dieser Zeit haben, dann ist ja die Welt in Ordnung.
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  • Dominik Temming
    Dublette.
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  • Lutz Saubert
    "Ich möchte mich einfach nicht unterordnen." Besser hätte man die Beweggründe für das soziologische Konstrukt non-binär nicht ausdrücken können. Die Frage ist, ob die Gesellschaft darauf reagieren muss.
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  • Dominik Temming
    Ich identifiziere mich als trans*parent. Meine Pronomen sind wer?/wo?... Spaß beiseite. Ich finde, man sollte das biologische vom psychischen trennen. Biologisch gibt es nur zwei Geschlechter, XX und XY. Punkt! Wenn ich also sage "Lass mal die Frau durch", wenn sie optisch entsprechende Merkmale aufweist, dann spreche ich den biologischen Teil an. Wenn ich blond bin, kann ich nicht erwarten, dass mich die Leute als brünett beschreiben sollen.
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  • Fabian König
    Nein, so ist es eben nicht. Punkt. Oder haben Sie noch nie etwas von Pseudohermaphroditismus gehört? Wenn eines in der Natur klar ist, dann das, dass es dort NIE nur schwarz und weiß gibt. Es gibt Menschen, die schon rein biologisch weder eindeutig dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugeordnet werden können. Ähnlich ist das Phänomen der Transsexualität auf psychischer Ebene. Auch wenn das für Sie vielleicht schwer zu verstehen ist, ändert das nichts an der Existenz dieser Phänomene.

    Ich finde es jedenfalls sehr mutig von den 4 Personen, offen darüber zu sprechen. Man sieht ja, wie sehr sie in der Vergangenheit darunter gelitten haben. Jeder, der sich darüber lustig macht oder sich aufregt, sollte jeden Tag Gott auf Knien danken, dass dieser Kelch an ihnen vorübergegangen ist.
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  • Jens Lattke
    Bitte Quelle für die genannte Prozentzahl angeben.
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  • Andrea Roso
    Witzig, dass die Haarfarbe als Beispiel genommen wird, die viele Leute ja regelmäßig nach Lust und Laune ändern
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  • Stefan Wolz
    Ok.Ist ja ganz nett was die Personen zu erzählen haben, aber eigentlich interessiert mich das Sexualleben meiner Mitmenschen nicht. Das ist bei jedem Menschen Privatsache und sollte deshalb auch von jedem so gelebt und akzeptiert werden.
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  • Patrick Wötzel
    Wo in diesem Text wird das Sexualleben der vier Personen erwähnt?
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  • Olaf Priebe
    Als Außenstehender kann man die Problematik der Geschlechterzuordnung nicht erkennen. Was ist die Lösung?
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  • Martin Dobat
    Für mich hört sich das etwas nach Rebellion gegen die Geschlechterrollen an.
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  • Anton Müller
    Das ist es doch auch. Haben Sie damit ein Problem?
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  • Martin Dobat
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Martin Dobat
    Bin kein Freund von Rebellion!
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  • Anton Müller
    Sie können also kein Verständnis dafür aufbringen, dass Menschen versuchen so akzeptiert zu werden - einfach so wie sie sind? Ohne Klassifikation oder Einordnung in Schubladen durch die Gesellschaft? Wo sehen Sie sich in ihrem Leben durch die Queer-Bewegung eingeschränkt? Geht es ihnen irgendwie schlechter weil sich Menschen für eine Sache, die Sie überhaupt nicht betrifft, engagieren? Und ein paar bunte Farben auf der Straße und ein paar Artikel in der Zeitung triggern Sie derart? Tut mir leid...ich verstehs einfach nicht.
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  • Jens Lattke
    Es geht letztlich doch nur um eine Sache: muss die Gesellschaft so tun als ob es die binäre Realität nicht gäbe, damit andere sich dieser Verweigern können!? Nein. Muss sie nicht. Aber akzeptieren, dass manche das eben nicht an- oder hinnehmen wollen kann sie. Nicht mehr. Nicht weniger.
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  • Martin Dobat
    Lieber Anton Müller, dass was Sie schreiben habe ich ja nicht gesagt, das vermuten Sie. Ich glaube, dass das kein gesunder und gottgewollter Weg ist, was hier in den Kommentaren (bezgl. der Regeln) schwer auszudrücken ist.
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