Die Nachricht fühlte sich vor einem Jahr an wie ein Ritterschlag für die Krebsmedizin in Würzburg: Das Universitätsklinikum soll einer von vier neuen Standorten des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) werden. Ziel: Möglichst vielen Krebspatienten und -patientinnen Zugang zu neuesten Diagnose- und Behandlungsmethoden geben und die Krebsforschung voranbringen.
Dazu will das Bundesforschungsministerium die besten Onkologen der Republik zusammenspannen. Würzburg ist dabei – und hat sogar die beiden Münchner Exzellenz-Unis ausgestochen.
Neubau eines Krebszentrums auf dem Würzburg Klinikgelände
Bisher gibt es mit Heidelberg und Dresden nur zwei NCT-Standorte. Jedes der vier neuen Zentren wird vom Bund zu 90 Prozent mit jährlich 13 Millionen Euro gefördert, ein Zehntel steuern die jeweiligen Bundesländer bei. Sie sind auch für die Baulichkeiten zuständig. In Würzburg soll für das neue Krebszentrum ein eigenes Gebäude auf dem Klinik-Campus entstehen. Die Zusage des Freistaats dafür liege vor, heißt es von den Verantwortlichen in der Würzburger Uniklinik.
Dort hat man die Federführung übernommen für den Verbund "WERA", in dem die Unikliniken Würzburg, Erlangen, Regensburg und Augsburg zusammenarbeiten und ihre jeweilige Krebs-Expertise einbringen. Wobei das Herz klar in Würzburg schlägt, hierhin soll auch der Großteil der Fördermittel fließen. WERA-Sprecher und Koordinator ist der renommierte Würzburger Onkologe Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II.
Ihm ist es gelungen, die Stärken der bayerischen Krebsforschung zu bündeln und mit WERA eine international besetzte Gutachterkommission zu überzeugen. Den Zuschlag für die drei weiteren neuen Krebszentren erhielten Berlin mit der Charité sowie die Verbünde der Unikliniken Essen/Köln und Tübingen/Stuttgart/Ulm.
Seit einem Jahr nun mussten sich die sechs künftigen Standorte des Nationalen Tumorzentrums abstimmen, haben Schwerpunkte und Ziele definiert. Sie sollen Stärken ausbauen und gut zusammenarbeiten. Einen 200 Seiten umfassenden Antrag haben sie erarbeitet, er muss bis Ende des Jahres beim Bundesforschungsministerium eingereicht werden.
Nach der endgültigen Entscheidung erneut durch eine internationale Kommission im Frühjahr könnten ab dem Spätsommer 2022 die Gelder fließen und der Auf- beziehungsweise Ausbau in den Standorten beginnen.
Geht es nach Hermann Einsele, sollen Krebspatienten möglichst direkt von neuen Forschungsergebnissen profitieren. "Wir wollen Therapie und damit Lebenserwartung und Lebensqualität deutlich verbessern", sagt der Hämatologe, der seit 2004 am Uniklinikum Würzburg forscht, lehrt und behandelt. Überhaupt wolle man die Patientinnen und Patienten noch viel stärker in Forschung und Studien einbinden.
Dass der von Würzburg aus gesteuerte WERA-Verbund als Besonderheit einen überwiegend ländlichen Raum mit rund acht Millionen Menschen versorgt, dürfte bei der Bewerbung nicht geschadet haben, glaubt Einsele. Er ist guter Dinge, dass das erarbeitete Konzept auch final grünes Licht von der Gutachterkommission erhält.
Die Würzburger Stärken im Nationalen Tumorzentrum
Neben der ländlichen Struktur punktet Würzburg im Nationalen Tumorzentrum vor allem mit zwei Forschungsbereichen: Auf dem Feld der Immuntherapie hat die Uniklinik weltweit beachtete Fortschritte erzielt und neue Verfahren entwickelt. Zum anderen stehen die Analyse und der Abbau von krebsauslösenden Proteinen im Mittelpunkt. Wie Einsele erklärt, sei man hier unter Leitung des Onkologen Martin Eilers deutschlandweit führend bei der Entwicklung einer neuen Klasse von Medikamenten.
Rein formal soll das Nationale Tumorzentrum in Würzburg – wie auch die anderen Standorte – als Außenstelle des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg laufen. Damit wäre es eine außeruniversitäre Einrichtung und dem bayerischen Wirtschaftsministerium zugeordnet. Ein Umstand, den die Verantwortlichen positiv zur Kenntnis nehmen. Hat doch das Ministerium laut Einsele bereits zugesagt, die entsprechenden Mittel in die nächste Haushaltsplanung mit aufzunehmen.